Noisolution / VÖ: 19. März 2021 / Punk, Rock
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Text: David Spring
Lange schon ist es her: Ein kleiner Konzertkeller in Olten, viel zu wenig Leute im Publikum, das Line-Up nur unbekannte Gruppen und dieses wohlige Gefühl von Vorfreude auf laute Live-Musik. Dann betritt die erste Band die Bühne und rockt unterwartet alles so sehr in Grund und Boden, dass man Jahre später daran zurückdenkt. Genau diese Vorgruppe von damals bringt uns ihr erstes Album.
Die Rede ist von 24/7 Diva Heaven, ihres Zeichens drei Punkerinnen aus Berlin, die mit ihrem Debüt „Stress“ lautstark aufzeigen, was Sache ist. Mit dem Herzen fest in den Neunzigern verankert, klingt es von der ersten Sekunde an fuzzig, wild und rotzig. Die Produktion ist trotz enorm charmantem DIY-Punk-Ethos locker, laut und modern. Sobald der knarzige Opener „Potface“ erklingt und Sängerin und Gitarristin Katharina Ott-Alavi mit ihrer wuchtigen Stimme eine Huldigung an all ihre Weed-liebenden Freunde anstimmt, gibt es kein Halten mehr.
24/7 Diva Heaven sind wütend. Dabei geht der Spass zwar nie ganz verloren, der Name ist schliesslich Programm, doch Themen wie Feminismus, Ungleichheit, Homophobie und Rassismus stehen auf jeden Fall im Zentrum. Songs wie das brachiale „Death To“ oder das wütende „Head On Collision“ lassen keinen Zweifel daran, dass die drei Punkerinnen die Geschehnisse auf der Welt aufmerksam mitverfolgen und sich nicht scheuen, daran hart Kritik zu üben. Auch die fast poppige erste Single „Bitter Lollipop“ stellt klar, dass trotz spassigem Bubblegum-Punk lange nicht alles eitel Sonnenschein ist.
Der Sound der Platte ist herrlich druckvoll und frisch, Bassistin Karo Paschedag und Schlagzeugerin Mary Westphal sind unaufhaltsam und pressen stets nach vorne. All zu filigrane Instrumentierung hat man natürlich nicht zu erwarten, doch Abwechslung sowie Glamour und Glitzer schreiben sich 24/7 Diva Heaven gross auf den Schirm. Und selbst wenn es wie bei „Everyman“ etwas ruhiger zur Sache geht, steht das dem Trio sehr gut zu Gesicht.
Für mich kann es nicht genügend solcher Bands auf der Welt geben. Kritisch und wütend, mit offenen Augen und Ohren, einer gesunden Portion Humor und diesem Gespür für wuchtige Songs und schnieke Punk-Hymnen, hinter denen sich die Massen versammeln können. Party ist auf „Stress“ genauso angesagt, wie gegen Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen und sich für eine bessere Welt einzusetzen. 24/7 Diva Heaven bringen auf ihrem ersten Album genau das, was mich schon damals in diesem kleinen Konzertkeller so überzeugte: tolle Songs, tolle Attitüde und diesen Tritt in den Hintern, den wir alle ab und zu brauchen, um wieder auf die Strasse zu gehen.