Nuclear Blast Records / VÖ: 14. Februar 2025 / Power Metal
dynazty.com
Text: David Spring
Ich mag den Ausdruck «Guilty Pleasures» nicht. Wenn dir was gefällt, geniesse es! Es gibt (fast) keinen Grund, sich schuldig zu fühlen! Dennoch: Wenn es ein Genre gibt, das für mich einem Guilty Pleasure nahekommen könnte, dann Hair Metal. Frohlockende Mähnen im Wind, muskelbepackte Oberkörper in der Sonne, furiose Gitarrensolos, grenzdebile Texte und mehr Pathos, als die gesamte Legende der Pandora und ihrer Büchse. Wer liebt es nicht? Mit «Game Of Faces» von Dynazty gibt es nun endlich wieder ein Hair Metal Album das es in sich hat.
Dynazty stammen aus Schweden (wo sonst?) und liefern uns seit 2008 formidablen Power und Hair Metal. Die neuste Platte weicht kaum davon ab, wofür man die Band kennt und liebt. Bereits der glorreiche Opener «Call Of The Night» ist so dermassen over the top und majestätisch, dass es eine wahre Freude ist. Vom sexy Opening-Riff, über die gespenstischen Pianos und die stampfenden Beats, bis hin zur wahrhaft epischen Stimme von Sänger Nils Molin. Der Track macht unverschämt viel Spass. Und es wäre natürlich keine Power Metal Platte ohne erstklassige Gitarrenarbeit. Doch dazu gleich mehr.
Was Dynazty für mich ein bisschen vom Gros all dieser Haar-Metaller abhebt ist die Tatsache, dass sie nicht ausschliesslich hanebüchenen Schwachsinn über Brüste, Babes und Bier singen. Sondern zumindest versuchen, etwas Inhalt in ihren Songs unterzubringen. Das ist erfrischend und wer sich die Mühe macht, ein Ohr auf die Texte zu werfen, muss keine Angst haben, gleich aktiv Hirnzellen zu verlieren. Lagerlöf, Lindgren oder Lagerqvist brauchst du freilich nicht erwarten, doch von Manowar oder Steel Pantherschem Hirnschwund sind wir erstaunlich weit entfernt. So tauchen die Songs in Themen wie Selbstfindung, die menschliche Existenz, das Leben und den Tod ein, als angenehmer Kontrast zur konsequent mit allen Reglern auf 11 gespielten Musik.
Wie erwähnt ist es aber die herausragende Gitarrenarbeit der beiden Dynazty-Saitenhexer Rob Love Magnusson und Mike Lavér, dank deren Griffbrettern die Songs wirklich aufblühen. Oh, es gibt so viele Solos. Glorreiche, rasante, schier unglaubliche Solos. Alle Hobby-Gitarrist:innen, denen, wie mir, auch immer wieder «Through The Fire And Flames» von Dragonforce in den Algorithmus gespült wird, werden sich hier ergötzen und gleichzeitig aus Frust das Instrument an die Wand hängen wollen. Denn «Game Of Faces» hat alles, was das Gitarren-Herz begehrt. Einfach ein Traum. Dass die Songs auch sonst wundervoll komponiert sind und gerne mit epischen Synthies und Orchesterparts aufgewertet werden, macht die Sache erst richtig rund.
Brauchst du in diesen Zeiten der politischen Unruhe und ungewissen Zukunftsperspektiven mal wieder einen kleinen Moment zum Aufatmen? Hattest du schon lange kein doofes Grinsen mehr im Gesicht? Wurde dein legendäres Haupthaar schon viel zu lange nicht mehr durchgeschüttelt und ist die Luftgitarren-Pose schon beinahe eingerostet? Ja, dann los. Dynazty haben genau das richtige für dich. Machen ultraviel Spass und geben unseren armen Gehirnen eine wohlverdiente kleine Pause. Das kann, das darf, das muss!
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