Noisolution / VÖ: 17. Mai 2024 / Grunge, Stoner Rock
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Text: David Spring
Im Dezember 2021 haute das vorzügliche Dortmunder Grunge/Stoner-Trio Daily Thompson ihre Platte «God Of Spinoza» raus – und überraschte ihre Fans mit plötzlich viel weiter als bisher ausufernden Kompositionen sowie sphärischen Stoner-Parts. Damals prophezeite ich nicht nur ein neues Album innerhalb der nächsten zwei Jahre, sondern auch ein Ankommen in der Mitte ihres perfekten Sounds. Und siehe da, hier ist Platte Nummer sechs, «Chuparosa»!
Daily Thompson nehmen sich auch dieses Mal ausreichend Zeit, um ihre Stücke sich entfalten und wirken zu lassen, wobei die Platte mit 36 Minuten einiges kürzer als der Vorgänger ist. Bereits der gewaltige Opener «I’m Free Tonight» lässt ahnen, dass es wieder etwas geradliniger zu und her geht. Das staubtrockene, leckere Hauptriff drischt den Song unaufhaltsam nach vorne, dazu gibt es glorreiche Chöre und viel Gelegenheit, um gepflegt die Nackenwirbel zu traktieren. «Pizza Boy» zieht das Tempo etwas an und stellt die Gesangskünste von Bassistin Mercedes Lalakakis unter Beweis. Dabei lässt harmonisiert sie ihre Stimme mit Lead-Sänger und Gitarrist Danny Zaremba.
Unbedingt erwähnt werden muss die fantastische Produktion der Platte. Dass sich die Band stark vom Seattle-Grunge-Sound beeinflussen lässt, ist kein Geheimnis. Für «Chuparosa» hatte das Trio tatsächlich die Möglichkeit, direkt im Geburtsort des Grunges aufzunehmen. Verantwortlich für den bombastischen Mix der Platte zeigt sich niemand geringeres als Tony Reed (Mos Generator, Big Sonic Nowhere, Stone Axe), der sich nicht nur als unabdingbaren Freund und quasi viertes Bandmitglied herauskristallisierte, sondern gleich auch illustre Gäste wie Bob Balch von Fu Manchu ins Studio holte. So überrascht es wenig, dass Daily Thompson hier so gut klingen wie noch nie. Die Gitarren sind tonnenschwer und heavy, die Drums vernichtend groovend und der Bass alles erschütternd – besser geht es kaum!
Wie damals schon erahnt, hat das Trio tatsächlich ihren Sound gefunden. Irgendwo zwischen Alternative und Grunge, zwischen Stoner-Riffs und Spacerock-Hymnen. «Raindancer» liebäugelt gelegentlich mit beinahe poppigen Melodien, nur um bald darauf explosionsartig durch die Wand zu bersten. «Ghost Bird» wiederum wartet mit hervorragenden, selbstgebastelten Effektgeräten auf – und lädt mit rock’n’rolligen Western-Soundtrack-Parts zum Ausbruch aus dem regnerischen Nord-Westen der USA tief in die Wüsten des Landes ein. Der epische Titeltrack vereint sämtliche Sound-Elemente, die sich Daily Thompson über die Jahre hin angeeignet haben. Das eher ruhige Lied birgt Melancholie, Hoffnung, Verständnis, Wehmut und einen sehnsüchtigen Blick nach vorne, dem Horizont und neuen Abenteuern entgegen.
Eines ist klar: Auch wenn Daily Thompson noch nie so rund und bei sich angekommen geklungen haben, so bleibt die Rastlosigkeit und die immerwährende Suche nach Neuem. Diese Band muss niemandem mehr etwas beweisen, wird aber auch nie aufhören, sich selber neu zu definieren und erfinden zu wollen. So muss es sein, so steht es geschrieben. Freuen wir uns also – nicht nur über dieses wahrhaft vorzügliche Werk, sondern auf alles, was zweifelsfrei noch kommen wird.