15. Dezember 2017
Dachstock – Bern
Bands: Unhold / Zeal & Ardor / Combineharvester
Schweres, düsteres Geschütz fuhr das Booking des Dachstocks letzten Freitag auf. Metal wird in der Bundeshauptstadt und gar in der Reitschule nicht mehr alle Tage gespielt, leider. Deshalb begeisterte die Vorankündigung auf diese drei Schwergewichte schweizerischen Musikschaffens umso mehr.
Kein Neuling ist Marlon McNeill mit seinen Combineharvester, die den Abend mit grober Kost starteten. Ein musikalisches Auf und Ab. Schwer, tragend, leise, laut. Und immer hart an der Grenze, was man eine Stunde lang verdauen kann. Wahrscheinlich gerade weil es teilweise so sperrig ist, fasziniert der Sound von Combineharvester und irritiert gleichermassen.
Mit Dämonen aus der Vergangenheit spielten danach Zeal & Ardor. Sklavenlieder, die an die Gräueltaten in der amerikanischen Geschichte erinnerten, gemischt mit Black Metal und Blues. Was der Senkrechtstarter Manuel Gagneux in seinem Hexenkessel zusammengebraut hat, ist keine leichte Mahlzeit. Dennoch, oder gerade wegen dieser eigenwilligen Mischung aus Okkultismus und der Eingängigkeit der sonoren Gesänge, mischt es die Metal-Szene auf.
Als Newcomer des Jahres wurden sie in diesem Jahr oft betitelt. Sogar zu einer Einladung zum gepflegten Essen mit Mister Slash persönlich führte dieser unerwartete Ruhm. Man mag es dem zurückhaltend wirkenden Manuel Gagneux gönnen, dass er quasi über Nacht in die Liga der Top-Metal-Grössen aufgestiegen ist. Eine Idee musikalisch genial aufgegriffen und eine Prise Glück führten zu diesem Status. Nächstes Jahr warten bereits Festivals wie das Hellfest, Wacken, Graspop sowie das Greenfield auf den talentierten Nachwuchs aus Basel.
Mit so viel Lob vorab auf den Schultern, war das Publikum entsprechend gespannt auf dieses Konzert. Auf einer Linie am Bühnenrand aufgereiht, setzte sich die Band ohne aufwendige Deko selber in Szene. Gagneux stellte sich zwar in die Mitte, jedoch ohne sich allzu stark hervorzuheben. Während der schleppende Gesang zum Mitsingen antreibt, stiftet das Ausbrechen in verzerrte Gitarren und Growls zum Headbangen an. Die Kombination funktioniert beim Publikum und ausser, dass es verhalten leise für Metal klang, feierten die «alten» Fans und selbsternannten Sklaven ihre Band. Alle anderen nahmen das ganze Geschehen auf und nickten entsprechend anerkennend oder waren sich nicht ganz sicher, ob jetzt gut oder zu neu und anders.
Dass es nicht allen gefällt, das hat Manuel dieses Jahr schon öfters festgestellt. So erzählte er uns kurz vorher im Interview (das wir euch bald auf diesem Kanal präsentieren). Musik darf Kontroversen auslösen und soll auf keinen Fall nur konform sein. Das hat er mit dem Album «Devil Is Fine» definitiv erreicht. Dennoch steht die Frage im Raum, wie weit Kunst gehen darf oder wann der Spass aufhört, wenn sich Fans das Zeal & Ardor Logo vor Ort in die Haut brennen lassen oder sich am Sklavenpfahl für ein Selfie in Pose setzen. Ob das notwendig ist oder ob es das Thema Sklavenhandel zur Freizeitpark-Attraktion degradiert, das muss wohl jeder für sich entscheiden. Es ist für die Band zu hoffen, dass sie keine Dämonen geweckt haben, die ihnen am Ende mehr Schaden als Ruhm zufügen. Wir sind auf alle Fälle schon sehr gespannt, wie weit es das nächste Album bringen wird und wohin der Weg von Zeal & Ardor führt.
Zu guter Letzt und ebenfalls nicht leicht verdaulich, die lokalen Doom-Metaler von Unhold. Mit neuem Bassist auf der Bühne und neuer Platte im Hinterkopf, legten die Berner den düsteren Abschluss über den Dachstock. Und endlich klang es so, wie es sollte. Nämlich laut und wuchtig. So muss das. Fertig.
Text: Nicole Imhof
Bilder: Alain Schenk