rockthelakes.ch
Blackbriar + Blind Guardian + Epica + Gloryhammer + King Zebra + Kissin‘ Dynamite + U.D.O.
Champs Devant – Vallamand
Sonntag, 20. August 2023
Text / Bilder: David Spring
Schlimm, wie schnell die Zeit immer vergeht. Da lässt man es sich ein paar Tage so richtig gut gehen, geniesst tolle, laute Musik zusammen mit Tausenden coolen Leuten auf einem unmenschlich heissen Feld, dazu kühle Getränke, leckeres Essen, tolle Vibes – alles ist gut. Und dann auf einmal ist schon wieder Sonntag-Morgen und man weiss, bald ist alles wieder vorbei. Doch bevor zu viel Wehmut und der schreckliche After-Festival-Blues allzu sehr Überhand nehmen, geht es zum Glück erst ja nochmals in die letzte Runde, denn auch der Sonntag versprach das Rock The Lakes Festival in Vallamand wild und laut zu werden.
Auch wenn die Sonne immer noch unentwegt vom Himmel brannte und sich der eine oder andere Sonnenbrand auf den Körpern der Leute abzeichnete, so war keine Spur von Schlappmachen in der Luft. Die Stimmung war entspannt und voller Vorfreude auf einen weiteren schönen Festival-Tag. Das Programm stand heute ganz im Zeichen des Hair Metals und Classic Rock’n’Rolls, Genres also, die im Vergleich zu letztem Jahr etwas weniger vertreten waren. Den Auftakt machten passenderweise King Zebra aus Zürich. Die junge Band um den legendären Ex-China-Sänger Eric St. Michaels heizte gleich ordentlich ein, ihr fetter, gutgelaunter Hard Rock passte als etwas gemächlicheren Start in den Tag perfekt. Mit toller Attitüde, fetten Riffs und ordentlich Spielfreude eröffneten sie den Tag perfekt.
Als nächstes waren Blackbriar aus den Niederlanden an der Reihe. Der heftige Symphonic Metal mit grossartiger Stimme hätte thematisch zwar eigentlich am Vortag besser gepasst, doch der abwechslungsreiche Sound, die beeindruckende Musikalität und epischen Songs überzeugten auch heute. Das Rock The Lakes-Booking-Team bewies ein vorzügliches Händchen, um noch nicht ganz so bekannte Gruppen zu finden, die dieses Jahr wirklich allesamt zu überzeugen vermochten. Danach aber gab es endlich richtigen Hair Metal in Form von Kissin’ Dynamite. Sänger Hannes Braun überzeugte nicht nur mit der wallendsten Mähne des Festivals, sondern auch mit einer vorzüglichen Stimme, die an sämtliche Grössen des Genres erinnerte. Voller Energie, extravagantem Pomp, fetten Riffs und glorreichen Gitarrensolos zogen die Fünf eine herrliche Show ab. Die Band wirkte äusserst charmant und gutgelaunt, so sehr so, dass man ihnen nicht einmal böse sein konnte, dass gefühlt jedes Lied nur von dem einen handelte.
Nach dieser glorreichen Darbietung war es nun wieder Zeit, für etwas Fantasy und Mystik. Passenderweise waren als nächstes Gloryhammer an der Reihe. Der glorreiche Power Metal wurde von den kostümierten Musikern hervorragend unterstrichen, spätestens als ein grün verkleideter Troll die Bühne enterte und den Sänger mit einem riesigen Hammer attackierte, war das Lachen gross. Die Band machte unglaublich Spass und brachte massig Bewegung auf. Unfassbar, was für eine Party da trotz der Hitze auf und vor der Bühne abging. Hochkarätig ging es weiter mit U.D.O. Ja genau, DER Udo Dirkschneider. Das legendäre Metal-Urgestein, den wohl so viele als Gründungsmitglied von Accept wie auch durch sein Solo-Schaffen kennen, rockte mit über 70 Jahren auf dem Buckel wie kein anderer. Böse Zungen könnten vielleicht behaupten, dass es den Songs des guten Herrn etwas an Abwechslung mangelte. Aber sind wir ehrlich, mit einer solch illustren Karriere muss er niemandem etwas beweisen. Das ging einfach nur geil ab – balls to the wall quasi.
Ja und damit kamen wir langsam, aber sicher dem Ende entgegen. An dieser Stelle aber erst nochmals ein grosses Lob an die Organisation. Es gibt wirklich nicht viel, worüber man meckern konnte. Das Essensangebot hätte vielleicht noch einen zeitgemässen veganen Stand vertragen können und nach der viel gelobten Sauberkeit des Areals letztes Jahr schien es heuer, dass der eine oder andere Mülleimer mehr auch keine schlechte Idee gewesen wäre. Aber damit hat es sich schon. Das Gelände ist spitze, das LineUp fantastisch, der Zeltplatz und die gesamte Infrastruktur sind mehr als adäquat und das ganze Drumherum wahrlich erstklassig. Auch der Umbau zwischen den Bands passierte absolut reibungslos und es kam zu keinerlei Verspätungen. Da gibt es für alle Beteiligten nichts als zwei grosse Daumen nach oben.
Als zweitletzte Band des Open Airs standen Epica an der Reihe. Selten hat eine Band ihren Namen so passend gewählt wie sie, denn der Auftritt war nichts anderes als episch. Schon nur die Bühnenshow liess sich sehen, zwei feuerspuckende Metallschlangen zierten die Szene, dazu kamen haufenweise Pyros und CO2-Fontänen, ein mobiles und drehbares Keyboard und, am allerwichtigsten, eine bestens gelaunte Band. Der harsche, gutturale Gesang von Gitarrist Mark Jansen unterstrich die Melodic Death Metal-Seite der Band, während Sängerin Simone Simons den opernhaften Symphonic Metal Aspekt bediente. Zusammen ergab das eine unglaublich geile Mischung, die vorzüglich zum Abschluss des Festivals passte. Wahrlich ein fantastischer Auftritt, den auch das Publikum mit unerbittlichen Mosh- und Circlepits feierte und nochmals komplett durchdrehte.
Doch damit war noch nicht Schluss, denn es fehlte noch der heutige Headliner: Blind Guardian! Die legten gleich mit dem epischen Power-Metal-Prog-Fest «Imaginations From the Other Side» los und zeigten uns nochmals, wo der Hammer hängt. Es folgte eine fulminante, energiegeladene Show, die das Rock The Lakes würdig zu Ende führte. Sänger Hansi Kürsch überzeugte mit seiner faszinierenden Stimme, toller Präsenz und natürlich seinen ausufernden, an die Grenze des Zumutbaren reichenden Ansagen. Irgendwann merkte er sogar selbst, dass er etwas viel quatscht, denn augenscheinlich lief der Band bereits in der Hälfte des Sets die Zeit davon. Blind Guardian sind dann am besten, wenn sie voll abgehen und epische Songs wie «The Script For My Requiem» oder das grossartige «Mirror Mirror» zum Besten geben. Das letzte Lied hätte demnach auch nicht besser passen können, denn mit «Valhalla» wurde Valhallamand ein letztes Mal so richtig durchgerockt – was für ein Schluss, was für eine Band und was für ein wundervolles Festival.
Und damit war alles zu Ende. Rock The Lakes 2023 war ein voller Erfolg. Für ein Festival, das erst zum zweiten Mal stattfand, stimmte wirklich alles und man darf gespannt sein, wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird. Mit Behemoth und In Extremo stehen neben einigen anderen Bands bereits schon zwei Headliner für die nächstjährige Ausgabe fest, somit ist also eines schon klar: Valhallamand 2024 wird erneut heiss werden! Wir sagen danke für ein wundervolles Open Air und freuen uns auf nächstes Jahr!