18. – 21.Mai 2018
Wave-Gotik-Treffen – Leipzig
Webseite: Wave-Gotik-Treffen
Das Wave Gotik Treffen in Leipzig zählt im Grunde zu den Pflichtterminen eines jeden düster Gesinnten und wartet mit einer vorzüglichen Bandauswahl aus diversen Musikstil-Bereichen auf. In den vergangenen dreizehn Jahren habe ich die Veranstaltungsstadt Leipzig schon recht gut kennengelernt und konnte in diesem Jahr den Aufenthalt in der sächsischen Messestadt noch mehr geniessen, als in den Jahren zuvor. Aber genug der einleitenden Worte. Ihr wollt einen Bericht vom Wave Gotik Treffen und den bekommt ihr jetzt auch.
FREITAG
Der Freitag war für mich Anreisetag und so machte ich mich aus der schönen Schweiz auf nach Deutschland. Durch die lange Anreise, einigen Verkehrshindernissen und schlussendlich die leicht verworrenen Wege in Leipzig habe ich das Picknick im Park verpasst. Schade, eigentlich hätte ich mir doch gern diverse, extra für das Festival konzipierte Kleider, angesehen. Zudem hatte ich den secret Gig von Goethes Erben verpasst, was im Grunde noch ärgerlicher war.
Sichtlich abgehetzt machte ich mich auf den Weg zur Bändchenausgabe an der Agra; wuselte mich durch die Warteschlangen und hielt letztendlich nicht nur meinen Presseausweis in der Hand, sondern hatte auch ein Bändchen um den Arm. Jetzt hiess es, sich zu beeilen und so düste ich an das andere Ende der Stadt zum Non Tox.
Dort spielte gerade Schwarzbund. Leider waren nur eine handvoll Leute im Non Tox und das neonfarbene Make Up der Schwarzbunder kam dank strahlendem Sonnenschein nicht wirklich gut zur Geltung. Aber hey, ein Jahr meckert man über die Hitze und den Sonnenschein; und regnet es im Folgejahr und der Himmel ist wolkenverhangen, so findet man dies auch nicht richtig.
Erste Band des Festivals abgehakt, nur mittelmäßig zufrieden damit und schnurstracks ab ins Haus Leipzig, wo die Unterschicht zum Tanzbein schwingen lud. Dort war es auch richtig gut gefüllt und Sänger Sven Hegewald gab sein Bestes, dem Publikum ordendlich einzuheizen. Ein Grossteil des Publikums dürfte aus zwei Gründen da gewesen sein: Die zwei Damen im Fetischoutfit, die hinter den Keyboards standen und die Tatsache, dass die Band ziemlich nach Suicide Commando klingt und Herr van Roy in diesem Jahr musikalisch nicht zur Verfügung stand.
Im Anschluss hiess es, weg vom Harsh Electro und einfach mal beim Herrn Christian von Aster die Ohren entspannen. Der hielt eine Lesung im Blauen Salon in der Leipziger Innenstadt ab. Vor der Location standen gefühlt doppelt so viele Leute wie drinnen Platz hatten. Gut und schlecht für den Leipziger Autor, denn einerseits zeigt das, wie sehr seine Fanschar in den letzten Jahren gewachsen ist und andererseits ist es sehr ärgerlich, wenn man in eine Minilocation gepackt wird, obwohl man vor nicht allzu langer Zeit einen kompletten Kinosaal gefühlt hatte. Schade für alle, die draussen standen. Dank Presseausweis durfte ich schliesslich doch noch rein, die Geschichte vom Orkfresser hören und dabei einige Aufnahmen schiessen. Dieses nette Büchlein namens „Der Orkfresser“ ist derzeit übrigens auf Platz 6 der internationalen Fantasy-Buchcharts, was schon ziemlich bemerkenswert ist. Und was noch angemerkt werden sollte: Herr von Aster ist ein wundervoller Vorleser und hat so auch an diesem Freitag sein Publikum gut unterhalten.
Der anstehende Gig der Blind Passenger zog mich zurück ins Non Tox. Nik Page und seine weiblichen Bandmitglieder Angela Blackfield und Haydee Sparks machten richtig coole Mucke und sorgten für ausgelassene Stimmung, so dass es zur Abendzeit im Non Tox wirklich gut gefüllt war. Am Ende gab es noch ein kurzes Feuerwerk, was für mich das Tageshighlight war. Was kann ein Feuerwerk noch toppen? Das habe ich mich auch gefragt und mich dann für Ahoi-Pop mit Versus in der Sixtina entschieden. Die Gruppe aus Dresden präsentierte von Krischan Wesenberg (Rotersand, Future Lied To Us) produzierten Synthiepop und hatte das halbe Bühnenbild zu einem Wohnzimmer umfunktioniert. In diesem Wohnzimmer spielte ein Pärchen während des Gigs das „wahre Leben“ nach und verteilte zwischendurch auch Wodka-Ahoi an das Publikum. Welch bravouröse Idee! Ein gut gelaunter André Steinigen führte durch den Abend und gab sowie gesanglich als auch physisch sein bestes. Toller hätte der WGT- Freitag nicht enden können. Während des Konzertes inszenierten wir spontan ein Shooting mit den Gästen. Was für ein Spass…
SAMSTAG
Ausschlafen. Ganz wichtig ist ausschlafen bei so einem Festival. Nach dem Aufstehen und einem späten Frühstück machte ich mich kurz vor 14 Uhr auf zum Leichenwagentreff. Der Korso führte vom Hauptbahnhof (der übrigens entzückend schwarz dekoriert war) zum Südfriedhof. Aufgrund der vorangeschrittenen Zeit bin ich gleich direkt zum Südfriedhof gestartet. Es standen ein paar wirklich hübsche Kombis dort herum, teilweise mit Anhänger und mit Skeletten verziert, die von einigen Besuchern betrachtet wurden. Alles in allem eher ernüchternd. Also machte ich mich wieder auf den Weg zum Non Tox.
Auf dem Weg dort hin traf ich mich mit einer Freundin und naschte noch ein Eis. Es heißt ja auch Wave Gotik TREFFEN und da sollte trotz Fotos, Bands und Attraktionen auch etwas soziale Interaktion drin sein, oder? Im Non Tox spielten evo-lution aus Niedenstein/Herford eine Mischung aus EBM und Electro. Sänger Klaus Schwarz interagierte intensiv mit den Fans und wirkte sehr engagiert, was den Kontakt zu seiner Zielgruppe angeht. Leider war das Konzert nur mässig besucht.
Danach zog es mich erneut in die Agra, wo Zeromancer spielten. Einen Tag vor ihrem Berlin-Auftritt legten die Norweger eine fulminante Show hin. Die Agra war gut gefüllt, die Stimmung war gut und ich glaube, der Band hat der Auftritt auch unheimlich Spass gemacht, wenn man sich die grinsenden Gesichter der Nordlichter noch einmal vor das geistige Auge ruft. Die Parkplatzsituation an der Agra ist ja so ein Ding, zahlt man nicht die 15€ für die Parkvignette, findet man nichts zum Auto abstellen und wird ggf. abgeschleppt. Die paar Euro waren definitiv gut investiertes Geld. Von Zeromancer schon gut auf Gitarrenklänge eingestellt, ging die Reise weiter zum Westbad, wo Heldmaschine spielen sollten. Ohne die Hilfe einer Kollegin wäre ich nie pünktlich dort angekommen. Aufgrund der katastrophalen Parkplatzsituation hatte ich mich entschlossen am Felsenkeller zu parken und zu laufen. Zum Glück wurde ich im Auto mitgenommen. Das Westbad war mega voll und letztendlich wurde auch ein Einlassstop verhängt. Vier Mal habe ich die Band um Sänger René Anlauff schon gesehen und bin jedes Mal aufs Neue begeistert.
Nebenan im Felsenkeller spielte die Reutlinger Formation Diorama düstere Synthieklänge. Vor einigen Jahren habe ich die Band dort das letzte Mal gesehen, als sie das WGT beendeten. Damals war dies für mich der perfekte Ausklang. An jenem Samstag waren sie lediglich Co-Headliner, im Herzen der Fans hatten sie aber doch den Headlinerslot gepachtet und so sang Torben Wendt sich an jenem Abend in einem prall gefüllten Felsenkeller wieder in die Seelen seiner Fangemeinde. Es wurden hauptsächlich die schnellen Songs gespielt und es gab aus für mein Empfinden viel zu viel Nebel. Bandtechnisch war der Abend damit für mich gelaufen und ich bewegte mich zurück zur Agra um Bruno Kramm (Das Ich) und Sven Hegewald (Unterschicht) beim Auflegen zuzuhören und mitzufeiern. Sehr früh am Sonntag Morgen – die Sonne ging gerade auf – verliess ich dann die Tanzveranstaltung, was wohl ein Lob an die DJs ist.
SONNTAG
Hart war das Aufstehen an diesem Sonntagmorgen, aber wer rechtzeitig zur Weinverkostung am Grassimuseum sein will, der muss halt Opfer bringen. Haare schütteln, Augenringe überschminken und etwas flotter im Bad agieren, weil man ja unbedingt auf „snooze“ drücken musste, gehörte da schon dazu. Die Weinverkostung wurde dieses Jahr bereits zum vierten Mal von Oswald Henke (Goethes Erben) und Thomas Rainer (Nachtmahr und L’Âme Immortelle) organisiert. Diesmal waren sehr viele Nachtmahr-Fans anwesend und schlürften Wein mit ihrem Lieblingsfronter. Ein Gruppenfoto wurde auch gemacht und allgemein kann man sagen, dass es sich um ein cooles Beisammensein beim Antesten verschiedenster Weinsorten handelte. Bester Wein in meinen Augen als passionierter Weintrinker: Erstaunlicherweise der von einem Kollegen mitgebrachte Schokoladenwein.
Ich hatte mir vorgenommen, dass der Tag etwas gechillter ablaufen soll und dass ich lieber Freunde und Bekannte treffen wollte. Aber wie das manchmal so ist, wird es dann doch nicht so entspannt. Ich stand auf einmal mitten in der Schlange zum Heidnischen Dorf, wo sich eine Schlange bis fast zur Hauptstraße gebildet hatte. Das empfand ich als ziemlich krass, weil ich das so noch nie erlebt hatte. Das Heidnische Dorf an sich war auch rappelvoll und zwischendurch wurde von Einlassstopp berichtet. Ich habe mir dort eher aus Zufall Suld angesehen, eine Band, die man in die J-Rock-Kategorie schieben kann und habe dann den mir am Vortag empfohlenen Mutzbraten probiert – und der war richtig lecker, wenngleich auch etwas trocken. Aus diesem Grunde wäre an der Stelle super gewesen, wenn der gleiche Stand auch Getränke angeboten hätte. Vor den anderen Ständen, welche Getränken feil boten, waren leider lange Schlangen mit entsprechenden Wartezeiten, bis man an das erfrischende Nass kam.
Danach ging die Reise zu Spark! ins Stadtbad. Hinter der Band versteckt sich der Schwede Christer Hermodson, der auch bei Biomekkanik und S.P.O.C.K auf der Bühne steht. Die ersten drei Lieder wurde mit Masken gespielt und irgendeine echt komische Zirkusshow aufgeführt. Dabei wurde auch das obligatorische Kaninchen aus dem Hut gezaubert. Das Stadtbad war wirklich sehr voll, was bei der geilen Mucke auch kein Wunder war. In den ersten Reihen konnte ich einige Schweden ausmachen, die diese Band lautstark zelebrierten.
Danach hiess es wieder „Auf zur Agra“. Der eigentliche Plan war ein anderer, aber ich wollte noch shoppen und Leute treffen und so kam ich im Anschluss erst zu Solitary Experiments in die Konzerthalle. Kurz gefasst: Ich hab die Band schon unzählige Male gesehen und sie sind immer wieder ein Garant für gute Laune. Die allgemeine Stimmung war echt gut und das für die Agra! Was will man da noch mehr? Aus Zeitgründen bin ich dann gleich in der Agra geblieben und habe mir noch De/Vision angeschaut. Die Halle war dabei fast voll und die Stimmung noch toller als bei Solitary Experiments, auch wenn ich niemanden wirklich tanzen sah. Grosse Action gab es auch diesmal bei der Band um Herrn Keth nicht, aber das sind eben De/Vision. Danach habe ich direkt in der Agra noch einmal Essen geschnappt und fuhr dann herüber zur Moritzbastei, um erneut ein wenig mit Freunden zu tanzen und so den Tag ausklingen zu lassen.
MONTAG
Was die Tanznacht so gebracht hat? Mir wurde Herr von Aster mit seinem speziellen Programm noch einmal für den Einstieg in den Montag empfohlen. So habe ich mein persönliches Programm an diese Info angepasst. Die Menschenschlange, die Herrn von Aster sehen wollten, war erneut übermässig lang. Drinnen im Blauen Salon führte Christian von Aster, unterstützt von Michael Coppelius, eine improvisierte Lesung durch. Da wurden durch einen der Zuschauer Ü-Eier verkostet und auch Herr von Aster stibitzte sich etwas von der Schokolade. Es wurden die Überraschungstexte vorgelesen, woraus er versuchte auf möglichst unterhaltsame Art und Weise eine Geschichte zu weben. Sofern dies zum Beispiel mit lila Einhörnern und Feen überhaupt möglich ist. Das Publikum fühlte sich durchgehend sehr gut unterhalten. Dieser nächtliche Tipp hatte sich definitv gelohnt.
Danach fuhr ich erneut zum Westbad und auch das war wieder richtig voll. Es spielten Seelennacht, eine Band, die in etwa wie eine Mischung aus Unheilig und den Sisters of Mercy klingt. Der Sänger Marc Ziegler hat jedenfalls eine sehr schöne dunkle Stimme, wobei er an seiner Bühnenpräsenz dennoch ein wenig arbeiten sollte. Den Fans aber gefiel es.
Im Anschluss des Konzertes habe ich mich etwas festgequatscht und bin so noch zu Kaizer geblieben. Ich hatte diese Band noch nie vorher gehört oder gesehen und war am Ende positiv überrascht. Bis zum Ende habe ich deren Auftritt allerdings nicht ansehen können, weil ich unbedingt pünktlich zu Faderhead in der Agra sein wollte. Das habe ich auch tatsächlich geschafft und Faderhead hat von der ersten Sekunde an den Saal wirklich gerockt. Auch einen special guest gab es: Daniel Myer kam zu «Every Hour Kills» mit auf die Bühne und zu «All The Devils» liess Sami alte Zeiten aufleben und spielte zu seinem Gesang auch eigenhändig Gitarre. Von der Show gibt es ein 360-Grad-Video, was man sich bald auf der Homepage der Band ansehen kann.
Grendel überraschten mit einem neuen Look des Sängers, der unermüdlich und fit nach seiner USA-Tour auf die deutsche Bühne gereist war. Zum Look: Er hatte auf einmal ungewöhnlich viel Haare auf dem Kopf. Ansonsten bliebe dazu zu sagen, dass die Niederländer genauso die Agra gerockt haben wie Sami und seine beiden Kollegen zuvor. Danach wollte ich mich erst einmal abkühlen und ging hinaus an die frische Luft, wo das WGT-Urgestein Noctulus auf seiner Gitarre schrammelte und Verschwörungstheorien zum besten gab. Zum Abschluss ging es ins Täubchenthal. Beim Anblick der schwarzen Gestalten dort habe mich wieder in die Zeit Ende der Ende-80er/Anfang-der-90er zurückgesetzt gefühlt. Dort spielten zum Abschluss des Wave Gotik Treffens The Other. Es war laut, düster, nebelig und wahnsinnig schnell. Ihr gruseliges Make Up tat ein Übriges dazu. Der Laden war voller, die Stimmung gut. Ein wirklich zünftiger Abschluss des Festivals.
Im Anschluss zog es mich noch einmal in die Moritzbastei: Freunde und Kollegen treffen, neue Leute kennenlernen und natürlich tanzen bis zum Morgengrauen. Morgens früh um neun Uhr als ich mich dann schlussendlich auf dem Weg ins Hotel befand, bin ich noch in den Berufsverkehr geraten. Das hatte ich so auch noch nie.
Was bleibt zum Abschluss zu sagen? Das Wave Gotik Treffen ist bereits wahrlich eine Institution unter den schwarzen Festivals, wo neben der Musik auch das Miteinander gross geschrieben wird. Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Wave Gotik Treffen, welches vom 7. bis 10. Juni 2019 stattfinden wird, und bin gespannt was der Veranstalter dazu Feines aus dem Hut zaubern wird.
Text + Bilder: Dietmar Grabs
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