18. April 2018
Bogen F – Zürich
Bands: Sunflower Bean / Annie Taylor
Falls Rock’n’Roll tot ist, haben Sunflower Bean das einfach nicht mitgegkriegt. Und das ist auch gut so. Julia Cumming am Bass und an den Vocals, Nick Kivlen an Gitarre und Gesang und Jacob Faber am Schlagzeug verkörpern alles, was den Rock ausmacht – vom Aussehen bis hin zum Auftreten. Starlet Johansson trifft auf Rock Dylan (ok, noch ziemlich Junior).
Mal Folk-Rock, dann wieder dem Country entsprungen. Und viel Rock’n’Roll. Treibende Bässe, 60ies-Gitarren, mal fast clean, dann wieder psychedelisch ausartend. Mal entschlackt und simpel geradeaus. Wunderschöne zweistimmige Harmonien und die Frage-Antwort-Spiele in ihrem wahrscheinlich bekanntesten Song „I Was A Fool“. Sicher einer der ganz grossen Momente des Abends, ein Moment, in dem wahrscheinlich alle Konzertgänger im Bogen F ihre Füdlis sanft zum Takt geschwenkt haben. Ein grossartiger Soundtrack für diesen warmen Frühlingsabend, der Lust auf Sommer macht.
Die Musik von Sunflower Bean ist frisch, anders, ohne sich jedoch an modernen Pop-Geschichten zu orientieren oder gar elektronische Einflüsse einzubringen. Im Gegenteil, ihre Musik ein Schmelztiegel der ganzen Gitarren-Rock-Geschichte von den 60ern bis heute, ohne jemals nur als Kopie von schon mal Dagewesenem zu sein.
Bei „Burn It“, einem klassischem Rocksong, kam plötzlich der Gedanke an Teenage Rock auf. Statt den dunklen Gewölben sah ich eine amerikanische Schulaula vor meinem inneren Auge, auf deren viel zu grossen Bühne Sunflower Bean stehen. Ein absolutes Kompliment, denn in diesem Moment zeigten Sunflower Bean in meinen Augen, wie jung und unverbraucht sie daherkommen, trotzdem oder eben genau weil sie die letzten drei Jahre viel Live-Erfahrung gesammelt haben und sich dabei selbst treu geblieben sind. Sunflower Bean sind einfach zum Knuddeln mit der guten Laune, die sie verbreiten!
Nicht erst Sunflower Bean liessen die Gitarren von der Leine. Annie Taylor aus Zürich lehrten uns als Vorband schon mal den Rock’n’Roll. Girl-Grunge mit surfigen Gitarren, immer mal wieder ins Psychedelische abgleitend, wummrig verzerrte Bassriffs, getrieben vom Drum. Mal ausufernd, mal gemütlich abdriftend, getragen von der Stimme der Frontfau Gini Jungi. Leider war die Band etwas gar dumpf abgemischt, ich weiss, dass Annie Taylor anders klingen. Aber was soll’s: Songs wie ihr zweitletzter „Sleep“ hätten nie aufhören dürfen, und das Schlussriff hätte jeden in die Unendlichkeit hinausgetragen. Grossartig, genau so geht das mit dem Rock’n’Roll.
Text: Mischa Castiglioni