Svart Records / VÖ: 22. Oktober 2021 / Stoner, Doom Metal
greenlung.co.uk
Text: David Spring
Doom-Metal-Bands schiessen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Da ist es nicht leicht, die Übersicht zu bewahren und die Spreu vom Weizen zu trennen. Jede Woche erklingen neue Stoner- und Doom-Tracks aus aller Welt und man weiss gar nicht mehr, wo einem bei so viel Weltuntergang der Kopf stehen soll. Und dann erklingt wie aus dem Nichts auf einmal „The Harrowing“, das Intro zum neuen Album „Black Harvest“ von Green Lung, und alles ist wieder gut.
Aber von vorne. Green Lung sind aus London und ihr 2019er Debütwerk „Woodland Rites“ verhalf ihnen zu unverhofft viel Erfolg. Die Mischung aus Black Sabbath-eskem Doom und NWOBHM-Melodien schlug stark ein, entsprechend hoch waren die Erwartungen. Zum Glück werden diese auf „Black Harvest“ nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Da Themen wie der Tod, Weltuntergang und das Okkulte in den letzten Jahren auf Grund der Pandemie und der fortwährenden Klimakrise immer wie prävalenter werden, reihen sich die Songs von Green Lung perfekt in die Gemütslage ein.
Das erwähnte Intro läuft in das epochale „Old Gods“ über, welches sämtliche Restzweifel verschwinden lässt. Die ultraschweren Gitarrenriffs, die man von amtlichem Doom erwartet, sind hier und laden zum Mitbangen ein. Green Lung fügen eine weitere Ebene dazu, die Riffs sind zwar heavy, aber gleichzeitig auch erhaben und bombastisch. Vielleicht liegt es an den Iron Maiden-artigen Gitarrenläufen und -Harmonien, vielleicht an der sehr im Vordergrund stehenden Orgel. Oder vielleicht an der Tatsache, dass Sänger Tom Templar wie ein junger, frischer Ozzy klingt. Auf jeden Fall ist „Black Harvest“ mitnichten bloss ein weiteres Doom Album.
„Leaders Of The Blind“ treibt die omnipräsente Hammond-Orgel dermassen in neue Höhen, dass Jon Lord stolz gewesen wäre. Mit „Graveyard Sun“ und dem unmissverständlichen „Doomsayer“ wird das Tempo etwas herausgenommen, man huldigt traditionellem Doom mit viel Atmosphäre, tonnenschweren Riffs und kryptischen Texten. Der Titeltrack ist ein Instrumental und dient als kurze aber enorm stimmige Verschnaufpause, bevor „Upon The Altar“ und „You Bear The Mark“ wieder fett und richtig schön lecker aus den Lautsprechern ballern. Green Lung feuern auf allen Zylindern und etablieren sich als eine der aufregendsten und wagemutigen Gruppen des Genres.
Green Lung haben fertiggebracht, was nicht vielen Doom-Bands gelingt: sie haben dem Genre das nötige Etwas verliehen, das man nicht alle Tage findet. „Black Harvest“ ist zweifellos eines der besten Alben des Genres, das ich dieses Jahr gehört habe. Wer Doom am liebsten episch und melodiös mag und sich ungern in zu enge Genregrenzen gezwungen sieht, wird mit Green Lung neue Lieblinge finden. In diese okkulte, geheimnisvolle und erhabene Welt einzutauchen, lohnt sich auf alle Fälle.