16. Februar 2016
X-TRA – Zürich
Bands: Skunk Anansie / Bones
Spätestens seit „Hedonism“ ist Skunk Anansie auch dem letzten stoischen Autoradiohörer ein Begriff. Doch dass sich hinter den genannten britischen Alternative Rockern viel mehr versteckt, als eben nur dieser eine Hit, ist den meisten entgangen. Das Skunk Anansie seit 22 Jahren die Musikwelt immer wieder beglücken und 2016 mit „Anarchytecture“ bereits ihr sechstes Studioalbum herausgeben, hört man eben nicht aus diesem einen Song heraus. Die eingefleischten Fans wissen jedoch wo der Name der Band drauf steht, ist harter, zufriedenstellender Rock drin. So war es nicht erstaunlich, dass das X-TRA bis zum letzten Stehplatz gefüllt vorzufinden, wenn die Briten wieder mal die Schweiz mit einem ihrer legendären Liveauftritte laben.
Damit ihnen das gelingt braucht es nicht viel. Der absolute Mittelpunkt bildet seit jeher die Frontfrau Skin, die auch an diesem Abend wieder, zur Verzückung der Anwesenden, schrill die Bühne betritt und innert Millisekunden zur Höchstform auffährt. Der Geniesser weiss wo sich sein Blick in den nächsten zwei Stunden befindet, stets auf Skin gerichtet. Die Ausstrahlung ist phänomenal und die Stimme immer wieder verblüffend. Unglaublich stark und präzise bildet sie den absoluten Pol der Band. Dass daneben noch 3 weitere sehr talentierte Instrumentalisten ihr Bestes geben, rückt leider leicht in den Schatten.
Skunk Anansie hat schliesslich musikalisch so viel zu bieten, das der Fokus auf die Frontfrau schon fast ein Affront ist. Vom harten Alternative Rock bis hin zu lieblichen Rockballaden ist alles dabei und auch heute dürfen wir vom gesamten musikalischen Repertoire ein Amuse Bouche geniessen. Der Beginn ist knallhart mit „Tear The Place Up“, „I Believed in You“ und gleich einem Stage Dive von Skin. Es soll denn auch nicht der letzte gewesen sein. Das Publikum ist bereits jetzt ausser sich, während die Band mit dem abwechslungsreichen „That Sinking Feeling“ uns darauf vorbereitet mit zu grölen. Der anfängliche Schwung endet mit dem Beginn von „Because Of You“ und baut sich mitselbem gleich wieder auf.
Dazwischen immer wieder spitze Bemerkungen in derber Wortwahl. Fluchen kann es auch, dieses Organ und wie. Wenn sie über Liebe spricht lautet die Pointe „it all turns to shit“. Denn auch dafür sind Skunk Anansie bekannt. Politische Botschaften und antirassistische Texte sind nicht wegzudenken. So ist „God Loves Only You“ laut Skin gewidmet to all your gods! Etwa eine Anspielung auf all die religiös motivierten Kriege und den Terrorismus in der Welt? Mit „Death To The Lovers“ wird’s zum ersten Mal ruhig in der Halle. Eine wundervolle Ballade getragen allein von der Herrin der Arena und ihrer Art. Überhaupt ist ihre heutige Verfassung unvergleichlich. Da steht sie, springt sie, schreit sie in die Menge, leckt das Instrument des Gitarristen. Was für ein Anblick, solche Momente sind nicht mit Gold auf zu wiegen. Doch sie überbietet alles. Start zu einem erneuten Stage Dive und plötzlich – fliegt sie, steht mitten in der euphorischen Menge, getragen nur von starken Händen, hoch über dem Boden und singt „Weak“. Wahnsinn!
Der Sound wird gegen Mitte des Konzerts nochmal deutlich rockiger. Es scheint, Skin sauge die geballte Energie, welche sich im Saal befindet auf und bündelt das Ganze in ihren kraftvollen Gesang. Die Nebendarsteller auf der Bühne, überspitzt gesagt, tun es ihr gleich und lassen starke Beats und klangvolle Riffs durch den Äther fauchen. „Love Someone Else“ offenbart dies eindrucksvoll. Der Höhepunkt dieses starken Mittelteils bildet jedoch „The Skank Heads“. Einem angriffsbereiten, in Bedrängnis geratenen Tiger gleich, steht sie am Bühnenrand, den Mund zur Drohgebärde aufgerissen und rockt sich einen imaginären Weg durch den Menschendschungel. Kein Hindernis stark genug ihrem Sound Stand zu halten.
Den Anfang vom Ende bildet „Charlie Big Potato“ welches schon fast sphärisch daher kommt. Es erinnert mich daran, dass Skunk Anansie ja auch das drauf haben. Die Vielfältigkeit ist fantastisch, und dennoch einzigartig. Hin und weg verpasse ich den Abgang der Musiker von der Szene. Bin erst wieder im Hier und Jetzt als die Zugaben einsetzen.
Mit „Hedonism“ trumpfen sie ihr wohl Bekanntestes auf. Nicht ohne zu bemerken, „This ist an old song“. So frag ich mich, wie mühsam es sein muss, immer wieder auf das gleiche Glanzstück reduziert zu werden. Ob sie es nun nach Jahrzenten doch noch mit Freude spielen oder nicht, „Hedonism“ ist wundervoll, aber nicht der klassische Skunk Anansie Stil. Wer’s braucht, soll’s bekommen, ich setze meine Höhepunkte heute an mehreren anderen Stellen und bin froh, beschränken sich Skin und ihre Entourage nicht nur auf Altbekanntes, sondern spielen selbstbewusst enorm viel von ihrer neuen Scheibe. Darum sind sie doch auf Tour und es ist ein schlicht gesagt, geiles Album. Ein durch und durch musikalisch höchstgenüsslicher Konzertabend endet, so wie es sein soll extrem rockig mit „Little Baby Swastikka“. Danke, mein Blut strömt jetzt immer noch ekstatisch etwas schneller als sonst durch die Venen.
Da vergesse ich ja schon fast die Bones zu erwähnen. Ihres Zeichens Supportband auf dieser Tour, bedürfen auf diesen Seiten auch ihre Beachtung zu erhalten. Zwei energiegeladene Frauen an den Saiten, unterstützt durch starke Drums, heizen an. Die Stimme so, scheint mir, ist gewöhnungsbedürftig. Nach nur zwei Songs muss ich jedoch gestehen, eine andere dürfte es gar nicht sein. Es ist das absolute Highlight dieses kurzen aber intensiven Auftrittes. „Girls Can’t Play Guitar“ heisst einer ihrer Titel und es ist allen klar, dass hier das Gegenteil der Fall ist. Durchaus wert sich ein Ohr zwei voll von dieser Mukke zu gönnen. Schrill, eigensinnig und instrumental top.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. Tear The Place Up
2. I Believed In You
3. That Sinking Feeling
4. Because Of You
5. God Loves Only You
6. Death To The Lovers
7. In The Back Room
8. Twistet (Everyday Hurts)
9. Bullets
10. Without You
11. Weak
12. Love Someone Else
13. Beauty Is Your Curse
14. I Can Dream
15. The Skank Heads (Get Off Me)
16. Charlie Big Potato
Zugaben
17. Infidelity (Only You)
18. Hedonism (Just Because You Fell Good)
19. Little Baby Swastikka
Text: Sebastian Leiggener
Bilder: Nicole Imhof