16. Februar 2019
KIFF – Aarau
Bands: While She Sleeps / Stray From The Path / Trash Boat / Landmvrs
Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude. So ähnlich sehen das wohl auch While She Sleeps. Obschon ihr neues Album „So What?“ erst am 1. März erscheint, liessen es sich die Jungs aus Sheffield nicht nehmen, die neue Scheibe bereits im Vorfeld in Form einer Headliner-Tournee durch Europa zu feiern. Warum auch nicht, denn die neuen Single-Auskopplungen „Anti Social“, „Haunt Me“ und „The Guilty Party“ wurden bereits gut aufgenommen. Damit die Show im ausverkauften KIFF in Aarau aber auch wirklich zur Mega-Party wurde, holten sich die Briten mit Landmvrks, Trash Boat und Stray From The Path erfolgsversprechende Verstärkung mit ins Boot.
Landmvrks
Den Startschuss zur Mega-Sause machten Landmvrks. Erst 2014 gegründet, konnte sich das Quartett aus dem französischen Marseille offensichtlich bereits einen ziemlichen Namen erspielen. Denn obschon sich die meisten Konzertbesucher noch immer auf der Anreise befanden oder sich mit Bier versorgten, war die Location schon sehr gut gefüllt. Los ging es mit dem Song „Hollow“ aus dem gleichnamigen Album, der den Zuschauern mit einer enormen Wucht aufs Trommelfell geknallt wurde. Im selben Ausmass ging es dann weiter mit Songs wie „Winter“, „Fantasy“ oder „World of Pain“, dem letzten Stück des Abends. Mit einer Mischung aus Metalcore und Melodic Hardcore sorgten Sänger Florent Salfati, Gitarrist Nicolas Esposito, Bassist Rudy Purkart und Drummer Nicolas Soriano für eine gute Anfangsstimmung im Saal – ganz so, wie es ein Opener eben sollte.
Trash Boat
Und dann stand auch schon die nächste Band in den Startlöchern: Trash Boat. Während sich einige Hardcore-Fans schon längst aus dem Staub gemacht haben – diese Band entsprach offensichtlich nicht ganz ihrem Geschmack – füllte sich der Saal immer mehr mit gerade angekommenen Zuschauern. Und so eröffneten die Engländer aus St. Albans ihr Set mit dem Song *Inside Out“ in einem ebenso gut gefüllten Saal wie Landmvrks zuvor. Trash Boat vereinen derbe Sounds aus dem Bereich des Hardcore und melodische Elemente des Pop-Punks. Gerade Letzteres war es, das wohl nicht jedem Mosh-Pit-Liebhaber der härteren Klasse gefiel. Dem Quintett auf der Bühne machte dieser Umstand aber nichts aus. Energiegeladen hüpften Gitarrist Ryan Hyslop & Co. umher, und Fronter Tobi Duncan bearbeitete das Mikro mit seiner Stimme als gäbe es kein Morgen. Diese unterhaltsame Mischung war es wohl auch, die beim Publikum für ausgelassenes Tanzen und wippende Köpfe sorgte. Nach Songs wie „Controlled Burn“ und „Shade“ stimmten Trash Boat auch schon ihr letztes Stück „Strangers“ an, nicht ohne sich vorher ordentlich beim Publikum zu bedanken, das mit kräftigem Jubel entgegnete. Dass die Jungs den einen oder anderen Fan dazu gewannen, zeigte sich wenig später an ihrem gut besuchten Merchandise-Stand.
Stray From The Path
“We are Stray From The Path and we stand against racism and fascism!“ Mit diesen Worten begrüsste der ambitionierte Frontmann das Publikum im KIFF. Ein heftiger Crossover Mix, welcher teilweise an eine härtere Version der Beastie Boys erinnerte, schepperte der Menge um die Köpfe. Von der ersten Minute an, hatte die aus New York stammende Band ihre Zuhörer fest im Griff. Diese bestätigten dies, wie es sich bei einem richtigen Hardcore Konzert gehört, mit heftigen Moshpits. Gefühlt gab es bei jedem Song an die zehn Breakdowns. Wie soll man da auch ruhig stehen können? Die Aussagen der Band – auf jeden Fall sehr politisch! “I‘m not proud to stand here in front of you as an American citizen and tell you that Donald Trump is our president!“ verkündete der Sänger mit den rot gefärbten Haaren, Andrew Di Jorio. Das Publikum teilte seine Meinung, indem zahlreiche Mittelfinger gen oben gestreckt wurden. Die New Yorker verstehen ihr Handwerk und wissen genau, wie sie den Hunger der Konzertbesucher stillen können. Gegen Ende ihres Sets stellte der laute Rotschopf den Konzertbesuchern noch eine Frage: “Where are the crowdsurfers? I need more crowdsurfers!“. Gesagt, getan! In 10-Sekunden-Zyklen kreisten immer wieder mindestens zwei Leute über die Köpfe der Leute in den vorderen Reihen. Unter tosendem Beifall verabschiedeten sich die Hardcore Punker aus Long Island und gaben den Rest, welchen sie noch von der Bühne übrig liessen, frei für den Hauptact des Abends.
While She Sleeps
Bühne frei, für den Grund warum viele der angereisten Konzertbesucher hier sind: die Metalcore-Giganten While She Sleeps. Die Jungs aus Sheffield, England, brachten überzeugende Argumente mit. Im Fokus ihres Besuchs stand nämlich eine Europaweite Album-Release-Tour ihres neuesten Werkes “So What?“, von dem sie die bisher veröffentlichten Songs, wie “Haunt Me“, “The Guilty Party“ und “Anti-Social“ dem Schweizer Publikum präsentieren wollten. Letzteren eröffnete auch ihr energiegeladenes Set an diesem Abend.
Das Bein gebrochen? Kein Grund um sich diese Wahnsinns Show entgehen zu lassen!! Dies dachte sich auch eine Konzertbesucherin und mit einer While She Sleeps-Flagge wurden die beiden Krücken auch sehr kreativ als Fahnenmast zweckentfremdet.
Doch nicht nur das erwähnte neue Meisterwerk stand an diesem Abend auf der Speisekarte. Mit Songs, wie “Brainwashed“, “Seven Hills“ und “Civil Isolation “ heizten die Musiker dem KIFF ordentlich ein! Unterstützt wurde die Band durch eine, präzise, auf ihre Songs abgestimmte Lightshow. Wendete man seinen Blick nach hinten zu den Technikern, konnte man beobachten, wie der Lichtspezialist jeden Scheinwerferspot, jedes Flackern und noch so kleine Lichtlein auf der Bühne manuell am Mischpult steuerte.
Auch der Mischer verstand sein Handwerk! Wenn auch zu Beginn des Konzerts der Mix sehr basslastig war, nach den ersten zwei bis drei Songs gelang es ihm, eine super Audioqualität abzumischen. Nicht einfach, bei so einer lauten Band! Die Begeisterung über die Lautstärkegrenze von 100 Dezibel hielt sich beim Mischer jedenfalls in Grenzen, wie uns seine Setlist verriet. Dort stand ganz klein in der unteren rechten Ecke: “Your DB limit sucks!“
“Who of you guys have seen While She Sleeps before?“ fragte Sänger Lawrence “Loz“ Taylor das Publikum. Ein Aufschrei der Zustimmung ertönte durch den gut gefüllten Saal. “And who of you see us for the very first time?“ Ein weiterer Aufschrei hallte durch das KIFF, worauf der Sänger grinsend meinte: “Welcome to the family, you sexy motherf**kers!“. Kurz darauf prasselte der neue Song “The Guilty Party“ wie ein Hurricane in das Publikum.
Es ist unglaublich, wie es den Engländern gelang, ihre wuchtige Energie auf die Menge zu übertragen. Mit Songs wie “Four Walls“, “Silence Speaks“ und “Our Courage, Our Cancer“ näherte sich das mächtige Set von While She Sleeps dem Ende.
Doch der Sänger hatte noch ein Ass im Ärmel. Im letzten Song “Hurricane”, hing er völlig unerwartet sein Mikro an die von der Decke abstehenden Leitungsrohre. Gespannt beobachteten alle sein Vorhaben. Was dann folgte hätte bestimmt niemand erwartet: Der akrobatische Sänger zog sich selbst an den Rohren nach oben, klemmte seine Füsse ein und hing, wie eine Fledermaus, kopfüber von der Decke. In dieser Position gab er in Begleitung der Menge, die angesichts dieser Darbietung lauter denn je mitgröhlte, den letzten Refrain des Songs zum Besten.
Die letzten Klänge bahnten sich zu den Trommelfellen der Konzertbesucher und eine Gitarre wurde für eine Ehrenrunde in die Hände der ersten Reihen ausgehändigt, während die Band die Bühne verliess. Was für eine Show! Wer noch nicht genug von dieser grandiosen Band und ihrem neusten Album hat, der kann sich das folgende Dokumentationsvideo über die Entstehung von “So What?“ anschauen.
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Dokumentation des neuen Albums „So What?“ von While She Sleeps
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Setlist
1. Anti-Social
2. You Are We
3. Brainwashed
4. Seven Hills
5. Civil Isolation
6. Empire Of Silence
7. Haunt Me
8. Steal The Sun
9. The Guilty Party
10. Four Walls
11. Silence Speaks
12. Our Courage, Our Cancer
13. Hurrican
Text: Andrea Germann und Patrick Bottarella