Hassle Records / VÖ: 29. März 2019 / Punk, Post-Rock
wearebrutus.com
Text: Michael Messerli
Wer bei sich selber schon beobachtet hat, wie sehr das Cover eines Albums Einfluss auf die Wahrnehmung der mit der Musik verbundenen Farben nehmen kann, der versteht auch, wie stark diese Verbindung ist. Lebensumstände und Orte können sich ändern, ein Cover bleibt. Das Cover von „Nest“ ist einfach gehalten, es besteht aus den Farben Schwarz und Grau. Brutus aber haben die Buntstifte hervorgekramt: Ihr Genremix beinhaltet vorwiegend Punk und Post-Rock, ist aber auch mit Black Metal, Math-Rock und Hardcore per Du. Ein erstaunlicher Husarenritt, der entweder dazu führen könnte, dass man immer wieder abgehängt wird, oder der möglichst viele Personen anspricht.
Brutus hängen einen nicht ab, das ist die ganz grosse Stärke der Band aus dem belgischen Leuven. Kein Malen nach Zahlen und auf “Nest“ nochmals viel ausformulierter als auf dem bereits starken Debüt „Burst“. Sie holen einen dort ab, wo man steht und nehmen einen dorthin mit, wo es einem auch noch gefallen könnte. Dass die ganze Sache einem roten Faden folgt, merkt man vor lauter Abwechslung erst gar nicht und ein besseres Kompliment kann man diesem Ansatz kaum machen.
Besonders Stefanie Mannaerts hat an Stimmgewalt zugelegt, die Notlösung aus Gesang am Schlagzeug ist mittlerweile zum beeindruckenden Markenzeichen geworden. Der Song “War“ fasst vieles von dem zusammen, was bis hierhin gemeint war, was noch kommt und beweist eine Klangfarbe in Musik und Gesang, die zwar bunt gemischt ist, am Ende aber doch immer auf die eine Stimmung hinausläuft: dunkel. Vielleicht mit Ausnahme von „Space“, bei dem sogar noch das Genre Pop kurz vorbeischaut. Ganz anders im fantastischen „Cemetery“, in dem Mannaerts alles raushaut: „That girl, I could never trust her, she’s a fucking wreck“, schreit sie und man spürt, dass da zwei keine Freundinnen mehr werden. Auch hier, wie in vielen anderen Momenten, verbinden Brutus kongenial Punk mit Post-Rock.
Im rhythmisch getakteten „Techno“ ist es Gitarrist Stijn Vanhoegaerden, der seine ganze Bandbreite abarbeitet und die Band im Mittelteil kurz Richtung Explosions In The Sky schielen lässt, während Mannaerts plötzlich ganz weich wird, einen kurz verschnaufen sowie träumen lässt, nur um einen umso brutaler an den Haaren zurück in die Realität zu ziehen. Das ist gross, aber nie dick aufgetragen, nicht durchschaubar und vor allem nicht banal. Im bereits erwähnten „War“ gelingt es Mannaerts am eindrucksvollsten, ihre auch sonst eher spartanischen Worte so kompromisslos wie möglich ihrer Stimme zu überlassen. „Unleash war/ Your hate will always be my guide/ Unleash your warmth“: Alleine wie sie beim Wort „Guide“ in den Kampfmodus kippt und in welche Tiefen sie danach abtaucht, macht – wie das ganze Album – ordentlich Eindruck.