11. September 2019
KUFA – Lyss
Bands: Zebrahead / The Bottom Line / All To Get Her
Endlich mal wieder was Neues! Ich war tatsächlich noch nie in der KuFa in Lyss, obwohl diese eigentlich ganz in meiner Nähe liegt. Entsprechend gespannt war ich, als ich mich zu Fuss auf den beschwerlichen Weg vom Lysser Bahnhof in Richtung der KuFa machte, gespannt aber vor allem auch deshalb, weil heute niemand anderes als die grossartigen Jungs von Zebrahead hier aufspielen würden. Das letzte Mal, als ich die Herren aus Orange County, Kalifornien, live sah, war vor gefühlten 50 Jahren am Greenfield Festival, somit freute ich mich ausserordentlich auf den Gig, denn zudem brachten uns Zebrahead auch ihr neustes Album „Brain Invaders“ mit.
Kurz nachdem wir in den giftgrünen Gängen der KuFa angekommen waren, ging es dann auch schon los. Als erstes waren All To Get Her aus St. Gallen an der Reihe, vier Jungs, die sich ganz dem fröhlichen Punkrock der Kalifornischen Sorte verschrieben haben. Das ging sofort gut ab und machte Stimmung, und auch wenn viele der Besucher sich lieber noch draussen an der frischen Luft weilten, so war doch auch schon gut was los im Publikum und es wurde frohgemut gehüpft und getanzt. Bewaffnet mit ihrem phänomenal betitelten ersten Album „Cheescake And Earthquakes“ boten uns Sänger/Gitarrist Andy Viciconte, Bassist Edi Duft, Schlagzeuger Silly Truniger und Gitarrist Tom Ebnöther einen wundervollen Auftakt für den heutigen Konzertabend. Der Humor der Band kam auch gut zur Geltung, als sie zu einer ziemlich coolen Cover-Version des 90s Hit „She’s So High“ von Tal Bachman anstimmten, oder kurz darauf, als sie in der leider erst halb-vollen Halle nicht ohne Augenzwinkern einen Circlepit anzettelten, welchem erstaunlicherweise auch Folge geleistet wurde. Obwohl das gemeingefährlich aussah, zeigte sich das Publikum gleichwohl von seiner tanzfreudigsten Seite, sehr schön. Nach ca. einer halben Stunde war es leider auch schon wieder vorbei, aber All To Get Her überzeugten mich auf jeden Fall schon mal auf der ganzen Linie, tolle Band!
Als nächstes waren nach einem zackigen Umbau die Mannen von The Bottom Line aus London an der Reihe. Auch hier waren die Blink 182 und vor allem Sum-41-Einflüsse von Beginn an stark zu spüren, der Sound landesuntypisch voller Sonne, Spass und Party, absolut passend zum heutigen Abend. Drummer Matt Bicker, Bassist Max Ellis, Gitarrist Tom Newton und Sänger/Gitarrist Cal Amies heizten die Leute im Publikum mehr als nur auf, die Stimmung war heiss und freudig und die Tanzfreudigkeit ging ebenfalls kein Bisschen weg. Ich persönlich fand das Set leider etwas monoton, da fast alle Lieder in sehr ähnlichem Tempo und mit demselben Beat daherkamen, ein etwas schnellerer Song in der Mitte hätte meines Erachtens dem Fluss richtig gut getan. Aber ich mag meine Musik halt einfach auch am liebsten schnell und zackig, die Fans in der KuFa waren augenscheinlich anderer Meinung, denn die Stimmung war wirklich geil und naja, was weiss ich schon… Auch hier gab es einen lustigen Circlepit und beim vorletzten Lied „I Still Hate You“ einen wundervollen Mitsing-Part, The Bottom Line machten auf jeden Fall alles richtig und brachten das Publikum gekonnt auf Hochtouren, so soll das sein.
Nach einem erneut relativ kurzen Umbau ging es auch schon weiter, und nun waren wir endlich an der Zeit für Zebrahead angelangt. Mit einem interessant-lärmigen Intro, welches schlussendlich in „America, F*** Yeah“ aus dem fragwürdigen Puppenfilm Team America überging, ging es mit der traumhaften Begrüssung „we are motherf***ing Zebrahead“ und dem Kracher „All My Friends Are Nobodies“ vom neuen Album los. Und da waren sie, Vollgas vom ersten Takt an, mit den gleich darauffolgenden „Call Your Friends“ und „Running With Wolves“. Zebrahead sind ja bekannt für einiges an Geblödel und Gequatsche auf der Bühne und wir wurden entsprechend auch in Lyss Zeuge einiger Wortduelle, vor allem von Seiten des Rappers Ali Tabatabaee und Sänger/Gitarrist Matty Lewis, so fanden wir alsbald dann auch heraus, dass heute niemand anderes als Dan Palmer, seinerseits der Gitarrist mit dem wohl schönsten und imposantesten Oberlippenbart in allen Landen, heute Geburtstag hat. Das stimmt zwar bei weitem nicht mit allem überein, was ich online zu Dans Geburtstagsdatum finden kann, aber wer weiss denn schon, vielleicht ist er einer dieser Rockstars, die jeden Abend auf Tour Geburtstag feiern. Jedenfalls, wie um zu beweisen, dass man noch nicht alt und eingerostet ist, gab es nach einem wundervollen Trink-Lied dann mit „Save Your Breath“ wieder volle Kanne eins auf die Zwölf – was für ein genialer Song! Das wahnwitzig schnelle Gitarrensolo wurde passenderweise dann auch von Dan gespielt, während er von einem Alien in einer Art Schubkarre über die Bühne gefahren wurde. Ordentlich beeindruckend, wie der Herr spielen kann. Apropos Ausserirdische: davon gab es zwei, die sich immer mal wieder auf der Bühne bemerkbar machten und sogar eine Bar da oben aufgebaut hatten oder sich dann auch mal kurzerhand in einem grossen Plastikboot über die Menge tragen liessen, ganz passend halt zum Album-Artwork von „Brain Invasion“. Die Showelemente wurden auf jeden Fall ernst genommen, denn neben Musik wurden uns im Verlaufe des Abends noch so einige Jokes und Gags präsentiert. So wurden wir zum Beispiel aufgefordert, so viele Crowdsurfer wie möglich herumzutragen, was schlussendlich darin resultierte, dass gut 30 Leute aus der Menge auf der Bühne standen und dort mit der Band zusammen abrockten, sehr geil zu sehen, diese Publikumsnähe. Die Leute in den ersten Reihen taten mir dann auch leid, denn sie mussten anschliessend all diese Leute wieder auffangen, als diese sich zurück von der Bühne warfen, da kamen ein paar sehr lustige Momente zusammen.
Die Setlist war erstaunlich wenig auf das neue Album fokussiert, neben dem bereits erwähnten „All My Friends Are Nobodies“ wurden lediglich „We’re Not Alright“ und das fantastische Metal-Brett „When Both Sides Suck, We’re All Winners“ gespielt, der Rest stellte sich aus Songs aus der gesamten, 13-Album starken Karriere der fünf Kalifornier zusammen. Hits wie „Hell Yeah!“, „Hello Tomorrow“ oder das geniale „Sirens“ wurden lauthals mitgesungen und sowohl die Band wie auch das Publikum hatten eine Menge Spass. Auch die eher Ska und Rap lastigeren Stücke aus dem Zebrahead Repertoire kamen freilich nicht zu kurz, Songs wie „Keep It To Myself“ oder das wundervoll betitelte „Mike Dexter Is A God, Mike Dexter Is A Role Model, Mike Dexter Is An Asshole“ machten die Show abwechslungsreich und zeigten auch eindrucksvoll, was für eine beeindruckende Bandbreite diese Band zu bieten hat. Zu guter Letzt durfte natürlich auch das eine oder andere Sauf-Lied nicht fehlen, und so wurden zum passend betitelten „Let’s Do Shots“ von den beiden Aliens genau solche an die Bandmitglieder verteilt, man will ja schliesslich Spass haben.
Während wir dann noch informiert wurden, dass Matty all sein Geld, welches er durch T-Shirt- und Plattenverkäufe verdient, ausschliesslich für Drogen, Prostituierte und seine Penisvergrösserung ausgeben würde, und drei Konzertbesucher*innen, die einander auf den Schultern sassen, als „human centipede“ bezeichnet wurden, neigte sich der Abend langsam, aber sicher dem Ende zu. Man bedankte sich artig, das obligate „ooh“ des Publikums ob der Ankündigung des letzten Liedes wurde dankend goutiert und dann wurden wir mit „Falling Apart“ nochmals richtig zu Brei gerockt. Natürlich gab es noch Zugaben, ohne solche darf ja schliesslich kein Konzert aufhören. Wir mussten da leider aber schon los in Richtung Bahnhof, und so verpassten wir die abschliessenden Hits „Who Brings A Knife To A Gunfight?“ und „Anthem“, schade, aber auch so war das echt ein grandioser, lustiger und rockiger Abend mit drei klasse Bands. Ich für meinen Teil hätte mir stellenweise etwas weniger Gequatsche gewünscht, ganz wie die Meister von Propagandhi schon sagten, „Less Talk, More Rock“, aber das ist eigentlich auch einfach nur Jammern auf sehr hohem Niveau. Alles in allem war das richtig geil, tolle Venue mit perfektem Sound, fantastisches, tanzwütiges Publikum und grandiose Bands, was will man auch mehr? Zebrahead haben sich mit ihrem aktuellen Album „Brain Invaders“ und mit dieser Tour auf jeden Fall die allerhöchsten Lorbeeren verdient und ich hoffe, es dauert nicht wieder gefühlte 20 Jahre, bis ich sie das nächste Mal live sehen kann.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. All My Friends Are Nobodies
2. Call Your Friends
3. Running With Wolves
4. Drink Drink
5. Save Your Breath
6. We’re Not Alright
7. Mike Dexter Is A God, Mike Dexter Is A Role Model, Mike Dexter Is An Asshole
8. Wake Me Up
9. Sirens
10. Worse Than This
11. Hell Yeah!
12. When Both Sides Suck, We’re All Winners
13. Hello Tomorrow
14. Let’s Do Shots
15. Keep It To Myself
16. Rescue Me
17. Falling Apart
Zugaben
18. Who Brings A Knife To A Gunfight?
19. Anthem
Text: David Spring