Datum: 5. November 2014
Ort: Schüür – Luzern
Bands: Sólstafir / Sahg / Obsidian Kingdom
Die Ankündigung, dass Sólstafir diesen Herbst als Headliner durch die europäischen Hallen tingeln, sorgte in sämtliche Foren und Gazetten für Entzückung. Die Band hat sich die letzten Jahre eine breite Fanbasis erspielt und mit „Ótta“ haben die vier Isländer für viele das Album des Jahres mit im Gepäck.
Der Andrang auf die Tickets verwunderte deshalb nicht, einige der Konzerte waren schon im Voraus ausverkauft. Zu recht, denn Sólstafir sind live mittlerweile nicht mehr zu toppen.
Da wir die Parkplatzsuche sowie die Kassenschlange deutlich unterschätzt haben, kamen wir erst gegen Ende des Eröffnungs-Gigs von Obsidian Kingdom in der Schüür an. Leider, denn die Spanier quollen vor Spielfreude fast über und präsentierten eine sehr interessante Mischung aus Thrash- und Deathmetal mit Industrial Elementen, welche gut ins Ohr ging. Das schon recht zahlreich anwesenden Publikum war sichtlich angetan und goutierte die Stücke mit anständigem Applaus. Vor allem Sänger Rider und Keyboarder Zer0 zogen mit ihrer Performance die Blicke auf sich und kamen dabei auch noch sehr sympathisch rüber. Sehr lässige Truppe, die man auf dem Schirm behalten sollte.
Die aus Bergen stammenden Sahg waren vor zwei Jahren schon mit Sólstafir (damaliger Headliner war Long Distance Calling) unterwegs. Wie damals im KiFF überzeugten die Norweger mit ihrem sehr speziellen Doom-Stoner-Psychedelik-Gebräu vollends. Die teils etwas progressiv angehauchten Stücke wirken beim ersten Hören zwar etwas schwierig aber keineswegs verkopft. Groovende Elemente gehen einher mit doomigen Passagen und sorgen für gute Abwechslung. Die exzellente Gitarrenarbeit sowie die tolle Gesangsleistung von Olav Iversen unterstrich auch live das ausgeklügelte Songwriting. Sehr guter Auftritt einer äusserst talentierten Band.
Mit etwa 15 Minütiger Verzögerung (irgendwas funktionierte an den Fußpads nicht) erklang das Cowboy Intro und die Isländer betraten unter großem Applaus die Bühne der Schüür. Mit „Köld“, dem Titeltrack des vorletzten Albums, eröffneten Sólstafir eine musikalische Achterbahnfahrt, die ihresgleichen sucht. Von Minute eins an legte die Band eine enorme Spielfreude an den Tag. Sänger und Gitarrist Aðalbjörn Tryggvason, Dreh- und Angelpunkt der Band, kommunizierte viel und sympathisch mit dem Publikum und sorgte durch sein ständiges Spiel am Bühnenrand für noch mehr Nähe.
Im Vorfeld fragte man sich, wie die neuen Stücke denn Live umgesetzt werden, da auf „Ótta“ ja einige Klavier- und Streicherpassagen vorhanden sind. Sie wurden vom Band eingespielt und dass war auch gut so. Ohne diese Bestandteile würden die Nummern bei weitem nicht die Erhabenheit verströmen, welche Sólstafirs Schaffen so einzigartig macht. Den Beweis dafür trat sogleich „Lágnætti“ an und ließ die Kinnladen sämtlicher Anwesenden erstmal weit nach unten klappen. Meine Güte, welch Melodien das sind!
„Rismál“ dann nicht weniger gewaltig. Bei den leisen, nur gesprochenen Breaks, konnte man in der Schüür eine Stecknadel fallen hören. So etwas habe ich auf einem Metalkonzert bis dato noch nie erlebt. Ganz großes Kompliment ans Publikum an dieser Stelle. Beim Titeltrack des neuen Albums „Ótta“, schnallte sich Gitarrist Sæþór Sæþórsson tatsächlich das Banjo um, welches leider etwas zu leise abgemischt war. Egal, der Song baute seinen Spannungsbogen wunderbar auf und das Finale wurde vom kompletten Publikum mitgeschriehen. Apropos Sæþórsson, der war wieder die Coolness in Person. Nur wenige Typen können diese Cowboy-Art mit versteinerter Miene auftragen ohne lächerlich zu wirken. Irgendwie sieht er im Moment einem jungen Chuck Norris ähnlich, was die Sache noch lässiger machte.
Svavar Austman am Bass fügte sich da nahtlos ins sympathische Bild ein. Immer gefährlich dreinblickend, aber immer mit einem Augenzwinkern. Guðmundur Óli Pálmason am Schlagzeug wirkte wieder sehr entspannt war allerdings auch voll bei der Sache. Mit „Þín Orð” ging es zurück zum letzten Album bevor mit „Dagmál“ und „Náttmál“ zwei weitere Filetstücke vom neuen Album präsentiert wurden. „Svartir Sandar“ mit seinem ausufernden, von Chören hinterlegten Finale, beendete eindrucksvoll das Set. Das Quartett wurde natürlich lautstark wieder auf die Bühne geholt. Das elegische „Fjara“, dessen Melodie sich beim ersten Hören schon in der Hirnrinde fest frisst, wurde dem weiblichen Publikum gewidmet und sorgte für Gänsehaut. „Goddess of the Ages“ dann noch als abschließender Longtrack, welcher dem Luzerner Publikum dann endgültig den Rest gab. Die letzten Minuten dieses Werkes im Strobogewitter wird man so schnell nicht vergessen. Nach 1:45 Spielzeit verabschiedeten sich die Isländer und hinterließen ein rundum glückliches Publikum
Fazit:
Eindrucksvoll, bewegend, überwältigend, ganz großes Kino. Endlich konnte man Sólstafir in dem Rahmen sehen, den sie schon längst verdient haben. Eine Headlinertour mit langem Set war für diese Ausnahmeband mehr als überfällig. Die sehr guten Vorbands rundeten diesen wunderbaren Konzertabend perfekt ab. Neben den Konzerten von Cult Of Luna und Alcest wohl das Beste was es dieses Jahr zu sehen gab. Alle drei Konzerte fanden übrigens in der Schüür statt.
Setlist Sólstafir:
Köld
Lágnætti
Rismál
Ótta
Þín Orð
Dagmál
Náttmál
Svartir Sandar
—————
Fjara
Goddess of the Ages
Text + Bilder: Thomas Lang