The Baboon Show + Bad Cop/Bad Cop + Blood Command
Komplex 457 – Zürich
Sonntag, 9. März 2025
Text: David Spring / Bilder: Berend Stettler
Am vergangenen Samstag fand der internationale feministische Kampftag statt. Was gibt es Besseres, als diesen wichtigen Anlass am Abend darauf, am 9. März, mit drei der besten FLINTA-Punkbands unserer Zeit zu feiern? Genau, nichts! Darum raus auf die Strasse und ab nach Zürich in den Komplex 457, denn da lud heute niemand Geringeres als The Baboon Show zum 20-jährigen Jubiläum.
Den Auftakt machten die wundervollen Blood Command aus Norwegen. Wie so oft im Komplex liess der Sound zu wünschen übrig, was in Kombination mit der gnadenlos brachialen Herangehensweise der Band anfangs für einige ratlose Gesichter sorgte. Doch mit «Ctrl + Art + Delete» und «Cult Drugs» wurde das Publikum gleich ordentlich wachgerüttelt. Nach anfänglichem Schock kam allmählich Stimmung auf – schliesslich ist es fast unmöglich, sich dem Sog dieser Band zu entziehen. Sängerin Nikki Brumen fegte wie ein Derwisch über die Bühne, schrie sich die Seele aus dem Leib und trieb Gitarrist Yngve Andersen mit ihren Eskapaden in den Wahnsinn. Vom Mikrofonklauen bis zu laszivem Twerking war alles dabei.
Oftmals flacht die Energie eines Konzerts in der Mitte etwas ab, doch bei Blood Command war das Gegenteil der Fall. Das aktuelle Album «World Domination» ist an Intensität kaum zu überbieten, und Songs wie «The Plague on Both Your Houses» und «Forever Soldiers of Esther» forderten uns alles ab. Dass die Mischung aus durchgeknallten Überschall-Blastbeats und bedrohlichen Elektro-Riffs nicht allen gefiel, war keine Überraschung. Doch die poppige Single «We Could Be Heaven» holte das Publikum schnell wieder ab, bevor der ultimative Abschluss kam: «Cult Of The New Beat» – zweifelsohne einer der geilsten Songs aller Zeiten. Als sich Nikki und Yngve kurzerhand zu uns ins Publikum stürzten und einen äusserst wilden Moshpit anzettelten, gab es kein Halten mehr.
Als Nächstes stürmten die einzigartigen Bad Cop/Bad Cop die Bühne. Zu Iron Maidens «Aces High» erschienen die vier Kalifornierinnen gut gelaunt, nur um dann mit «Retrograde» und «I’m Done» gleich alles in Schutt und Asche zu legen. Diese Herzensband begeistert einfach immer wieder. Wie es sich gehört, liessen politische und feministische Ansprachen nicht lange auf sich warten. Vor allem Bassistin Linh Le rief zur Solidarität auf und teilte ihre Sorgen, Wut und ihren Kampfgeist angesichts der aktuellen US-Regierung. Ein furioser Track wie «Pursuit Of Liberty» war genau das Richtige, um für ordentlich Bewegung zu sorgen.
Einer der emotionalsten Momente kam mit «Breastless». Gitarristin Stacey Dee verkündete freudig, dass sie seit sechs Jahren brustkrebsfrei ist, was mit tosendem Jubel gefeiert wurde. Der Song ging dann natürlich auch raus an alle Leidensgenoss:innen. Ein weiterer Höhepunkt war die Ankündigung des lang erwarteten neuen Albums, das im Juli erscheinen soll. Die Vorfreude darauf wurde sogleich durch zwei brandneue Songs in die Höhe getrieben, wir können uns auf etwas gefasst machen. Doch irgendwann müssen alle guten Dinge zu Ende gehen. Beim finalen, legendären «Womanarchist» drehte der Komplex dann noch ein letztes Mal kollektiv durch – dieser Song ist und bleibt eine der besten Punk-Hymnen aller Zeiten.
Und damit war es endlich Zeit für den Headliner: Zu einem schrecklichen, alten AC/DC-Klassiker bezogen The Baboon Show hinter dem Vorhang Position, um dann mit «Have A Party With Me» von Eddie Meduza loszulegen. Von Anfang an gab es kein Halten – es folgte ein Punk’n’Roll-Konzert der Extraklasse. «God Bless You All» und «Forward In Reverse» zeigten die Band in Bestform, und das Publikum klebte an den Lippen der charismatischen Cecilia Boström. Sie bewies nicht nur ihre fabelhafte Stimme, sondern auch eine schier unerschöpfliche Energie. Ständig in Bewegung, interagierte sie mit den Fans, und es dauerte nicht lange, bis sie in der ersten Reihe auf Tuchfühlung ging. Das Publikum war ihr komplett ergeben und sang Hits wie «It’s A Sin» oder das fantastische «You Got A Problem Without Knowing It» inbrünstig mit.
Auch Drummer Niclas Svensson und Gitarrist Simon Dahlberg durften im Verlauf des schweiss treibenden Konzerts glänzen und jeweils erstaunlich amüsante und gut passende Solos zum Besten geben. Doch der Fokus lag bei The Baboon Show klar auf der unvergleichlichen Frontfrau, die sich irgendwann auf Händen durch die Halle tragen liess und mehrere Songs auf einer kleinen Nebenbühne darbot. Die ganze Tour steht unter dem inoffiziellen Motto «Girls to the front», was unter anderem damit zelebriert wurde, dass irgendwann zahlreiche FLINTA-Personen aus dem Publikum auf die Bühne geholt wurden, begleitet von einer kraftvollen Ansprache über Patriarchat, Politik und FLINTAs in der Musik. Zu «Me, Myself and I» schliesslich gesellten sich die Damen von Bad Cop/Bad Cop mit auf die Bühne, womit die Party perfekt war.
Es war wahrlich beeindruckend, wie viel Energie diese Band an den Tag legte. Ganze fünf Zugaben später war die Show erst nach gut zwei Stunden beendet. So viel grandiose Musik für so wenig Geld erlebt man selten. Als zum finalen «Radio Rebelde» angesetzt wurde, explodierte der Komplex in einer letzten Euphoriewelle. Was für eine unglaubliche Band, was für ein fantastischer Konzertabend! Mit Blood Command und Bad Cop/Bad Cop waren zwei der besten modernen Punkbands dabei, und The Baboon Show sind schlicht unvergleichlich. So schlecht die Welt manchmal sein mag – es ist schön zu wissen, dass wir in einer Zeit leben, in der talentierte Musiker:innen uns mit ihrer Kunst, ihrem Aktivismus und ihrer Lebensfreude bereichern können. Lang lebe The Baboon Show, lang lebe der Feminismus, lang lebe der Punkrock!