Eigenveröffentlichung / VÖ: 7. März 2025 / Extreme Metal
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Text: David Spring
Böse Musik gleich böse Menschen – so das Klischee, das die Welt auserhalb des Metals nicht loslassen will. Und wahrhaft, zu lachen gibt es meist wenig. Da tut es gut, wenn gelegentlich mal wieder eine ultraharte Band auftaucht, die trotz brutaler Musik und harscher Inhalte den Schalk im Nacken sitzen hat. Zum Beispiel das Duo Fomented aus England, das mit «Bitter And Miserable Beings» sein Debüt am Start hat.
Okay, vorneweg: Musikalisch gibt es wenig zum Schmunzeln. Wie es sich für ein modernes, social-media-affines Metal-Projekt gehört, wird an ungehobelter Härte nicht gespart. Der vorzügliche Opener «What Can I Change?» reisst die Wand mit ein paar glorreich vertrackten Riff-Salven nieder, bevor die unmenschliche Stimme von Vocalist Kieran Scott dir das Fürchten lehrt. Heidewitzka, das macht Laune! Groovend, rasant und absolut gnadenlos, wie die beiden hier zugange sind. Wer etwas auf Genrebezeichnungen hält, wird schnell Kopfschmerzen kriegen, denn allein dieser Song bietet chaotisch-punkigen Thrash, nackenbrechenden Death – hier etwas Lamb Of God, da etwas Machine Head – und dann obendrauf noch den hauseigenen Fomented -Wahnsinn.
Tatsächlich sind Fomented am besten, wenn du dich einfach darauf einlässt und geniesst. Das folgende «Tempus Fugit» ist weniger rasant, dreht dafür die Regler für Groove und bluesige Dissonanzen ganz auf. Die Gitarre, gespielt von Sy Taplin, der sich auch für alle anderen Instrumente verantwortlich zeigt, tänzelt mal vogelfrei durch sämtliche Skalen, nur um dir dann wieder schamlos ein formidables Riff nach dem anderen an den Kopf zu klatschen. Die EP wirkt wie ein unaufhaltsamer Abstieg in den Wahnsinn, denn mit «Eigengrau» nehmen auf einmal auch Industrial- und Prog-Elemente Einzug – als wären bisher nicht genügend Genres durch den Fleischwolf gedreht worden. Klingt komisch? Äh, ja, aber ganz genau so ist es auch! Dass all dies irgendwie trotzdem funktioniert und in einem ebenso bizarren wie gnadenlos eingängigen Kunstwerk endet, ist wahrlich beachtenswert.
Inhaltlich sind Fomented ähnlich frohgemut unterwegs. Die Songs handeln von inneren Widersprüchen, von Selbstsabotage, der Angst vor Veränderung und dem eigenen Versagen. Das ist zugegebenermassen meist keine leichte Kost – erst recht nicht das vielleicht schwierigste Stück, «The Predator», das sich ungeschönt mit Sexualstraftätern auseinandersetzt. Um die Stimmung danach zum Schluss hin nochmals anzuheben, folgt mit dem fast achtminütigen «Captain Slidey Pants» das wohl bizarrste Stück extremer Musik, das du je gehört hast. Komischer US-Südstaaten-Akzent, ein hanebüchenes Interlude, schräge Banjo-Klänge und dann noch ein ultraschiefes, akustisches Outro. Alles, was dir da übrigbleibt, ist verstört grinsend mit dem Kopf zu schütteln – und dann nochmals von vorne loszulegen.
Genie und Wahnsinn liegen nahe beieinander, und Fomented beweisen eindrucksvoll, dass die besten Resultate entstehen, wenn beide Extreme zugelassen werden. «Bitter And Miserable Beings» ist ein glorreiches Stück extremer Musik, das zum Nachdenken anregt, trotz der schlechten Welt ordentlich Laune macht und dich gelegentlich auch einfach besinnungslos durchdrehen lässt. Genau so soll Metal eigentlich sein: anspruchsvoll, kreativ, emotional – und ab und zu ein bisschen doof. Perfekt.
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