15. März 2017
Dynamo – Zürich
Bands: You Me At Six / The Xcerts
Der Abend im Dynamo beginnt mit einer verfrühten Oster-Überraschung: Weder auf der Facebook Veranstaltung, auf Starticket, noch auf Seiten der Band war irgendetwas über die Vorband zu erfahren. Mit ihrer leichten, poppigen Art beweisen sich The Xcerts aus Schottland als passender Einstieg und in ihrer halben Stunde Spielzeit stimmen sie das Publikum schon einmal auf einen Abend des britischen Rocks ein. Der grosse Saal ist gut gefüllt, das Publikum relativ jung und relativ weiblich.
You Me At Six betreten die Bühne, während bereits ein Intro des Openingstracks ihres neuen Albums „Night People“ gespielt wird, dazu flackern rote Scheinwerfer auf der Bühne, während jeder sich an seinen Platz begibt. „Night People“ war die erste Single des gleichnamigen Albums und wurde vergangenen August veröffentlicht. Der Text sitzt beim Publikum, und bei den darauffolgenden Songs stellen sie unter Beweis, dass sich diese Textsicherheit nicht nur auf die eingängigen Parts bezieht. Ohne grosse Ansprache geht es sogleich weiter mit „Underdog“, einem ihrer ersten grossen Erfolge aus dem Jahr 2010. Den älteren Songs ist anzuhören, wie jung die Band zu ihren Anfangszeiten war – Sänger Josh Franceschi (der sich trotz der Hitze stilsicher in schwarzer Lederjacke zeigt) war gerade zwanzig, als You Me At Six für „Best British Band“ bei den Kerrang! Awards nominiert wurde – wohingegen die neuen Stücke ernster und auch vermehrt düsterer klingen. Gerade „Bite My Tongue“, 2011 eingesungen mit Oliver Sykes von Bring Me The Horizon, sticht hierbei hervor, besonders auffällig, da es noch im selben Jahr veröffentlicht wurde, wie die mit Rapper Chiddy Bang aufgenommene Single „Rescue Me“.
Das Publikum scheint sich sowohl über Altes wie auch Neues zu freuen und beweist, dass man auch zu poppiger Musik pogen kann – auch wenn sich das irgendwie ein bisschen falsch anfühlt. Sänger Josh Franceschi bringt den einen oder anderen Witz und es wird brav gelacht. Charmantes Lächeln und schöner Akzent sind hierbei natürlich von Vorteil. Der Frontmann weiss, wie er mit seinen Zuhörern agieren muss und schafft es sogar, einzelne Personen persönlich anzusprechen, wobei es überraschend still wird in der Menge, sodass betreffende Person auch angemessen antworten kann. Gesanglich und tänzerisch zeigt er sich in Topform und steht somit den anderen Bandmitgliedern in nichts nach, da auch sie an ihren Instrumenten eine gute Figur abgeben. Die Songs sitzen – immerhin gibt es die Band nun schon seit knapp dreizehn Jahren.
Nach „Take On The World“, einem der ruhigen Songs des aktuellen Albums, welches auf eine längere Ansprache bezüglich politischer und gesellschaftlicher Situation folgt, ziehen sich die fünf Briten zurück, um sich nach einer kurzen Pause erneut auf die Bühne klatschen zu lassen. Zum Konzertende lässt sich noch der Closingtrack des neuen Albums, „Give“, geniessen, gefolgt von einem letzten kräftigen und packenden „Room To Breathe“, zu dem noch einmal ein bisschen getanzt und geschubst werden kann.
Der Teenie in mir ist befriedigt, während das übrige Ich mit Erinnerungen und damit verbundenen Emotionen zu kämpfen hat. Schliesslich gehören You Me At Six zu der Sorte Band, die sich durch ihre eigene Jugend sehr gut dafür eignet, beim Erwachsenwerden zu begleiten und zu so manchen Lebensereignissen einen passenden Soundtrack zu liefern. Und hin und wieder eine solche Band wahrhaftig vor sich zu sehen, hat etwas ungemein Therapeutisches – und Melancholisches.
Text: Sarah Rutschmann