Datum: 12. – 14. Juli 2012
Ort: Erfurt-Stotternheim am Alperstedter See (DE)
Webseite: Stoned From The Underground
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Festival-Bilder Teil 1 (Do/Fr) HIER
Festival-Bilder Teil 2 (Sa) HIER
Donnerstag
Bushfire, die Multikulti-Truppe aus Darmstadt um Frontriese Bill Brown, eröffnete pünktlich um 20:00 Uhr das Festival. Erdiger, ehrlicher Stoner-Southern-Rock vom Allerfeinsten wurde einem hier von dem sympathischen Fünfer ab der ersten Minute um die Ohren geblasen. Klasse Riffs, top Sound und viel Spielfreude ließen sofort Stimmung aufkommen. Deren Debut „Black Ash Sunday“ rotiert übrigens seit einer Woche auf meinem Plattenteller. Sehr gute Scheibe.
Cojones aus Kroatien dann als zweiter Akt. Ebenfalls sehr lässiger Stoner-Sound, der mit Nummern wie „Superskunk“ ordentlich punkten konnte. Gelungener Auftritt, welcher auch vom mittlerweile recht zahlreich erschienen Publikum anständig gewürdigt wurde.
Die anschließende Dampfmaschine war einer der Ausreißer im sonst recht homogenen Billing. Die Party-Metal-Mucke mit einem Schuss „Neue Deutsche Härte“ (etwas Rammstein trifft Slime), ist jetzt nicht unbedingt jedermanns Sache. Egal, die halbnackten Jungs hatten Spass auf der Bühne und spielten ihr Set mit ordentlich Dampf runter. Den Leuten hat die Party gefallen.
Als Headliner des Auftakttages waren die psychedelic Rock‘n Roller The Flying Eyesaus Baltimore gesetzt. Die vier Jungspunde präsentierten sich in absoluter Topform und die lässige Mischung aus Doors und Pearl Jam kam bestens beim Publikum an. Starker Auftritt, der mit zu den Besten des ganzen Festivals zählte.
Das italienische Duo The Cyborgs spielten dann zum Abschluss des Tages noch im Partyzelt auf. Und wie! Schon allein die Optik der Beiden mit ihren Schweißermasken, war der Hingucker schlechthin. „Cyborg One“ und „Cyborg Zero“, so die Namen, brachten mit ihrem Mix aus Blues, Boogey, Electro und Rock’n’Roll zu später Stunde die Stimmung im Zelt zum Kochen. Das in die Maske von „Zero“ eingebaute Mikro verzerrte dessen Stimme, so dass sie klang, als würde durch ein Megaphon gesprochen. Cool. Mordsspass und gelungener Abschluss eines tollen Tages.
Freitag
Zum Auftakt des zweiten Tages standen King Kronos aus der Umgebung von Querfurt auf der Bühne. Fuzziger, tiefgelegter Gitarrensound mit einem guten Schuss Psychedelic und der einzigen Frontfrau des Festivals an Mikro. Sehr interessante Band die einen mehr als soliden Auftritt absolvierte.
Überraschend hart zogen darauf Stonehead ihre Setlist vom Leder. Begann es erst mal noch recht ruhig mit Didjeridoo-Intro, wurde kurz darauf die Hartwurstfraktion mit fetten, stampfenden Krachern aufs Feinste bedient. Groove-Metal Fans die auch auf eine gute Portion Schweinerock stehen, werden von „Surreal Liberty“, so der Name der aktuellen Scheibe, begeistert sein.
Etwas ruhiger dann die Berliner Kadavar, die einen nicht nur musikalisch in die Mitte der 70er zurückkatapultierten, sondern auch optisch an frühe Led Zeppelin und Co. erinnerten. Ein weiterer guter Auftritt auf dem Stoned. Die Ähnlichkeit und Gestik des Schlagzeugers wies übrigens verblüffende Parallelen zu Tier aus der Muppet Show auf.
Von den isländischen Stonern Brain Police habe ich nur die ersten beiden Stücke mitbekommen, welche nicht schlecht waren. Nicht mehr, nicht weniger.
Red Fang aus Portland sind im Moment wohl einer der angesagtesten Acts der Stonerszene. Dementsprechend viel Publikum hatte sich mittlerweile auf dem Gelände eingefunden und der Vierer aus Portland enttäuschte die Fans mit ihrem sympathischen Auftritt nicht. Songs wie „Wire“ sind wirklich stattliche Granaten.
Mit Tito And Tarantula stand nun der erste Headliner des Abends auf dem Programm. Nun gefallen mir T&T auf Scheibe schon nicht sonderlich gut, zudem hörte ich immer wieder, dass die Band auch live nicht unbedingt der Bringer ist. Mei, so wars dann auch, zumindest für mein Empfinden. T&T war wohl die einzige Band des Festivals, die ihr Set etwas gelangweilt runterspielten. Zumindest kam es bei mir so an. Das hatte auch nichts mit irgendwelcher Tarantino-Coolness zu tun. Die Damen und Herren um Tito Larriva hinterließen den Eindruck, dass sie hier lediglich ihren Job erledigen. „After Dark“ wurde dermaßen in die Länge gezogen, dass der andauernde Blick auf die Uhr schon zum Reflex wurde. Und ob‘s auf einem Stoner Fest ein „La Bamba“ – Cover am Schluss braucht, sei auch mal dahingestellt.
Als zweiter Headliner war nun DIE Doom-Legende Saint Vitus endlich an der Reihe. Mit „Blessed Night“ vom neuen Album und dem Klassiker „I Bleed Black“ gings auch gleich vom ersten Moment an voll zur Sache. Vom neuen Lillie-Album wurden vier Stücke gespielt, also 80 Prozent. Dazwischen natürlich die Kracher „Living Backwards“, „Look Behind You“, „Saint Vitus“ oder „Clear Windowpane“. „White Stallion“ durfte natürlich auch nicht fehlen, klasse Setlist also.
Leider bewies Dave Chandler wieder mal, dass virtuoses Gitarrenspiel eher nicht zu seinen Stärken zählt. Die eingestreuten, viel zu langen Solos erweckten zum einen den Eindruck der Zeitschinderei, zum anderen wurden diese teilweise derart dilettantisch runtergeschrubbt, das man wirklich nicht mehr wusste, wo man hinschauen sollte. Da griff auch kein Kultfaktor mehr und vielleicht verließ Wino deshalb sogar des Öfteren die Bühne. Für ihn als begnadeten Gitarrero muss dieses Gegniedel wahrliche Höllenqualen verursacht haben.
Die Aufforderung ans Publikum, am Schluss des Gigs zur Hymne „Born To Late“ die Absperrung zu stürmen, war auch mehr als fragwürdig. Die Leute hüpften halt nicht nur in den Graben, sondern wollten natürlich auch auf die Bühne, von wo sie von einem sichtlich angeranzten Wino teils recht ruppig wieder herunter befördert wurden. Unnötig zu erwähnen, dass die Securities von der Aktion nicht gerade begeistert waren. Alles in allem ein durchwachsener Gig aber keine Demontage. Mark Adams spielte übrigens wie immer in seiner Ecke vor sich hin und Henry Vasquez ließ am Schlagzeug wieder die Sau fliegen.
Da pünktlich zum Ende von Saint Vitus ein fetter Schauer übers Fest hereinbrach, war natürlich das Zelt für den Abschluss-Act des Tages Beehoover zappzarapp rappelvoll. Zu voll für mich, so dass ich beschloss, zu verzichten. Schade, denn die beiden brachten Berichten zu folge wieder mal die Luft zum brennen.
Samstag
Den dritten Tag eröffneten Orobourus aus North Carolina. Solider Heavy Stoner Sound, der das Rad nicht neu erfindet, aber authentisch und mit viel Spielfreude vorgetragen wurde. Gut.
Wight, die zweite Combo des Festes aus Darmstadt, legten im Anschluss die Messlatte für den Rest des noch jungen Tages aber gleich enorm hoch. Trotz des Regens zu diesem Zeitpunkt, wurde der gitarrenlastige, psychedelische Heavy-Rock den Zuschauern im einer Mords-Power um die Ohren gehauen und vom wetterbedingt eher spärlich vorhandenem Publikum anständig gefeiert. Super Band, sehr guter Auftritt.
Mit den Basken Arenna ging‘s gleich darauf wabernd-stonig weiter. Das Wetter besserte sich und mit hypnotischen Nummern wie „Eclipse“ beamte das Quintett das Publikum gleich reihenweise in den Weltraum. Die werden im Moment nicht umsonst allerortens hoch gehandelt. Ganz starker Auftritt, der mit zu meinen Favoriten zählt.
Auf die Waliser Sigiriya freute ich mich besonders. Unvergessen der Promillebereich bei ihrem Auftritt 2010 in Winterthur und unglaublich gut das 2011er Debut „Return To Earth“. Mit „Deathtrip To Eryri“ hat die Ex-Acrimony Truppe schließlich auch DEN Stoner-Metal Hit schlechthin im Sack. Wie erwartet legten die Jungs von der Insel einen souveränen Auftritt hin, der keine Wünsch offen ließ. Ein neues Stück wurde präsentiert, welches auf einen baldigen Zweitling hoffen lässt. Bassist Paul Bidmead ist meiner Meinung nach optisch der Inbegriff des Stonerrockers, während Waldschrat Stuart O’Hara dem Gimli ziemlich nahe kommt.
Rotor aus Berlin überzeugten anschließend instrumental mit ihrem groovigen Psycho-Progressiv-Rock. Die teilweise vertrackten aber keineswegs zu verkopften Stücke kamen sehr gut rüber.
Mit Fatso Jetson aus Palm Dessert gings danach dreckig, rock’n rollig weiter. Für mich jetzt kein Highlight, letztendlich aber Geschmacksache.
Weedeater aus North Carolina sorgten dann mit ihrem Auftritt für reichlich offene Münder und gute Stimmung. Wie ein Rumpelstilzchen hüpfte Sänger Dave auf seiner Bühnenhälfte mit dem Bass zwischen den Knien umher, während Schlagzeuger Keith an vorderster Front das Urviech gab. Toll anzusehen, jedoch täuschte die gute Performance über das etwas maue Songwriting nicht hinweg. Etwas zu eintönig die Stücke.
Im Anschluss dann einer der besten Auftritte des Festes. Baby Woodrose aus Dänemark erinnerten mit ihrem psychedelischen, drogengeschwängertem Sound sehr stark an frühe Monster Magnet mit fetten Schuss Rock’n’Roll im Blut. Die Mannen um Sänger Lorenzo ließen auf der Bühne nichts, aber rein gar nichts anbrennen und lieferten eine Hammershow ab, die auch ordentlich gewürdigt wurde.
Als einer der diesjährigen Top-Acts standen nun Crowbar, die legendären Sludge-Pioniere aus New Orleans auf dem Programm. Frontgiftzwerg Kirk Windstein und seine Truppe ließen von Anfang an keinen Zweifel aufkommen, dass ab sofort Schluss mit lustig ist. Mein lieber Schwan, was für eine Kelle! Die ultrafetten Riffs, der bratzende Bass, dazu Kirks fieser, heiserer Gesang. Metalherz, was willst du mehr? Die Erwartungen waren hoch und wurden glatt übertroffen. Mit Sicherheit einer der besten Auftritte des Festivals.
Als Co-Headliner des Abends stand dann noch die Londoner Heavy-Stoner Institution Orange Goblin auf der Bühne. Sänger Ben Ward ist wohl einer der eindrücklichsten Frontmänner der Metalszene überhaupt. Ein Bär! Sehr unterhaltsame Show, die der Vierer dann abgezogen hat. Eine Metal-Party die mitriss, auch wenn man OG nicht zu seinen Lieblingsbands zählt.
Für mich war nach diesem Auftritt der Konzertmarathon zu Ende. Neume und Pyuss spielten noch zum Abschluss im Zelt und sollen auch noch richtig gut gewesen sein. Aber irgendwann ist halt Schluss.
Das Wetter
Leider nicht so der Hit. Wie in diesem verkorksten Sommer üblich, war‘s eine Melange aus Regen, Wind, Sonne, Wind, Regen, Sonne, Regen, Wind… Hätte aber auch schlimmer sein können. War ein bisschen wie Schlittschuhlaufen auf den verschlammten Wegen.
Die Atmosphäre
Ein Traum! Nicht zu toppen. Da passte einfach alles. Man merkte an allen Ecken die Liebe zum Detail und das es auf dem Stoned in erster Linie um die Musik geht und nicht um die Kohle. Das SFTU ist von Fans/Musikern für Fans/Musiker. Die Beschränkung auf 3000 Tickets, welche alle im VVK weggingen, finde ich ideal und bewahrt den Charme einer überschaubaren Veranstaltung. Größer soll es nicht sein.
Gutes Bier und feines Essen, welches zu äußerst fairen Preisen angeboten wird (ich hab mir die drei Tage einen wahren Chili-Ranzen angefressen), eine nette lässige Crew, Camping neben dem Festgelände, genügend Dixies, eine sehr gute Bühne auf die man von fast überall einen guten Blick hat mit einer ebenfalls sehr guten Soundanlage und und und… man könnte die Liste noch sehr weit führen.
Fazit:
Trotz des durchwachsenen Wetters, DAS Festivalhighlight des Jahres. Da gibt’s nix zu rütteln. Merci vielmals.
Text + Bilder: Thomas Lang