30. März 2016
Hafenkneipe – Zürich
Bands: Sam Alone & The Gravediggers
Normalerweise würden bei mir in einer ähnlichen Situation alle Alarmglocken läuten. Der Konzertsaal eine regelrechte Spelunke, der Türsteher schon ein bisschen „gfürchig“, kennt jeden der ein- und ausgeht. Die Meute in der Bar bis auf den Letzten vom gleichen Schlag und ebenfalls alle untereinander verbandelt und vertraut, mustern mich eindringlich. Ich bin wohl ungewohnt hier.
Ja normalerweise würde ich jetzt wohl auf dem Fusse kehrt machen. Doch ich hab nun mal was für kleine Spelunken übrig. Zudem ist die Atmosphäre in diesem Lokal namens Hafenkneipe in Zürich zu familiär und die Getränkeauswahl in der liebevoll dekorierten Bar unglaublich vielfältig wie alkoholhaltig und inmitten der Gesellschaft, an einem Tisch, sitzt bereits die heutige Band Sam Alone und seine Gravediggers. Vor dem Konzert bereits den Kontakt zum Publikum suchen und das wirklich ganz aufrichtig, sehr sympathisch. So stelle ich mich also doch an die Bar, bestelle einen Whiskey und warte auf Sam Alone & The Gravediggers. Versprochen wurde mir Modern Folk-Rock und das von einer Band mit einem Frontmann der ansonsten mit der Hardcoreband „Devil In Me“ auf der Bühne steht. Ich bin also sehr gespannt, als die Bandmitglieder gemütlich vom Stammtisch aufstehen und ihre Instrumente hervornehmen.
Sogleich geht’s denn auch hart los in der Hafenkneipe. Der Folk, der fehlt gänzlich zu Beginn des Konzerts. Dafür legt sich der Rock in einem Sekundenbruchteil über die gesamte Zuhörerschaft, die sogleich kräftig die Balken in der engen Kneipe biegen lässt. Eins ist klar, Musiker und Publikum verstehen sich an diesem Abend. Dies ist neben dem heimeligen Ambiente sicherlich vor allem dem Frontmann Sam zu verdanken, der immer wieder kumpelhaft mit den Gästen plaudert und spässelt. Klar, es ist auch sein Schlag Leute hier. Die Working Class Heroes, ja zu denen zählen sie sich alle. Brothers and Sisters, Lovers and Believers, Dreamers and Renegades, those are my Heroes, spricht er und rockt gleich weiter. Singt, und das muss man sagen, mit einer wunderbaren klaren und von einem prächtig dunklen Ton getragenen Stimme, die für deftigen Rock genauso geeignet ist wie um Kinder in den Schlaf zu wiegen. Ein Pluspunkt. Wenn doch nun auch der versprochene Folk noch zum Zuge kommen würde, ich wäre zufrieden.
Tatsächlich wird die Elektro- dann zwischendurch auch mal gegen eine Akustikgitarre ausgetauscht und so komme ich doch in den Genuss von gemächlicherem Folk-Rock. Richtige Höhepunkte dabei sind jedoch rar, das ganz Spezielle fehlt. Na gut, eine spitze gelungene Interpretation von „Man’s World“ verzückt mich. Dazwischen das eine oder andere instrumentale Intermezzo ist faszinierend. Alles zusammengefasst bleibt’s aber ein Abend der eigentlich dem Rock und dem harten Leben des einfachen Mannes gewidmet ist. Sam Alone & The Gravediggers treffen damit die Seele und somit das erhoffte Ziel der Anwesenden.
So genehmige ich mir einen weiteren Single Malt und sehe wie zufrieden das Publikum und die Musiker einander geniessen. Ja es sind angenehme Stunden, zwischen Feierabend und dem erschöpften Zubettgehen, die sich der Working Class Hero leistet. Ich muss zugeben, das Lokal passt, die Musik stimmt, ganz nach dem Motto Rock’n’Roll, Friends and Beer hat sich hier getroffen was zusammen gehört. Solide Rockmusik mit dezenten Akzenten. Ein überzeugender Frontmann dessen Herzblut, so ist es zu spüren, in dieses Projekt eingeflossen ist. Die perfekte Zusammensetzung für einen Mittwochabend in der Stammkneipe. So könnte ich mir jede Woche einen Abend wie diesen vorstellen, wär’s denn auch in meiner Kneipe auf der gegenüberligenden Strassenseite. Meilenweit würde ich für Sam Alone & The Gravediggers nun aber nicht mehr gehen.
Setlist [Quelle: Band selbst]
- Gardens Of Death
- Shine
- Gallow
- Deathproof
- Guillotine
- Believers And Renegades
- Little World
- Another Mile
- Man’s World
- Yitd
- Restless
- Waymore’s Blues
Zugaben - Warm
- Tougher Than Leather
Text: Sebastian Leiggener
https://www.youtube.com/watch?v=eGsygRWHTjk