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Band: Der W
Album: Autonomie
Label/Vertrieb: 3R Entertainment
Veröffentlichung: 3. Dezember 2010
Website: www.der-w.de
Geschrieben von: Cyril Schicker
„Endlich allein, nicht mal mein Schwanz will mit dir sein.“Lieber Urlaub mit Stalin – als dich zur Gemahlin.„ „Was ich bin, ist was ich nicht bin. Wo ich noch nicht war, da will ich hin.“ „Doch so sicher wie meine Morgenlatte ist, dass ich meine Koffer packe.“
So schändlich-geistig tieffliegend diese Textzeilen auch sind, auf der jüngsten Platte „Autonomie“ gibt Der W (aka Stephan Weidner) anderes, wenn auch nur bescheiden höher stehendes zum Besten. Jedoch selten und nur mit dem Lied Sekte oder Selters.
Dessen ungeachtet lobhudeln nicht wenige Musikmagazine das einstige Mitglied der Böhsen Onkelz und führen dabei seine textlichen, zuweilen gar philosophisch angehauchten Lyrics ins Feld. Ein grosses „Leck mich!“ an dieser Stelle, denn was Der W präsentiert, das ist eine Scheibe, die nicht schlecht ist, aber leider auch nicht mehr. Wenn überhaupt. Und selbst das ist mit viel Wohlwollen ausgedrückt. Das Mediokre wird gerade noch knapp erreicht. Anders ausgedrückt: Ohne jetzt das ambivalente Hasskunterbunt, Böhse Onkelz, zu sehr zu umgarnen und deren obszön-unangebrachte-grenzdebile faschistoide Ader zum Trotz, gewisse Texte waren (sind es noch immer!) einfach einmalig gut. Die Stimme sowieso.
Der W, sich distanzierend von seinem früheren Ein und Alles, übt sich dagegen in peinlicher Rockattitüde. Der W führt substanziell inhaltsleere Themen (Autonomie des Ichs, Fleisch …) ins Feld. Der W versucht sich philosophisch, bietet aber überwiegend Kalauer feil. „Wir sind, wir sind, sind wir, sind wir alle fremdbestimmt?“ fördert den Hörgenuss ebenso wenig wie „Schön wenn man bereit ist, schön wenn man zum Ficken bereit ist.“ Das alles ist schändlich, schäbig, schrecklich, stupend. Positiv zu werten ist das bereits angesprochene Schmankerl „Sekte oder Selters“, das sowohl vom Inhalt als auch von der Melodie her anspricht.
Positiv, wenn auch überraschend, ist überdies das Mitwirken Mikkey Dees, seines Zeichens Trommler bei Motörhead. Apropos Motörhead, Lemmy liess an Der W kein gutes Haar und konnte es sich nicht verkneifen: „Boring, as shitty as Böhse Onkelz!“ Es sei dahin gestellt, ob Stephan Weidner eher die Bewertung als solche oder den Vergleich störte. Uns allen kann’s egal sein, denn: „So sicher wie meine Morgenlatte ist, dass ich diese CD nicht einpacke.“ Zugegeben, letzterer Reim stinkt, allerdings tut das dieses Album auch. Der W kann durchaus für Der Wirre, Der Witz, Der Winterkack oder für Der Wonnemonat (für Arme) stehen, beschriebe die Scheibe eh besser. Und für alle, die mit der Namensgebung Der W keine Probleme haben: „Wieso nicht Der V?“ V für Virtuosität, für Verve, für Volapük …
Tracklist:
1. Ode an die Zeit
2. Nein, Nein, Nein
3. Mamas kleine Monster
4. Autonomie des Ichs
5. Urlaub mit Stalin
6. Fleisch
7. Schlag mich (bis ich es versteh)
8. Machsmaulauf
9. Niemand hier
10. Sekte oder Selters
11. Furor
12. Ode an den Raum
13. Sterne
14. Lei(d)figuren
15. Der Hafen