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Conjurer – Unself

01/11/25
von David Spring

Conjurer-Unself

Nuclear Blast Records / VÖ: 24. Oktober 2025 / Post-Metal
conjureruk.com

Text: David Spring

Es gibt Alben, die sich anfühlen wie ein inneres Erdbeben. Sie brechen Gewissheiten auf, zwingen zur Selbstbefragung und hinterlassen Spuren, die nicht so schnell verblassen. «Unself» ist ein solches Werk. Conjurer, diese rastlos wandelnde Post-Metal-Band aus Rugby (UK), haben sich einmal mehr neu erfunden. Zwischen kathartischer Wucht und zerbrechlicher Selbstfindung nehmen sie uns mit auf die zerrüttende Suche nach Identität, nach Auflösung und Befreiung.

Im Zentrum dieser Suche steht Frontperson Dani Nightingale. Die Diagnose Autismus mit 31 sowie das Coming-out als nonbinär haben den Blick auf das eigene Sein grundlegend verändert. Diese neuen Eckpfeiler in Danis Leben ziehen sich durch jedes Riff und jede Zeile dieses Albums. Wo frühere Conjurer-Platten noch aus purer physischer Wucht bestanden, herrschen nun emotionale Klarheit und eine fast schon verletzliche Direktheit. Schon der Opener «Unself» zeigt diesen Wandel: eine völlig unerwartete, melancholische Country-Gitarre, darüber Danis zerbrechliche Stimme, bevor der brutalste Urknall der jüngeren Metal-Geschichte alles zerschmettert. Wenn they in der Zeile «And I can’t feel at home in this world anymore» das letzte Wort nach langem Aufbau endlich aus sich herausschreit, spürt man das mit jeder Faser.

Dieses neugewonnene, bewusste Spiel mit Stille und Zerstörung findet sich immer wieder. «Let Us Live» etwa beginnt fast folkig, sanft und eindringlich, bevor sich der äusserst herausfordernde Track in ein monströses Hybridwesen verwandelt, das zwischen sludgeigem Doom, brachialem Post-Metal und dissonantem Chaos zerspringt. Der Song ist nicht nur musikalisch ein Kraftakt, sondern auch inhaltlich: ein Plädoyer gegen die fortschreitende Entrechtung queerer Identitäten, eingeleitet vom Interlude «A Plea», welches eine Rede der trans Aktivistin und Politikerin Carla Antonelli sampelt. Die fern klingenden, spanischen Worte wirken wie ein vor Wut zitternder Vorbote bevor dieses Monster eines Songs alles verschlingt.

Trotz der Momente des zerbrechlichen Innehaltens wären es natürlich nicht Conjurer, wenn es nicht auch gnadenlos brutale Ausbrüche gäbe. «Hang Them In Your Head» etwa wühlt in den Untiefen des modernen Deathcores, technisch absurd und kolossal. Noch eindrücklicher gelingt das in «Foreclosure», einer fast achtminütigen Tour de Force, die so dicht komponiert ist, dass sie eher wie ein psychologisches Drama wirkt als ein Metal-Track. Die bedrohliche Ruhe in der Mitte ist einmal mehr so vermaledeit effizient eingesetzt, dass das fulminante Finale dir den Atem raubt. Und wenn das abschliessende «This World Is Not My Home Anymore» das alte Gospel-Lied neu interpretiert, schliesst sich der Kreis: Danis mal zerbrechlich flehende, mal furios vernichtende Stimme, die tieftraurigen Lyrics und die schier unaushaltbare Schönheit und Gewalt der Musik lassen dir sämtliche Nackenhaare aufstehen – und vielleicht sogar eine Träne im Auge aufquellen.

Am Ende steht ein Album, das alles sprengt, was man über modernen Metal zu wissen glaubte. «Unself» ist gnadenlos hart, technisch brillant und zutiefst menschlich. Es ist eine herausfordernde Reise zwischen den Extremen, von zärtlich und introspektiv bis hin zu zerstörerisch und kosmisch wütend. Conjurer haben ihr bisheriges Schaffen erneut übertroffen und ein Werk voller Mut und emotionaler Wucht geschaffen, das eindrücklich belegt, was entstehen kann, wenn man sich der Welt und vor allem gegenüber sich selbst öffnet. Conjurer machen alles richtig und sind wichtiger denn je. Wenn so das zukünftige Gesicht der extremen Musik aussieht, bin ich zu hundert Prozent dabei.

Eingeordnet unter Musik-Rezension Schlagworte: Conjurer, David Spring, Metal, Unself
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