HFMN Crew / VÖ: 21. Februar 2025 / Punk
Facebook
Text: David Spring
Der 10. Oktober 2005 war ein wegweisendes Datum, denn an diesem Tag erschien «Jaio.Musika.Hil» von Berri Txarrak. Dieses fantastische Album bezeichnete den Moment, an dem ich feststellte, dass es für Punk und Hardcore keine bessere Sprache gibt als Baskisch. 20 Jahre später gibt es die Band leider nicht mehr, dafür widmen wir uns heute der Punk-Gruppe Brigade Loco aus der Provinz Gipuzoka und deren neuen Album «Bide Baten Esanahia».
Der schöne Titel kann ungefähr mit «Die Bedeutung der Strasse» übersetzt werden, Themen wie Abschied, Freundschaft, Verlangen und die Zukunft stehen demnach im Zentrum. Von der für die Allermeisten wohl ziemlich ungewohnten Sprache und den musikalischen Wurzeln als gemeinsame Nenner abgesehen, halten sich die Ähnlichkeiten zwischen Berri Txarrak und Brigade Loco in Grenzen. Der Opener «Eten» macht schnell klar, dass es hier gemächlicher und melodiöser zur Sache geht, mehr Old-School (Street-)Punk als Hardcore. Coole Chöre, ultra-eingängige Melodien, viel Abwechslung, kurz: simple, aber verdammt effektive Musik, die Laune macht und kaum stillsitzen lässt.
Was früh auffällt, ist die beinahe auf Oi!-Level anzusiedelnde Krächz-Stimme von Frontmann Lander. Auch wenn der Gute mit seinem Engelsgesang so schnell nicht bei The Voice und Co. von sich reden machen wird, so passt dies einfach verdammt gut zum Sound von Brigade Loco. Vor allem die sonst sehr melodiösen, treibenden Songs wie das vorzügliche «Ateak Itxi Dira», das mit toller Gitarrenarbeit und reisserischen Gangshouts aufwartet, oder das etwas düsterere aber genauso eingängige «Bizipenen Aterpea» profitieren sehr von der rauen, unflätigen Stimme des Sängers und helfen, dass den Songs die nötige Rauheit nicht abhanden kommt.
Brigade Loco sind, wie sich spannenderweise trotz der Sprachbarriere schnell herausfühlen lässt, eine politische Band. Der baskische Unabhängigkeitskampf ist der Band eine Herzensangelegenheit, das einzige englischsprachige Stück «Keep The Flame Alive», ein Cover der ebenfalls aus dem Baskenland stammenden Band Jonny Gerriwelt, zeigt eindrucksvoll auf, wie wichtig ihnen Freiheit, Gerechtigkeit, Zusammengehörigkeit und Solidarität sind. Die elf Songs sind wundervolle Beweise dafür, dass die Leidenschaft und Freude einer Band auch dann spürbar sind, wenn die gesungene Sprache noch so obskur ist. Man muss nicht verstehen, was «Barneko Disdira» oder «Bihotza Beterik» bedeutet, um bei solch tollen, epischen Songs das Feuer zu spüren.
Die melancholische Ballade «Ohoinak» beendet das Album mit Piano und Geige. Etwas sehr ruhig für meinen Geschmack, doch verleiht der Track dem Album einen versöhnlichen, vollkommenen Schluss, der äusserst passend ist. Brigade Loco sind eine tolle Entdeckung, es freut mich ungemein, wieder etwas baskischen Punkrock in meinem Leben zu haben. «Bide Baten Esanahia» überzeugt, macht Laune und regt an, mal wieder den Horizont ein wenig zu erweitern. Enden wir darum mit den unsterblichen Worten aus der Feder des einzigartigen Gorka Urbitzu: «Denok gaude nazkatuta silikonazko kantuez. Musikaren ablazioa, kabroi alenak!» («Wir haben die Schnauze voll von Plastiksongs. Ihr habt die Musik getötet, ihr Schweinehunde!») So steht es geschrieben.
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |