Datum: 7. Dezember 2014
Ort: Schüür – Luzern
Bands: Seether / Prana
Sonntag, der 7. Dezember – ein kalter und ungemütlicher Tag. Eigentlich ein Tag, welchen man normalerweise lieber im kuscheligen Bett verbringt. Nicht so dieser 7. Dezember, denn in Luzern lockt eine wahnsinns musikalische Versuchung!
Die südafrikanische Post-Grunge Band Seether präsentierte ihr neustes Werk „Isolate and Medicate“ vor dem Publikum der Luzerner „Schüür“. Im Gepäck der dreiköpfigen Band befanden sich tolle Songs wie beispielsweise die Single-Auskopplung „Words As Weapons“ welche mich schon beim ersten reinhören gepackt hat.
Die Band hat bereits eine beachtliche Laufbahn hinter sich. Mit dem Song „Broken“, welchen sie vor zehn Jahren zusammen mit Amy Lee von Evanescence aufnahmen, erzielten sie den endgültigen Durchbruch. Von dort an folgten Top-Ten-Chartplatzierungen sowie Platin-Erfolge in den USA. Mittlerweile gehören sie zu den erfolgreichsten Bands der Alternative-Rock-Szene.
Mit diesen Daten im Hinterkopf und dem Wissen, wie wahnsinnig gut ihre Musik klingt, begab ich mich ohne auch nur einen Moment lang zu zögern nach Luzern, um dort die geniale Band live zu erleben.
Den Anfang des Abends bestritten die zwei Jungs und die blondhaarige Frontfrau der aus Moskau stammenden Band Prana. Bereits aus dem Outfit, bestehend aus zerrissenen, verwaschenen Bluejeans, einem Tanktop und der im „Vintage-Look“ gezeichneten Gitarre, liess sich bei der Frontfrau die enorme Ähnlichkeit zur verstorbenen Grunge-Legende Kurt Cobain kaum abstreiten. Prana selbst beschreiben ihre Musik als einen „musikalischen Cocktail aus verzerrtem Grunge und leistungsstarkem Alternative-Rock, der die klassischen Beispiele des 1990er Seattle-Sounds wiederbeleben soll“.
Von diesem leistungsstarken Sound liess sich das Publikum jedoch nicht wirklich überzeugen. Zwischen der Frontrow und dem hinteren Teil der Location klaffte ein breites Loch, fast so als trauten sich die hinteren Zuschauer nicht näher an die energiegeladene Frontfrau, die zwischenzeitlich ihr meist eher unsauber ausgeführtes Gitarrensolo in eine kleine Akrobatik-Nummer verwandelte und die Zuschauer kurzerhand mit einer Wasserdusche bespritzte.
Mir hat der Sound jedoch sehr gut gefallen, so gut, dass ich mir gleich nach der Show das erste Album der Band zulegte. Einziger Kritikpunkt: Die Songs der Band klingen alle recht ähnlich und die nahtlosen Übergange zwischen den einzelnen Stücken lassen den Auftritt beinahe wie ein einzelner, langer Song wirken. Nach ca. 30 Minuten ist auch schon Schluss mit Prana und die Band verliess die Bühne unter eher mitleidserregendem Applaus.
Nachdem die Bühne endlich für den Auftritt von Seether bereit gemacht wurde, betraten Bassist und Background-Sänger Dale Stewart, Drummer John Humphrey, Sänger Shaun Morgan sowie deren neuer Tourgitarrist Bryan Wickmann unter gebührendem Jubel die Bühne. Letzterer ist es übrigens auch, welcher das Albumcover der neuen Scheibe sowie die Fanmerchandise der Band gestaltet.
Der recht deftige Auftakt der Show machten Songs wie „Gasoline“ und „Needles“. In den folgenden gut anderthalb Stunden, die ohne Zugabe auskamen, spielten sich die Jungs durch weitgehend härteres, altes Songmaterial. Einzig die beiden Stücke “See you at the Bottom” und “Words As Weapons” wurde den Fans aus dem neuen Album präsentiert. Allen voran Shaun Morgan machte deutlich, dass er nicht nur sowohl das melancholische als auch ruppige Gitarrenspiel beherrscht, sondern ebenso auch seine Stimme (ähnlich der von Kurt Cobain oder Eddie Vedder) mehr als gekonnt einsetzen kann.
Dass er kein Freund von langen Reden und dem ständigen Blickkontakt zum Publikum ist, ist mehr als bekannt. Jedoch konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen, als ihn einige Fans während den Songs kurzerhand mit Seifenblasen eindeckten. Die Stimmung im Dachstock der Schüür war dennoch nicht gerade bombastisch. Einzig die Wärme der Anwesenden Menschen auf eher kleinem Raum verteilt, sorgte während des Konzertes für echtes Schwitzen.
Als der Song „Broken“, wohl der bekannteste Seether-Song angespielt wurde, entwickelte sich für kurze Zeit eine nachdenkliche und melancholische Stimmung im Raum und auch das Publikum versuchte den Sänger so gut es ging stimmlich zu unterstützen. Songs wie „My Disaster“ und „Country Song“ folgten.
Scheinbar schien die eher trostlose Stimmung selbst an dem Tourgitarristen Brian Wickmann nicht spurlos vorbei zu gehen. Mit einer gekonnten Parodie des Songs „Walk“ von Pantera versuchte er sein Bestes, um die Stimmung die momentan immer noch im Keller verweilte, zumindest um eine Etage höher zu befördern. Kurzfristig schien es, als ob dieser Versuch tatsächlich seinen Nutzen erwies. Wie gesagt, leider wirklich nur kurzfristig…
Nach „Fake it“ folgte ein geniales Cover des Nirvana-Klassikers „Heart Shaped Box“. Besser hätte man den Song gar nicht spielen können, es sein denn, man wäre Kurt Cobain, Dave Grohl oder Krist Novoselić persönlich. Ein weiterer unerwarteter Moment bot das Schlagzeugsolo von John Humphrey. Was anfänglich nicht wirklich spektakulär aussah verwandelte sich in ein wahres Highlight: Der 44-jährige bearbeitete seine Trommeln und Becken gekonnt mit blossen Händen, als hätte er Bongos oder dergleichen vor sich- einfach nur klasse!
Den krönenden Abschluss machten die Songs „F*** It“ und zu guter Letzt der Klassiker „Remedy“, bei welchen der Bass nochmals gehörig im Magen wummerte und der Gitarrensound durch die Ohren dröhnte. Nach dem Verteilen von Gitarren und Bass Plektren sowie den Drumsticks verabschiedeten sich Seether unter (verglichen mit dem des gesamten Abends) ziemlich lautem Beifall von ihren Zuschauern und Fans.
Für mich war der Abend jedoch trotz allem sehr gelungen, die Setlist war spitze und die zwischenzeitlichen Überraschungen sorgten allemal für Staunen und gute Laune. Seether sind wirklich jedem Grunge- und Alternative-Rock-Liebhaber zu empfehlen, denn die Jungs verstehen ihr Handwerk ohne Zweifel bestens.
Alles in allem ein schöner Abend, der mit ein wenig mehr Initiative seitens des Publikums noch einen Ticken besser hätte sein können.
Setlist:
Gasoline
Needles
Rise Above This
See You at the Bottom
Fine Again
Broken
My Disaster
Words as Weapons
Country Song
Tonight
Fake It
Heart Shaped Box
Fuckt It
Remedy
Text + Bilder: Andrea Germann