18. Oktober 2017
Samsung Hall – Dübendorf
Bands: Sigur Rós
Mann, hab ich mich gefreut, endlich wieder Sigur Rós live zu sehen. Ich erinnere mich gerne an das Southside Festival 2013 zurück, als die Band noch mit kleinem Orchester unterwegs war. Dieses Konzert war das allerbeste, welches ich je sehen durfte, obwohl ich durchgehend geweint habe. Deshalb war ich umso mehr gespannt, ob sie mich dieses Mal genauso packen würden, denn letztes Jahr am Zürich Openair war das Konzert eher enttäuschend – nicht wegen der Band, sondern wegen des lauten Publikums.
Zum ersten Mal war ich auf dem Weg zur Samsung Hall. Der Sound soll erstklassig sein, obwohl ich immer im Hinterkopf habe, dass sich der ICF sehr lange eingemietet hat: Gehen die da auch an Konzerte? Wohl weniger, denn mit Ticketpreisen von 70.- an der Abendkasse übersteigt dies wohl manches Budget.
Dafür pünktlich kamen die drei Isländer auf die Bühne und die Halle war dunkel, stockdunkel. Eine unheimliche Stille herrschte und Jonsi strich seinen Geigenbogen über die mit Reverb geschaltete Gitarre. Die Visuals begleiteten diesen musikalischen Zauber, der gerade entstand. Jeder Ton war richtig platziert, nichts war schief, schon fast playbackartig. Playback ist gerade das richtige Stichwort, denn Sigur Rós verwendeten sehr oft Samples. Verständlich, denn zu dritt ist es schwierig, diese grosse Spanne an Tönen zu erreichen. Doch sowas nimmt man ihnen nicht übel, schliesslich strotzt ihre Musik nur so vor Melancholie. Die Band beendete ihr erstes Set mit wunderschönen Song „Varða“.
Dass die Teilung des Konzertes bei manchen für Unmut sorgte, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Bei Sigur Rós darf man, nein man muss sich schon fast Zeit nehmen, um diese Musik zu verarbeiten. Der typische Konzertbesucher beginnt sich nach 40 Minuten zu langweilen, muss auf die Toilette oder holt sich zum dritten Mal ein Bier. Und genau hier machten Sigur Rós einen Strich, zur richtigen Zeit. Später realisierte ich, dass einige bereits die Halle verlassen hatten, da sie dachten, dass Konzert sei vorbei – Informationen vor Ort suchte man vergeblich.
Das zweite Set begann mit „Óveður“ deutlich härter und aggressiver und beinhaltete deutlich mehr elektronische Elemente. Song für Song konnte man beobachten, wie sich die Emotionen bei Jonsi anstauten und er am Schluss komplett explodierte und die halbe Bühne zerlegte. Er schmiss die Verstärker um, tanzte auf der Bühne und behandelte den Mikrofonständer, als wäre es sein Erzfeind. Da ging gerade total der Punk ab.
Sigur Rós ist keine Band, die sich auf der Bühne bewegt, doch die meisten haben sowieso die Augen geschlossen. Sigur Rós ist auch keine Band, die mit dem Publikum agiert. Nicht ein Wort wurde an die Besuchern gerichtet, doch das ist in meinen Augen in Ordnung. Würde ich zwischen jedem Song unterhalten werden wollen, dann würde ich ein klassisches Rockkonzert besuchen. Am Ende wurde „takk“ auf die Leinwand projiziert, was „Danke“ bedeutet – und das genügte vollkommen.
Die Musik von Sigur Rós ist etwas Einzigartiges und bleibt uns hoffentlich noch lange Zeit erhalten.
Text: Nik Petronijevic