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Band: Eisbrecher
Album: Eiszeit
Label/Vertrieb: AFM / Soulfood
Veröffentlichung: 23. April 2010
Website: www.eis-brecher.com
Geschrieben von: Luke J.B. Rafka
Eine neue Liga vereint den Gothic-Rock-Himmel mit dem Höllenschlund der Clublandschaft!
Nachdem nun Unheilig in der unheimlich, arroganten Champions League herumlungert, könnte Eisbrecher die neue Nummer Eins in der ersten Dark Dancefloor Liga werden. Die Bajuwaren liefern seit 2003 nahezu jedes zweite Jahr neue Highlights im Gothicrockbereich. Natürlich sind Vergleiche mit Rammstein, Unheilig oder Megaherz nicht von der Seite zu bringen. Mag vielleicht auch daran liegen, dass Frontmann Alexx bis zum besagten Jahr bei letzteren metallischen Rockern tätig war.
Mit diesem Silberling schliessen Eisbrecher nahtlos an das „Sünde“-Album an und etablieren sich endgültig an der Spitze der Szene. Während “Böse Mädchen“ noch rockig in Oomph!-Manier daher kommt, zeigt der Titeltrack “Eiszeit“ gleich, wohin die Reise der eisigen Gemüter gehen soll. “Eiszeit“ liefert einen gut durchdringenden Refrain, harte Gitarrenriffs, dunkel-düstere Vocals und trotzdem die Flächen, die zum Tanzbein schwingen animieren.
Im dritten Song “Bombe“ folgen stramme Marschrhythmen im knallharten Industrialmantel. Die ausdrucksstarke Stimme von Sänger und Moderator Alexx, gepaart mit der netten Frauenstimme, die zum Spiel auffordert, zeigt eine mutige Fusion von musikalischen Ergüssen. Insgesamt sind auf dem Silberling häufiger ansprechende Frauenstimmen zu hören, die sich gekonnt in diese Spielchen eingliedern.
“Gothkiller“ zeigt den ersten englischen Titel und zugleich eine Hommage an die sensationellen Sisters of Mercy und lässt mit tanzbaren 80s Beats sowie Effects eine neue Clubhymne erahnen. Die gute alte Wavezeit ist wieder da, denkt man – aber weit gefehlt. Noch lässt das Intro zu “Die Engel“ spielerische Synthklänge heraus, doch dann wird es balladesk und erinnert schnell an alte Unheilig-Tracks. Okay, so Ballermann-Like sind sie natürlich nicht, aber der einprägsame Refrain und ruhige Gesangspart der Strophen lässt schon einiges an Gedankengängen zu. Parallelen zu den immer wieder verglichenen Gruppen sind einfach nicht weit herzu holen und doch trennen Eisbrecher immer wieder gekonnt die „Spreu vom Weizen“ ohne dabei zu einem Abklatsch zu mutieren.
Ein jeder Kritiker kann weder die lyrischen Aspekte noch Hintergründe nicht nur bei “Segne Deinen Schmerz“ oder “Amok“ des Herrn Wesselsky realistisch erforschen. Letzteres Stück erinnert an druckvollen Marschrichtungen à la Rammstein, sei es vom Sound oder der flachen Wortakrobatik her. „Wir laufen Amok! Wir stehen unter Schock…“ tönt es hier aus den Lautsprechern. Klar ist, welche Richtung diese Thematik ergreifen soll, aber diese schwerwiegenden Themen haben sicherlich mehr Einfallsreichtum verdient. Nun, sei es wie es sein soll. Jeder Text hat seiner Daseinsberechtigung und sicherlich erwartet kaum ein eisbrecherischer Anhänger die grosse sozialpädagogische Therapie – wohl eher einen abwechslungsreichen Longplayer mit hymnenartigen Melodien die durch Mark und Bein fliessen.
Bei den Soundkollagen von “Dein Weg“ hört man einwandfrei Synthloops, die stark an Depeche Mode erinnern. Wahrscheinlich hat sich der Komponist mit eben dieser Band Abwechslung in seinen Tüftelpausen erhofft und unbewusst neue Eisbrecher Epochen eingeschlagen. Hoffen wir, dass die so genannte Neue Deutsche Härte in den zukünftigen Vös nicht verloren geht.
Dieses Plexiglasprodukt trifft einfach den Nerv der Zeit und mit dem letzten Song “Supermodel“ wird einmal herrlich der Schönheits- und Castingwahn der heutigen Zeit angesprochen. Auch mit einer flachen und genau aus diesem Grunde einprägsamen, eindrucksvollen Wortwahl „Blaue Augen, blondes Haar. Samt und seidig – wunderbar…“ zeigen die Künstler getreu nach dem Motto „Weniger ist manchmal mehr“ wieder einmal, dass die Menschheit nicht zum Nachdenken angeregt werden sollte.
Trackliste:
1. Böse Mädchen
2. Eiszeit
3. Bombe
4. Gothkiller
5. Die Engel
6. Segne Deinen Schmerz
7. Amok
8. Dein Weg
9. Supermodel
10. Der Hauch Des Lebens