Datum: 20. April 2013
Ort: Kaufleuten – Zürich
Bands: Steve Hackett
Stephen Richard „Steve“ Hackett, Gründungsmitglied von Genesis und hoch gefeierter Solo-Künstler, hat sich bereits in den 70er Jahren einen festen Platz im Rock-Olymp sichern können. Unzählige Releases zeugen vom breitgefächerten musikalischen Spektrum des Briten. Verwiesen sei dabei besonders auf das im Oktober 2012 erschienene Album „Genesis Revisted II“, auf dem Steve Hackett alte Genesis Songs mit über 30 verschiedenen Grössen der Musikszene neu aufgenommen, arrangiert und produziert hat. Anlässlich dieser Veröffentlichung, die im Übrigen durchwegs gute bis sehr gute Kritiken bekam, besuchte Steve Hackett im Rahmen seiner World Tour 2013 auch das Kaufleuten in Zürich.
Kaufleuten? Moment, ist das nicht die Venue im Herzen Zürichs, wo sich die partygeile Jugend zum kollektiven Abfeiern trifft? Genau, doch diesmal war das Kaufleuten fest in den Händen der Mittvierzigern, -fünzigern und wohl auch -sechzigern. Wer jetzt denkt, dass die älteren Herrschaften zurückhaltend und distinguiert den Klängen Steve Hacketts lauschten, irrt sich gewaltig. Klar, Stage Diving und Head Banging lagen nicht drin, aber was beim Publikum schon von der ersten Sekunde abging, war schon beeindruckend. Während des ca. dreiminütigen Keyboard-Intros, blieb die Band fast bewegungslos stehen und wartete. Tja, und das Publikum ging trotzdem ab wie Lumpi! Als nach dem Intro von „Watcher Of The Skies“ alle einsetzten, war die Audience aus dem Häuschen!
Wer sich mit den vor allem alten Genesis Songs (1971 – 1977) auskannte, war klar im Vorteil. Ich muss gestehen, auch wenn ich Genesis verhältnismässig gut kenne, so kam ich mir vor wie ein Novize, denn um mich herum hüpften die Leute, schrien und sie sangen, und im Gegensatz zu mir, kannten sie sogar die Texte. So nebenbei darf erwähnt werden, dass das Kaufleuten mit über 1000 Zuschauern nicht nur gut besucht sondern ausverkauft war. Endete ein Song mit fulminantem Schluss-Akkord, so flippten die Leute aus, aber manchmal wurde der Schluss so leise ausgefadet, dass man sich kaum getraute zu husten. Doch die Stille währte jeweils nur wenige Sekunden, bis die Fans wieder in frenetischen Jubel ausbrachen.
Verlassen wir die jubelnden Konzertbesucher und richten unsere Blicke auf die Bühne, wo die eigentlichen Hauptakteure waren. Hoch gelobte Gitarristen neigen dazu, exzessiv ihr Können zum Besten zu geben und fiedeln oft über das erträgliche Mass hinaus. Nicht so Steve Hackett. Es war zwar unschwer zu erkennen, wer der Boss war, aber der inzwischen 63-jährige Rock-Gitarrist strahlte dennoch eine angenehme Bescheidenheit aus. Gerade bei Solo-Projekten besteht die Gefahr, dass die Band ein wenig in den Hintergrund gerät, doch diese Gefühl kam bei dieser Formation nicht ein einziges mal auf. Das widerspiegelte sich letztendlich in vielerlei Hinsicht. Man sah es den Musikern an, dass sie viel Spass hatten und entsprechend gross war die Spielfreude, was dem Publikum zu Gute kam. Das ohnehin hohe musikalische Niveau jedes einzelnen Musikers bescherte zudem ein Klangerlebnis der Extra-Klasse. Besonders erwähnenswert war die gesangliche Leistung von Leadsänger Nad Sylvan, dessen Stimme (eine Mischung von Phil Collins und Peter Gabriel) hervorragend zum Songmaterial passte und seine theaterreife Präsenz oft Erinnerungen an Peter Gabriels Auftritten bei „The Lamb Lies Down On Broadway“ weckte.
Einmal mehr zeigte sich zudem, wie wichtig der Mann am Mischpult ist. Leider wird oft genug eine hervorragende Leistung auf der Bühne vom Mischer geschmälert aber am Samstag hat einfach alles gepasst. Ein ausgewogenes und kompaktes und präsentes Klangbild, nicht zu laut aber dennoch mit unglaublichem Druck, aus dem man alle Feinheiten heraushören konnte. Nach zwei Stunden verliess eine sichtlich zufriedene Band das immer noch klatschende Publikum, das allmählich Platz machte für die nachfolgende Generation an Besuchern, die dem Kaufleuten das typische Party-Feeling geben wollte. Ob diese sich jemals darüber bewusst waren, welche musikalischen Grössen vorher das Kaufleuten beehrten? Wohl kaum …
Line up:
Steve Hackett – Gitarre und Backing Vocals
Nad Sylvan – Lead Vocals
Roger King – Keyboards
Gary O‘Toole – Drums, Percussions, Backing und Lead Vocals
Lee Pomeroy – Bass, Gitarre, Bass Pedals und Backing Vocals
Ron Townsend – Sax, Flöte und Percussions und Backing Vocals
Text: Daniel Baratte
Bilder: Kathrin Hirzel