Skindred + Raging Speedhorn + Defying Decay
Dynamo – Zürich
Montag, 4. Dezember 2023
Text: David Spring / Bilder: Berend Stettler
Es gibt nichts Besseres, als die Woche mir einer geballten Ladung Rock zu starten. Dies dachten sich augenscheinlich nicht wenige Menschen, die sich vergangenen Montag allesamt in einem kuschelig vollen Dynamo wiederfanden. Grund für den Auflauf war niemand Geringeres als die Raggapunk-Legende Skindred, die an diesem kalten Abend mit ihrer «The Smile Tour» bei uns Halt machten.
Als erstes standen allerdings die so wilden wie sympathischen Menschen von Defying Decay auf der Bühne. Die Band aus Bangkok legte brachial los und hinterliess gleich einige staunende Gesichter. Nicht nur hat es enormen Seltenheitswert, eine Metal-Band aus Thailand sehen zu dürfen, die siebenköpfige (!) Gruppe riss auch gleich alles ab. Der Sound von Defying Decay war sehr modern, druckvoll und fett. Metalcore mit nicht wenigen elektronischen Einflüssen, alles live gespielt dank gleich zwei Musikern an den Tasten. Die energiegeladene Bühnenpräsenz und sympathische Art der Band brauchten nicht lange, um dem Dynamo ordentlich einzuheizen – auch wenn sich die Band wohl andere Temperaturen gewohnt ist, standen doch alle im Pulli auf der Bühne. Als dann beim letzten Song sowohl der Sänger wie auch der Bassist mitten im Publikum standen und eine Wall of Death starteten, gab es kein Halten mehr. Was für eine wundervolle Entdeckung!
Danach wurde es um einiges brutaler und ungehaltener, denn als nächstes waren Raging Speedhorn an der Reihe. Deren brachialer Hardcore mit zwei Shoutern ging gnadenlos ab. Was hier vielleicht an Filigranität und Subtilität fehlte, wurde mit schierer, ungehaltener Energie wettgemacht. Dank Songs wie «Night Wolf», «Spitfire» oder «Motorhead» überraschte es wenig, dass in all dem wilden Geschrei und Gekeife immer mal wieder Erinnerungen an Bands wie Zeke und – logischerweise – Motörhead aufkamen. Das machte auf jeden Fall ordentlich Laune und das Dynamo drehte kollektiv am Rad, die Stimmung brodelte über. Obwohl Raging Speedhorn eine krasse Show ablieferten und die Leute gewaltig rockten, sprang der Funke bei mir persönlich nicht ganz über. Vielleicht lag es an der beachtlichen Menge an Testosteron, die auf der Bühne versprüht wurde, vielleicht fehlte aber auch einfach nur etwas die Abwechslung. Egal, denn die Leute hatten Spass und waren mehr als begeistert, ob diesem rasanten, energiegeladenen Auftritt.
Damit war es endlich soweit und zum «Imperial March» von John Williams als Intro betraten die vier Waliser die Bühne, um mit «Set Fazers» gleich volle Pulle loszulegen. Wie so üblich bei Skindred verwandelte sich der Platz vor der Bühne bereits bei den ersten Klängen in einen durchgedrehten Hexenkessel. Niemand beherrscht die Meute so sehr, wie der einzigartige Benji Webbe. Der Sänger sprang wie ein Derwisch umher, forderte uns zu durchgeknallten Mitsingspielchen auf und hatte uns von der ersten Sekunde an im Griff. Das folgende «Pressure» verlangte einem alles ab. Das vielleicht nicht ganz so spontan, dafür umso passender eingebaute «Back In Black»-Intermezzo brachte die Leute erst recht zum Jubeln. Die Band macht (-e) einfach unglaublich Laune.
Die Setlist bestand natürlich mehrheitlich aus neuen Songs der aktuellen Platte «Smile». «If I Could» war dabei beinahe poppig, eine erstklassige Rock-Hymne, die sämtliche Stärken der Band in den Vordergrund rückte, ohne sich dabei zu sehr in Gimmicks zu verlieren. Und auch die Single «L.O.V.E. (Smile Please)» kam unglaublich gut an und bewies, dass Skindred über die Jahre hin nichts an Songwriting- und Live-Qualitäten eingebüsst haben. Doch natürlich waren es die altbekannten Hits wie das fette Brett «World’s On Fire» oder das grossartige «That’s My Jam», die die Stimmung durch die Decke gehen liessen. Und natürlich liess Benji es sich auch nicht nehmen, vor dem kolossalen «Kill The Power» zu mehr Zusammenhalt und Einigkeit aufzurufen, wie nur er es kann. Nichts verbindet Menschen jedweder Couleur mehr als grossartige Musik.
Mit dem bombastischen «Gimme That Boom» war dann irgendwann das Ende erreicht, das Dynamo bereits gehörig durchgerockt. Nicht viele Bands können ein solch‘ tanz- und feierwütiges, energetisches und leidenschaftliches Publikum ihr Eigen nennen, wie Skindred. Mit «Our Religion» gab es dann eine überaus passende erste Zugabe. Und zum obligaten, abschliessenden «Warning» durfte auch der berühmt-berüchtigte Newport-Helicopter nicht fehlen – wie immer ein Fest und ein Augenschmaus. Doch damit war dann Schicht im Schacht. Benji und seine Jungs verabschiedeten sich und hinterliessen eine glücklich verschwitzte Meute.
Gäbe es Skindred nicht schon, man müsste sie erfinden. Was für eine einzigartige, grossartige Band, die live einfach immer wieder unendlich Spass macht und abgeht, wie kaum eine andere Gruppe. Für einen Montagabend konnte man sich wahrlich kaum etwas Besseres vorstellen, als mit so viel Energie aufgeputscht in die Woche starten zu können. Dank der grossartigen Vorgruppen Defying Decay und Raging Speedhorn war der gesamte Abend ein Erfolg, und den mächtigen Skindred wird noch lange niemand das Wasser reichen können. Einfach immer wieder schön.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
- Set Fazers
- Pressure
- Rat Race
- World’s On Fire
- That’s My Jam
- State Of Emergency
- L.O.V.E. (Smile Please)
- If I Could
- Kill The Power
- Life That’s Free
- Nobody
- Gimme That Boom
Zugaben:
- Our Religion
- Warning