New Heavy Sounds / VÖ: 24. Februar 2023 / Punk, Hardcore
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Text: David Spring
Neue Musik aus der Ukraine ist immer interessant! Doch leider führt derzeit kein Weg am noch immer andauernden Krieg vorbei. Death Pill besteht aus drei Musikerinnen aus Kiev, die verdammt wütenden Hardcore spielen. Ihre selbstbetitelte Debüt-Platte erscheint pünktlich zum Jahrestag des Kriegsbeginns und macht wenig überraschend keinen Hehl daraus, dass das Leben gerade echt nicht viel Spass macht.
Die Songs entstanden mitten in der Pandemie, schwierig genug also. Dann marschierten Putins Armeen ein, als Gitarristin/Sängerin Mariana Navrotskaya, Drummerin Anastasiya Khomenko und Bassistin Natalya Seryakova mitten in den Aufnahmen steckten. Es gleicht einem Wunder, dass das Album überhaupt das Licht der Welt erblickte. Doch die Punkrock-Götter waren der Welt gnädig gestimmt, denn diese Songs haben es mehr als verdient, gehört zu werden.
Der Opener «Dirty Rotten Youth» haut unglaublich rein. Mit massiven Gitarren und unaufhaltbaren Tempo machen Death Pill keine halben Sachen. Der wütenden Stimme Navrotskayas hört man den Schmerz und die Verzweiflung förmlich an. Ihr Gesang ist meistens geschrien und gekeift, doch wechselt sie gerne auch in hohe, unverzerrte Gefilde à la Bikini Kill. Abwechslung wird bei Death Pill grossgeschrieben, «Die For Vietnam» zum Beispiel ist richtiggehend melodiös und wirkt wie eine Kollaboration aus The Distillers und Nervosa. Der Song hat sogar ein geniales Gitarrensolo, wo im Hardcore gibt’s denn sowas bitte?
Die Texte sind mehrheitlich in Englisch, doch sind mit «Друг» und «Расцарапаю Ебало» auch zwei ukrainisch-sprachige Songs vertreten. Letzteres ist ein unfassbar wütender Song, der dem Ex der Sängerin gewidmet ist und in etwa «Scratch Asshole» bedeutet. Man kann sich vorstellen, was sie über ihn denkt, ohne den Text zu verstehen. Im Gegenzug dazu bedeutet der andere Titel «Freund», wobei auch dieses nicht einmal anderthalbminütige Brett trotz schönem woohoo-Chor nicht allzu freundlich klingt. Wie gesagt, Death Pill sind echt angepisst.
Die Platte ist kurz, aber definitiv nicht schmerzlos. Die vielfältigen Einflüsse aus Thrash Metal und stellenweise fast poppigem Punkrock vertragen sich gar vorzüglich mit dem In-Your-Face-Hardcore, den Death Pill zelebrieren. Die Produktion ist druckvoll, die Songs vielfältig und die Energie immens hoch. Selbst ohne die erschwerenden Umstände ist das Album ein verdammt starkes Erstlingswerk. Man wünscht sich nur, dass der scheiss Krieg endlich vorbei ist. Denn Death Pill gehören auf die Bühnen dieser Welt, um uns gehörig das Gesicht wegzurocken.