My Ruin / VÖ: 15. Dezember 2023 / Punk, Post-Punk
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Text: David Spring
Spass muss sein, Freude herrscht, alles wird gut und das Leben ist ein Ponyhof!
Man kann sich ja vieles schönreden im Leben, meistens ist die Misere anders auch gar nicht zu ertragen. Da kommt ein positiver, frohgemuter Bandname wie Fun Total gerade richtig. Und dann ist da noch der Titel des Debütalbums «Tristesse» – herrlich ironisch. Oder ist die Welt doch gut?
Nein, ist sie nicht. Für realitätsfremde Schönmalerei und Happy-Days-Gedöns sind wir bei Fun Total nämlich am völlig falschen Ort. Der Opener «Bis keiner heult» rast ungehemmt aus den Boxen, verstärkt und bestärkt von scheppernden Gitarren, knatternden Drums und einer wundervoll wütenden Stimme. Ist das nun deutschpunkiger Post-Punk oder postpunkiger Deutschpunk? Wohl egal, denn das unmissverständliche «Kündigung» schiesst danach volle Breite gegen alle, vor allem gegen sich selber, und geht dabei herrlich erfrischend ab. Die Band ist verdammt wütend, die wortgewaltigen Texte verlieren zu kaum einem aktuellen Problem unserer Gesellschaft ein gutes Wort. Die ungehaltene Stimme von Sänger Bartzy ist schnoddrig und angepisst, nicht immer schön anzuhören, dafür umso passender.
Im zweiten Teil der Platte nehmen Fun Total gelegentlich auch den Fuss etwas vom Gaspedal und lassen interessante Post-Punk-Elemente zu, die gerne mal an Gruppen wie duesenjaeger oder No°rd erinnern. Paradebeispiel dafür ist der fünfminütige Track «Heckler und Koch», ein unangenehmes Post-Punk-Brett im Mid-Tempo mit brutalem Text zum Thema Flüchtlinge und Grenzüberwachung. Auch «König Fussball», eine harsche Abrechnung mit unserer Tendenz, uns gerne von den unschönen Realitäten des Lebens abzuwenden, oder die eher verstörende als hoffnungsbringende «Ode an die Freude», in der die Zeile «alles geht kaputt» fast schon Mantra-artig rezitiert wird, pulverisieren Genregrenzen. Dabei wird der Finger konsequent in die klaffende Wunde gesteckt, sei es durch die vernichtenden Worte oder die grobschlächtige, rücksichtslose Musik.
«Tristesse» ist keine einfache Platte, die sich bewusst querstellt und aneckt. Fun Total haben viel zu sagen, und sie tun dies mit vernichtender Effizienz. Den krönenden Abschluss macht das grossartige «HDGDL», dessen fast kitschiger Titel sich ein letztes Mal wundervoll mit dem nihilistischen Inhalt beisst und endgültig klarmacht, dass für Hoffnung nicht mehr viel Platz und Zeit bleibt. So haben Fun Total ein wahrlich schlagkräftiges Werk abgeliefert, das niemanden kaltlässt. Unangenehm, ehrlich, angepisst, grobschlächtig und unvermeidbar – Spass macht das nicht, doch richtig, wichtig und äusserst überzeugend ist die Sache auf jeden Fall.