Eigenveröffentlichung / VÖ: 25. August 2023 / Punk
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Text: David Spring
Die meisten Bands geben sich Mühe bei der Produktion eines Album. Monatelang wird an den Songs geschliffen, Texte werden minutiös seziert und im Studio geht viel Geld flöten, um das perfekte Endresultat zu erreichen. Berliner Doom machen das genauso. Nur ist das Studio der Späti um die Ecke, die Texte entstammend der letzten besoffenen Diskussion mit irgendeinem Prollo in der Kneipe und das Geld kommt maximal vom Dosenpfand.
Das glorreiche Resultat ist ein Album, das 12 Songs in unter sieben (!) Minuten runterrasselt und auf den wundervollen Titel «Wer Das Hört Ist Doom» lautet. Tatsächlich ist es bereits die dritte LP dieses magischen Trios, wobei die sieben Songs auf dem 2018er Kleinod „Tränenpalast“, das mit einer Gesamtspielzeit von zweieinhalb Minuten aufwartet, den Begriff „Long Play“ schon sehr strapaziert. Vielleicht stellt sich jetzt die Frage, ob das denn immerhin eine gut investierte Zigarettenpause ist, die für den Genuss dieses Albums benötigt wird? Um dies zu beantworten, lassen wir einfach mal eine Zeile aus der Single «Die Wand Angeschissen» stehen: «Wenn ich morgens aufsteh, hab ich keinen Bock. Dann mach ich mir ein Bier auf und scheiss die Wand an.»
Spass beiseite: das Album gefällt sicherlich nicht allen, aber es ist tatsächlich gut, denn es geht auch anders! «Alte Weisse Frau» zum Beispiel hat sowas wie eine feministische Grundnote, «Gewaltfreie Kommunikation» scheint toxische Beziehungen zu thematisieren und «Veganer Softrock» kritisiert aller Wahrscheinlichkeit nach unsere Konsumgeilheit. Dies ist bewusst so schwammig formuliert, da die wortgewaltigen Texte nicht leicht zu verstehen sind. Oft entsteht schlicht der Eindruck von dadaistischem Gehirnstürm (um mal diese andere bekannte Band aus Berlin (aus Berlin!) zu zitieren). Auf keinen Fall aber machen Berliner Doom nur belanglosen Lärm oder einfach Quatsch. Das hat durchaus Bestand. Meistens…
Es passiert zudem erstaunlich viel in den Songs, wenn man bedenkt, dass ausser der mit 66 Sekunden geradezu epische Ausmasse annehmende Closer «Zurück Ist Die Zukunft» keines der Stücke die Einminutengrenze überschreitet. Die Songs sind abwechslungsreich und vielschichtig. Die Drums ziehen nach vorne, der Bass knarrt und rumpelt und die mal lakonische, mal wütende Stimme der Sängerin passt perfekt zum berlinerisch schnoddrigen Gesamtbild. Viel mehr Punk geht eigentlich gar nicht.
Da diese Rezension mittlerweile aber länger als das Gesamtwerk von Berliner Doom andauert, soll damit jetzt mal gut sein. Es gilt absolute Kaufempfehlung, dieses Album muss man gehört haben. So einfach. Denn wem die eigene Aufmerksamkeitsspanne nicht die nötigen sieben Minuten ausreicht, um dieses Kunstwerk zu geniessen, dem ist eh nicht mehr zu helfen.