
Hassle Records / VÖ: 28. November 2025 / Alternative Rock, Punk
wearebrutus.be
Text: David Spring
Dass Brutus eine beachtenswerte Band sind, brauche ich wahrscheinlich niemandem zu sagen. Spätestens nach dem fabelhaften 2022er Werk «Unison Life» ist die Band in aller Munde und macht sich vor allem dank ihrer formidablen Shows einen immer grösseren Namen. 2020 hielten sie diese Qualitäten bereits mit «Live In Ghent» fest, einem rohen und intimen Zeitdokument einer aufstrebenden Band. Nun doppelt das Trio aus Leuven, Belgien, nach und liefert uns mit «Live In Brussels» einen mehr als gebührenden Nachfolger.
Den fulminanten Abschluss des «Unison Life»-Tourzykluses feierten Brutus mit gleich drei ausverkauften Shows im legendären Ancienne Belgique. Sowas will natürlich festgehalten werden und so gibt es nicht nur die vorliegende, verzückende Aufnahme des gesamten letzten Auftritts, sondern auch einen äusserst stimmigen Konzertfilm, den es gratis auf YouTube zu geniessen gibt. Wer also bereits Entzugserscheinungen hat, weil die nächste Tour des Trios womöglich noch etwas in der Ferne liegt, wird hier mit vorzüglichem Live-Material bei Laune gehalten, denn abgesehen vielleicht vom Geruch von Bier und Schweiss und dem Pfeifen in den Ohren am Morgen danach fangen diese Aufnahmen das Gefühl, an einer Brutus-Show zu sein, wundervoll authentisch ein.
Die Setlist besteht logischerweise grösstenteils aus Songs von «Unison Life». In der Tat sind bis auf «Dreamlife» neun der zehn Album-Tracks enthalten. Dazu kommen ein paar unsterbliche Brutus-Hits wie «Justice De Julia II», «War» oder «Sugar Dragon», die an keinem Konzert fehlen dürfen, wodurch sich angenehm wenig Überschneidungen mit «Live In Ghent» ergeben. Spürbar ist auch die beachtliche Weiterentwicklung des Zusammenspiels der drei Musiker:innen. Allen voran steht natürlich Drummerin und Sängerin Stefanie Mannaerts, die nicht nur den treibenden Herzschlag der Band ausmacht, sondern deren Stimme sich direkt in dein Herz gräbt und alle für eine mitreissende Performance nötigen Emotionen freilegt. Bassist Peter Mulders und Gitarrist Stijn Vanhoegaerden stehen der spielerischen Qualität der Frontfrau in nichts nach und beweisen durch kleine Variationen und gelegentliche, ausufernde Improvisationen unfassbares Können und vor allem genügend stimmige Abwechslung zu den Studio-Versionen.
Vom Upgrade vom kleinen Club zur renommierten Konzert-Venue hat sich auch die Atmosphäre deutlich verändert. Die Aufnahmen klingen bombastisch und eindrücklich, ganz dem gewaltigen Soundgewand von Brutus entsprechend. Das Publikum jauchzt und frohlockt, was sehr schön zu hören ist, denn zu viele Live-Aufnahmen vergessen das Publikum oder tun nur, als ob die Aufnahmen nicht eh beim Soundcheck entstanden wären. Sehr charmant sind auch die verhaltenen, gar schüchternen Ansagen von Mannaerts. Obwohl sie sich fast ausschliesslich auf Niederländisch mit dem Publikum unterhält, merkt man ihr die gerührte Dankbarkeit für die Reaktionen der Fans deutlich an. An Gänsehautmomenten mangelt es diesem meisterhaften Album wahrlich nicht.
Brutus liefern mit «Live In Brussels» ein grossartiges, unter die Haut gehendes Werk und zementieren damit beeindruckend ihren Status als eine der aufregendsten, intensivsten und besten Acts unserer Zeit. Wenn am Schluss das finale «Sugar Dragon» über mehrere Minuten dröhnend ausklingt und die ekstatischen Schreie der Fans alles übertönen, fühlst du dich, als wärst du direkt mitten im Geschehen dabei. Epochal, brachial, kolossal und genial. Und somit beginnt nun die lange, bange Phase der ungeduldigen Vorfreude, bis uns diese einzigartige Band mit einem neuen Werk belohnt. Bis dahin laben wir uns an diesem fantastischen Live-Werk und freuen uns, dass es Brutus gibt.
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