Bakraufarfita Records / VÖ: 28. Juni 2024 / Punk, Metal
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Text: David Spring
Nicht jeder Bandgründung muss ein tiefes, angeborenes Verlangen, die Welt verändern zu wollen, vorausgehen. Schicksal? Kann uns am Arsch lecken! Lebensberufung? Hör bloss auf damit! Nein, manchmal muss man sich einfach den ganzen Hass über die kaputte Welt von der Seele schreien und das geht halt nun mal am besten, wenn dazu noch ein paar laute Gitarren mitballern. Bühne frei also für Die Angry!
Die Angry kommen aus Berlin (aus Berlin!) und haben keinerlei Konzept, wie sie eigentlich klingen wollen. Das beginnt bereits bei der Sprache: mal rotzt Sängerin Frau W wütend in ihrer Heimatsprache, mal wieder geht es in erstklassigem Schulenglisch zur Sache. Musikalisch treffen rabiate Metal-Riffs auf punkige Vollgas-Refrains, was wohl auch den hartgesottensten Pantera-Fans eine Träne in die ignoranten Augen treiben wird. «Resources», der Opener ihrer glorreich als «Die Hangry» betitelten Debüt-EP, kracht wütend und heftig aus den Boxen. Das Boss Metalzone-Pedal wird voll durchgetreten, bevor die Strophe dann überraschend melodiös und eingängig ausfällt. Klingt das, wie direkt aus dem Übungsraum? Freilich! Macht das unverschämt Bock und geht ab wie die berüchtigte Lutzi? Oh und wie!
Mit «Proud Of You» folgt als nächstes ein glorreicher Aufruf zu grösserem Selbstbewusstsein und eine wunderprächtige, immens wichtige Botschaft: «I’m so proud of you, how strong you are, you came so far!» Worte, die wir alle öfter zu hören kriegen und unseren Liebsten sagen sollten. «Lappen» ist danach hochglänzender Lärm, der in den knapp anderthalb Minuten berlinerischer und schnoddriger nicht sein könnte. Wundervoll unsinnig, aber genau deswegen umso passender! Die Angry erlauben sich wirklich alles und tun, worauf sie Bock haben. Eckig, grobschlächtig und sicherlich nicht immer wohltuend auf den Ohren, dafür aber endlos authentisch und erfrischend. «Cycle Pit» ist eine abwechslungsreiche Liebeserklärung an zweirädrige Fortbewegungsmittel und das unbestreitbare Highlight der EP, «Professionelle Zahnreinigung» (welch fantastischer Titel!), eine formidable Anti-Rechts-Hymne, wie sie diese andere Band aus Berlin (aus Berlin!) nicht schöner hätte schreiben können.
Nach nur 13 Minuten ist der Spass mit der eingängigsten Nummer der Platte, der Anti-Fitnesswahn-Hymne «Fettness», bereits wieder vorbei. Die Angry werden keine Preise für die beste EP aller Zeiten abstauben, dafür spielen sie sich mit ihrer sympathischen «Scheiss drauf»-Attitüde locker in sämtliche Herzen. Einfache, geile Mukke, ohne Wenn und Aber, was bitte braucht es mehr? Hangry sein bringt niemandem was, darum los, stirb lieber wütend!