Epitaph Records / VÖ: 5. Mai 2023 / Hardcore, Punk
drain831.com
Text: David Spring
Schaut man sich die Welt heute an, läuft man schnell Gefahr, dem Zynismus zu verfallen. Erst recht, wenn jemand Grundpositives daherkommt wie zum Beispiel die sonnengetränkte Happy-Go-Lucky-Hardcoreband Drain aus Santa Cruz. Fast unverschämt gutgelaunt tritt das Trio auf, doch ihre neue Platte «Living Proof» kann zum Glück einiges mehr als nur doof grinsend in der Ecke stehen.
Drain spielen wüsten, aggressiven Hardcore und gehen von der ersten Sekunde an rabiat zur Sache. Die Riffs sind brutal, der Gesang ausschliesslich geschrien und das Gaspedal meistens brav durchgedrückt. Der Opener «Run Your Luck» beginnt thrashig, Frontschreier Sammy Ciaramitaro hält nicht zurück, sogar fette Death-Growls runden das Paket ab. Der folgende, kryptisch betitelte Song «FTS (KYS)» ist groovend, heavy und rastlos. Er haut sich uns damit gleich selbst wuchtig um die Ohren.
Die Riffs ballern aus den Kopfhörern als gäbe es kein Morgen. Drain wecken Erinnerungen an Bands wie Sick Of It All, Scowl und gar Gorilla Biscuits, dazu gesellen sich Einflüsse aus der kalifornischen Welt des Thrash-Metals (Slayer stehen vielerorts Pate für den Sound der Platte). Ganz stark abheben tut sich das poppig-punkige Descendents-Cover «Good Good Days», das damit auch etwas eine Schwäche der Platte zeigt: Es fehlt an Abwechslung. Die Songs sind sich sehr ähnlich und wirken selbst bei nur 25 Minuten Spielzeit manchmal etwas monoton.
Den Linernotes ist zu entnehmen, dass Drain die «happiest band on earth» ist, die aus dem Grinsen nicht rauskommt. Dass die Musik derart wütend und aggressiv ist, mag daran liegen, dass Musizieren als Form der Therapie tatsächlich gut funktioniert. Von den Songtexten versteht man dank der selbst für Hardcore sehr harschen Vocals nicht viel, es finden sich allerdings durchaus lesenswerte Themen wie Mental Health, Selbstfindung und die eigene Lebensgestaltung. Die Inhalte wirken stellenweise übertrieben positiv, wenn nicht gar arrogant. Die «you can do it»-Attitüde mag für viele inspirierend und erbauend sein, für andere vielleicht eher zu viel des Guten.
Egal, denn Drain machen vieles richtig. Abwechslung sucht man vergebens, dafür haut die Platte klanglich umso massiver rein. Die brutalen Riffs und die Metal-Einflüsse machen Spass, und man kann sich lebhaft vorstellen, dass die drei live die Hütte absolut zum Brennen bringen. «Living Proof» ist Musik für alle, die im Pit gern komplett ausrasten, die Spass am Leben haben oder zumindest wissen, dass gute Musik am Ende des Tages halt doch alles ein bisschen erträglicher macht. Hut ab dafür.