Spanish Love Songs + Heart Attack Man + Shoreline
Exil – Zürich
Donnerstag, 8. Februar 2024
Text: David Spring
Es gibt Bands, die sind so einzigartig und toll, dass es manchmal überrascht, dass nicht mehr Leute sie kennen. Im Falle der grossartigen Emo-Rocker von Spanish Love Songs scheint sich das nun endlich zu ändern, denn ihre Show im Exil in Zürich vergangenen Donnerstag war restlos ausverkauft. Dass die Band dies mehr als verdient hat, stellten sie dann auch gleich mit einer äusserst emotions- und energiegeladenen Show unter Beweis.
Eine positive Überraschung gab es schon bei der ersten Vorgruppe. Shoreline aus Münster räumten im bereits gut gefüllten Club gleich alles ab. Voller Energie und Spielfreude von der ersten Minute an dauerte es nicht lange, bis bei ihrem eingängigen Emo-Punk/Hardcore Bewegung aufkam. Sänger Hansol Seung kündigte an, dass in zwei Wochen bereits ihr neues Album «To Figure Out» erscheinen wird, wovon es dann prompt auch gleich die Vorabsingle «Seoul» zu hören gab. Der grossartige, melodiöse Song reihte sich bestens in den Rest des Sets ein und zeigte eindrücklich, wie gut Shoreline ihre Sache draufhaben. Die kurze, aber energetische Show überzeugte vollends, vom starken Sound über die gutgelaunte, sympathische Band bis hin zur tollen Stimmung im Publikum. So gehört sich das, was für ein Start in den Abend und welch tolle Entdeckung.
Als nächstes standen Heart Attack Man aus Cleveland auf dem Programm. Obwohl die Band eigentlich die härteste Band des Abends war, dauerte es erstaunlich lange, bis der Funke übersprang. Die erste Hälfte des Sets war langsam, schmalzig/poppig und leider eher wenig aufregend. Auch war es wieder einmal eine Band, die scheinbar nicht ohne Fluchwörter in jedem zweiten Satz der Ansagen zwischen den Songs auszukommen scheint… Zum Glück drehten Heart Attack Man im zweiten Teil etwas auf und fetzten mit «Sugar Coated» und «C4» plötzlich zwei heftige Bretter auf uns los. Vertrackt, rabiat und lärmig überzeugten die beiden Songs mehr als alle zuvor und zeigten die Band von einer ganz neuen, abwechslungsreichen Seite. Mit dem coolen, punkigen «Freak Of Nature» gab es schlussendlich noch einen starken Closer, der die etwas öde erste Hälfte mehr als wett machte.
Ja und dann war es endlich Zeit für Spanish Love Songs. Mit «Lifers» vom neuen Album «No Joy» ging es los und Frontmann Dylan Slocum hatte uns von den ersten Tönen an voll im Griff. Was folgte, war eines der erhabensten und emotionalsten Konzerte seit langem. Die Leute im Exil sangen jedes Wort mit und lebten den Schmerz der grossartigen Lieder mit Herz und Seele mit. Die auf der neuen Platte mehr denn je im Vordergrund stehenden Keyboards, gespielt von Multiinstrumentalistin Meredith van Woert, kamen auch live hervorragend zur Geltung und halfen mit, den Sound der Band so einzigartig zu machen. Auf der anderen Seite waren Spanish Love Songs offensichtlich ohne Bassisten auf Tour, was mysteriöserweise nie erwähnt wurde, allerdings auch nicht gross auffiel (hier gerne einen Bass-Witz selber einfügen). Der Sound war druckvoll und brillant und liess vor allem die einzigartige, oftmals vor innerem Schmerz zitternde Stimme Slocums scheinen und aufgehen.
Die Stimmung im gemütlichen Exil wurde immer ausgelassener, es wurde munter gepogt, gejubelt und gesungen – und gebellt, sehr zur Verwunderung und zum Amüsement der Band. Dylan Slocum schien zudem in besserer Verfassung denn je, er machte Witze, hatte stets ein verschmitztes Lächeln im Gesicht und sagte sogar selbst, dass er sich bedeutend besser fühle als noch bei ihrem letzten Besuch vor vier Jahren. Sehr schön, dies zu wissen, denn einige der Texte von Spanish Love Songs malen bekanntlich wirklich kein sehr positives Bild. Aber genau dieser unglaublich ehrliche Schmerz sowie die manchmal krassen und depressiven Worte sind es ja, welche die Songs so gut und nachempfindbar machen. Man fühlt jedes Wort mit und es ist verdammt beeindruckend, wie sehr sie diese Emotionen auch live rüberbringen. Kaum eine Band hat eine dermassen kathartische Wirkung auf die Leute, wahrlich einzigartig.
Spanish Love Songs sind nicht dafür bekannt, jeweils Zugaben zu spielen, und so versetzte die Ankündigung der letzten beiden Songs alle ein letztes Mal in Ekstase. Und was für Songs es waren: «Routine Pain» und das nahezu perfekte «Brave Faces, Everyone» forderten ultimative emotionale Hingabe. Als Slocum am Schluss die Worte «We were never broken/ Life’s just very long/ Brave faces, everyone» sang, wurde sicherlich die eine oder andere Träne zerdrückt – was für ein fulminanter und glorreicher Schluss. Damit wurden wir in die Nacht entlassen und durften aufatmen. Spanish Love Songs werden tatsächlich jedes Mal besser und es ist schön sowie beruhigend, eine solch einzigartige Band bei uns zu wissen. Danke für diesen magischen, erhabenen Abend, für die Hoffnung, den Schmerz und die Musik. Gerne wieder.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
- Lifers
- Losers
- Clean-Up Crew
- Self-Destruction (As a Sensible Career Choice)
- Bellyache
- Pendulum
- Kick
- The Boy Considers His Haircut
- Beer & Nyquil (Hold It Together)
- Here You Are
- Buffalo Buffalo
- Losers 2
- Marvel
- Haunted
- Routine Pain
- Brave Faces, Everyone