Datum: 25. – 28. Mai 2012
Ort: Leipzig (D)
Website: www.wave-gotik-treffen.de
Bilder vom WGT 2011 findet ihr gleich HIER
Zum 21. Mal versammelte sich die schwarze Gemeinde und alle die, die an dem Spektakel teilhaben wollten, in Leipzig. Am Donnerstag noch war die Stadt in Normalität gehüllt. Am Freitag jedoch begann für die Stadt und ihre Bewohner die fünfte Jahreszeit.
Wenn man wie wir zum ersten Mal dabei ist, bedarf es ein bisschen Zeit, bis man die ganzen Locations und die Umgebung erkundet hat. Die Leipziger sind allerdings sehr hilfsbereit und lassen einen nicht orientierungslos stehen.
Auf dem Agra-Gelände angekommen, staunten wir nicht schlecht über die vielen Menschen, die sich da bereits tummelten. Da die Schweizer Szene ja doch sehr überschaubar ist, läuft man hier auf einmal in einer Masse, die man so nicht erwartet hätte. Die Stimmung war schon sehr ausgelassen, obwohl es noch nicht einmal angefangen hatte. Vollbepackte Menschen steuerten auf den Zeltplatz zu, der sich auch in rasantem Tempo füllte.
Gerade noch rechtzeitig zum Ende des Auftrittes von Tanzwut haben wir es dann wieder aufs Gelände geschafft. Die Spielmänner liessen die zu dem Zeitpunkt noch mässig gefüllte Halle feiern.
Gegen 19:30 Uhr ging es für Stahlmann los. Die mit Silberfarbe besprühten Männer stürmten die Bühne und hatten im Nu die Gemeinde zum Johlen gebracht. Mit Stücken aus dem neuen Album „Quicksilber“ begeisterten sie durchs Band.
Die Halle füllte sich auch zusehends, während sich die Jungs um Clan Of Xymox bereit machten. Nach 13 Studioalben sind sie nun mit der aktuellen Platte „Darkest Hour“ unterwegs. Nun stellte sich auch bei mir zum ersten Mal so richtig WGT-Stimmung ein und ich liess mich zu ein paar wohl noch unkoordinierten Tanzeinlagen hinreissen. „Ronny Moorings begrüsste das Publikum gebührend und schraubte die Stimmung noch etwas hoch. Sogar eine Melodica (kleines Keyboard mit Schlauch) kam zum Einsatz.
Als ich mich das nächste Mal umschaute, war die Halle schon so gefüllt, dass es Menschen mit Platzangst wohl schon zu viel gewesen wäre. Eine super Soundmischung liess das Publikum nun komplett feiern und den Alltag vergessen. Nun waren sie wohl alle angekommen, in den paar Tagen neben dem „normalen“ Leben.
Um 23:30 Uhr gab sich „Alex“ aka „der Checker“ die Ehre und eroberte die Bühne und die Zuschauer im Sturm. Die Menge bejubelte die Eisbrecher und liess einmal mehr keinen Zweifel daran, dass er den Titel als König der Rhetorik verdient hätte. Laut und hart liessen sie die Halle beben und das Publikum tanzen. Reizüberflutet machten wir uns nach dem tollen ersten Abend müde aber glücklich wieder auf den Weg ins Hotel.
Am Samstag begaben wir uns nach dem Mittag in die Leipziger Innenstadt, wo das Schaulaufen schon begonnen hatte. In Tüll und Spitze gehüllte Menschen füllten die Strassen, Fotoapparate wurden alle paar Sekunden gezückt und die Blitzlichter schienen kein Ende zu nehmen. Jene, die sich besonders herausgeputzt hatten, schafften keine fünf Meter am Stück, ohne wieder angehalten zu werden. Wir machten da natürlich auch keine Ausnahme und hielten die aufregendsten Outfits sowie skurrilsten Auftritte fest.
Was besonders auffiel war die Offenheit der Leipziger, deren Freude über die Abwechslung in der Stadt nicht zu verbergen war. Die Restaurants waren gefüllt und die Wiesen besetzt. Fünfte Jahreszeit trifft es wirklich am besten. Schwarzer Fasching, der auch vor den Kleinsten nicht Halt machte. Geschmückte Kinderwagen mit schwarzen Rüschenschirmchen waren nur der Anfang. 🙂
Nach einer kleiner Pause mit Dusche hiess es für uns dann auch schon wieder: Ab aufs Agra-Gelände. Denn da fiel der Startschuss des Abends mit Grendel. In internationaler Besetzung betraten sie zu einem Gänsehaut erzeugenden Intro die Bühne. Die Zuschauer waren wie angeknipst von einer Sekunde auf die Andere vollkommen präsent und dabei. Präsentiert wurden neue Songs aus dem Album „300“, welches im Gegensatz zu den bisherigen Arbeiten der Band noch dynamischer und intensiver daher kommt. Natürlich lockte die Musik viele Anhänger der E.B.M Szene in die Halle. Bald war es ein schwarz-bunter Mix der sich ekstatisch zur Musik bewegte und ich mich schon bald fragte, wie man das über Stunden aushalten kann. Dies ist aber auch relativ einfach zu beantworten: Es muss die Verpflegung auf dem Gelände gewesen sein. Von ayurvedischen Spezialitäten über das Steakbrot bis zu den Pommes war alles vertreten, was der müde getanzte Körper brauchte.
Wir hatten allerdings keine Zeit zum Essen, denn wir mussten uns auf den Weg ins Heidnische Dorf machen. Was uns da erwartete war eine Menschenschlange von knapp tausend Menschen, die darauf warteten Einlass zu bekommen. Zum guten Glück hatten wir unser Bändchen ja schon und konnten daran vorbei spazieren.
An der Brücke über die man das Dorf betrat, hat ein Schild gefehlt: Hier betreten Sie eine andere Welt. Denn genau so war es. Die Stimmung wurde mittelalterlich. Barfüssige Elfen, Mägde und Knappen säumten den Weg zur Bühne im Grünen. Fasziniert liessen wir uns auf das Abenteuer „heidnisches Dorf“ ein.
Auf der Bühne tanzte ein weisser Schwan mit einer Glaskugel zu der Musik von Euzen. Maria, die wir kurzum „Mittelalter-Björk“ tauften, verzauberte die Menge mit ihrer Stimme, den Texten die so gefühlvoll waren, dass ich Gänsehaut bekam und ihrer Band, deren Mitglieder nicht unterschiedlicher hätten sein können. (Es lohnt sich, Euzen auf bekannten Musikplattformen mal anzuhören) Liebevoll liess sie das Publikum an allem teilhaben, was sie fühlte und übertrug ihre Energie und Lebensfreude auf jeden einzelnen Anwesenden.
Nach einer kurzen Pause mit schnellen Umbauarbeiten wurden Drehleiern und Flöten, ein Dudelsack und Geigen ausgepackt. In blaue Gewänder gehüllte, mit Diademen verzierte Gestalten betraten die Bühne. Na wisst ihr, wer das war? Genau! Trobar del Morte! Die Band die ich bisher nur von CDs kannte, tauchte das gesamte Dorf in eine mystische Stimmung, die besser nicht hätte passen können. Absolut hinreissend liessen Sie die Abenddämmerung zum Event werden den wir nicht wieder vergessen werden. Voller Leidenschaft und Hingabe tauchten sie mit dem Publikum ein in eine Welt, die vergessen scheinen könnte. Wieder fühlte ich mich versetzt in Zeiten, in denen Ritter und Heiden um ihr da sein kämpften, gute und böse Geister Bestandteil des Lebens waren. Ganz nah liessen Sie das Publikum heran an die Bühne, die in blaues Licht getaucht vor dem Abendhimmel leuchtete. Ein jeder der Zuschauer schien die Reise angenommen zu haben, auf die uns Trobar del Morte eingeladen haben.
Nun knurrte aber der Magen, und wo kann es besseres Essen geben als bei den Heiden? Also machten wir uns auf Entdeckungsreise und landeten prompt bei einem Stand, auf dem ein grosses, grünes, uns allen bekanntes Kraut prangte (Nein ich meine auf keinen Fall Hanf oder so 🙂 ). Es gab also „Krauttaschen mit Fleisch und viel Würze. (Viel davon bekam ich nicht ab, da es Matthias sehr zu schmecken schien) vom Kraut schmeckte man nicht sehr viel, aber für 5 Euro darf man auch nichts sagen. Weiter ging es über den Markt, auf dem Händler ihre Waren absolut authentisch feilboten. Kleider, Met, Taschen, Schmiedehandwerk, Trockenfrüchte und und und. Nichts fehlte und das Mittelalterherz war bestens bedient.
Ich war froh an den Pranger-Blöcken vorbei gekommen zu sein, ohne dass unser Fotograf diese sah. Wer weiss, vielleicht hätte er mich da verkauft wenn ein Händler da gewesen wäre?
Von weitem hörten wir, wie Qntal ihr Konzert begannen. Es ist nicht gelogen, wir kamen nicht mehr zur Bühne durch. Da hat uns der Markt wohl ein bisschen lang abgelenkt. Durch die Lautstärke war es aber kein Problem, wir hörten alles mit, und das Publikum schien nur auf den einen Act gewartet zu haben.
Dadurch hatten wir wiederum die Möglichkeit Euzen nochmals anzutreffen, die auf der Suche nach etwas Essbarem waren. Zum Glück konnten wir den sympathischen Dänen dann auch gleich den Tipp mit den „Krauttaschen“ weiter geben. 🙂
Den Sonntag liessen wir ruhig angehen. Ein bisschen bummeln in der Stadt, ein leckeres Eis und ein Ausflug in ein Naherholungsgebiet liess uns Kraft schöpfen für den folgenden Abend. Da ging es im Kohlrabizirkus um 18:00 Uhr schon mit Melotron los. Etwas erstaunt war ich, dass sie nur alte Hits spielten, was aber nicht minder unterhaltsam gewesen ist. Die Live-Qualität der Jungs war absolut in Ordnung, und der Kohlrabizirkus zur Hälfte gefüllt. Mit „Arroganz der Liebe“ und „Herz“ waren die Powersongs vertreten.
Leider konnten wir hier nicht bis zum Ende bleiben, da wir schon wieder los mussten zur Agra-Halle. Da war mal richtig was los sag ich euch. Wieder waren wir erstaunt über die Kostüme und Kleider. Bei manchen Outfits fragte man sich, wie die Leute es schafften den ganzen Tag darin herumzulaufen. Mindestens ein Teil dieser Frage wurde mir später beantwortet, als ich die High Heels auf einen Haufen fliegen sah, und die Ballerinas und flachen Schuhe montiert wurden. 🙂
Das war aber auch nötig, denn nun stand einer der Höhepunkte des Abends an. Mono Inc. waren angekündigt, und das sah man schon in der Halle, die nun wirklich bis hinten und zu den Seiten ausgefüllt war. Mono Inc. hatten sich etwas Spezielles einfallen lassen: Schon Tage zuvor wurde auf Facebook gevotet. Die Fans durften die Playlist also selber zusammenstellen und genau so wurden die Songs auch gespielt. Hier war vom alten Hit bis zu den neuesten Titeln alles vertreten, was gute Laune und Stimmung brachte. Auch eine Weltpremiere hatte die Band zu bieten. Der neuste Wurf „After The War“ liess die Zuschauer tanzen, singen, und jubeln. Ein wirklich gelungener Auftritt, der jegliches Lob verdient hat.
Auch hier wurde natürlich eine Pause eingelegt, denn nun musste die Bühne ein letztes Mal an diesem Abend umgebaut werden. Wer gedacht hatte dass es nach Mono Inc. Stimmungsmässig nicht mehr weiter hochgehen kann, der hat sich getäuscht. Die erhitzte Masse liess ihrer Feierlust keine Pause und begrüsste Diary of Dreams mit viel Applaus und Jubel. Mit „The Wedding“ brachten sie schon mal alle in Bewegung, die noch auf ihren Decken geschlafen hatten. Ja, der WGT-Alltag kann mitunter schon mal anstrengend sein. 🙂 Auf jeden Fall hätte es keinen besseren Abschluss für den Abend geben können als die sympathischen Jungs von Diary of Dreams auf der Bühne zu erleben.
Wir machten uns wiederum auf den Weg ins Hotel, wo wir tatsächlich um eins in der Früh noch etwas zu essen bekamen an der Hotelbar. (An dieser Stelle ein riesen Dankeschön an das überaus tolle Personal des West-In Leipzig, die unseren Aufenthalt zu einem Erlebnis werden liessen).
Der Montag schien ein Tag zum Ausklingen lassen zu sein. Während viele der 20’000 Besucher schon die Heimreise antreten mussten, begaben wir uns an diesem sonnigen Nachmittag in den Park. Wo sich die Parkbühne befand? Immer der Musik nach belehrten uns schaulustige Passanten die sichtlich erfreut waren über das Publikum, welches sich auch an dem Tag in Renaissance-Manier im Park ausgebreitet hatten und mit grossen Picknickkörben den Tag beginnen liessen. Für uns hiess es dann gegen 14:30 Uhr rein, um The Wars zu sehen. Die Berliner betraten unprätentiös die Bühne. Ich denke, dass sie noch nicht so viele Auftritte hatten, denn trotz der wirklich guten Musik, die sie zum Besten gaben, warteten die Fans vergeblich auf etwas Show auf der Bühne. Das tat der Qualität der Musik aber keinen Abbruch. Ich denke die Leute waren nach den drei Tagen auch schon etwas müde, was man dank aufwendigem Make-Up und Sonnenbrillen allerdings nicht so gut erkennen konnte. 🙂
Um 15:30 Uhr gab es dann noch den Auftritt der Schweizer Band Les Yeux Sans Visage. Hier gab es einen relativ langen Soundcheck, aber man merkte, dass das Publikum schon wesentlich wacher war. Immer wenn es so klang als ob es gleich losgehen würde, brandete Applaus auf, welcher dann wieder gebremst wurde, weil es ja doch nur Soundcheck war. Das Spielchen war wirklich witzig mit anzusehen. 🙂 Qualitativ lieferten die Schweizer eine gute Leistung. Leider auch hier etwas wenig Show, aber der Sound war wirklich gut und bildete für uns einen schönen Ausklang im Park.
Von härteren Songs, über die die schon wieder etwas verspielt wirkten, war alles vertreten.
Einen schönen Spaziergang weiter, endete für uns das Abenteuer WGT 2012.
Was hier auf keinen Fall fehlen darf, ist ein riesen Kompliment an die Organisatoren des WGT. Es gab so gut wie keine Verspätungen, jeder wusste immer genau, wohin er musste, und wenn man es doch mal vergessen hatte, war immer jemand zur Stelle, der einem weiterhelfen konnte. Die ganze Veranstaltung lief so friedlich ab, wie man es sich gar nicht vorstellen kann bei einer solchen Menge an Menschen. Hut ab vor dieser Leistung! Wir kommen gerne wieder!
Text: Patricia Krapf
Bilder: Matthias Hoffmann