Datum: 4. November 2015
Ort: Z7 – Pratteln
Bands: Riverside / The Sixxis
/ Lion Shepherd
26 Jahre nach dem Mauerfall richten wir den Blick nach Osten und stellen erfreut fest, dass sich neben Polka und Kosakenchören eine respektable Musikszene entwickelt hat und besonders aus Polen kommen spannende Projekte und Bands, die problemlos mit den ehemaligen westlichen Vorherrschern neuzeitlicher Musikkultur mithalten können.
Eine dieser Bands trägt den vielversprechenden Namen Lion Shepherd, die einen lange herbeigesehnten Abend eröffneten. Zugegeben, Sänger Kamil Haidar sah schon ein wenig orientalisch aus und tatsächlich liess sich eine musikalische Verbindung zum entsprechenden Kulturkreis nicht von der Hand weisen. Eine polnische Band mit arabischen Klängen? Naja, warum nicht und vielleicht klingt das ja ganz passabel?
In der Tat konnten Lion Shepherdvon A bis Z überzeugen und lieferten einen beeindruckenden Auftritt ab. Zwischendurch drohte der Gesang ein wenig monoton zu werden, doch dieses Manko machte Gitarrist Mateusz Owczarek problemlos wieder wett, welcher der Band nicht nur optisch Würze gab, sondern auch als guter Instrumentalist brillierte. Bedenklich war allerdings die Lautstärke, mit der die Polen auftraten, denn erfahrungsgemäss wird es beim Hauptact noch lauter und es standen ganze drei Bands in den Startlöchern.
Was soll man sagen? Es wurde tatsächlich lauter. Aber nicht beim Headliner sondern schon bei der zweiten Band des Abends. The Sixxies können auf einen durchaus guten Ruf als kraftvolle und gitarrenlastige Rockband verweisen. Leider nutzte den US-Amerikanern der gute Ruf herzlich wenig, denn auch wenn die musikalische Qualität wahrscheinlich beachtenswert war, wurde diese durch den wirklich unterirdischen Sound zunichte gemacht. Der Auftritt machte so absolut keinen Spass und die Reaktion des Publikums war entsprechend bescheiden. Verdient haben das die Jungs um Frontmann Vladdy Iskhakov definitiv nicht und es bleibt zu hoffen, dass der Mischer sein Fett abgekriegt hatte.
Riverside können auf durchaus interessante 14 Jahre Bandgeschichte zurückblicken, in der sie kontinuierlich gutes Material abliefern konnten. Mit dem neuen Album „Love, Fear And The Time Machine“ sind sie zwar deutlich ruhiger unterwegs als bei der Vorgängerscheibe, aber die Qualität des Songmaterials bleibt gewohnt hoch. Zugegeben, man braucht vielleicht ein wenig länger um Zugang zu den neuen Songs zu finden. Hat man dies erst mal geschafft, eröffnet sich ein Album das natürlich neugierig auf einen Gig macht. Sah man auf der letzten Tour der Polen eher ein schwach besuchtes Z7, konnte man eine deutliche Veränderung wahrnehmen. Das neue Album scheint durchwegs gut anzukommen, denn das Z7 war zwar nicht voll, aber dennoch sehr gut besucht.
Spannend hingegen war, dass trotz der gewachsenen Zuschauerzahlen, die typisch schweizerische Zurückhaltung nach wie vor präsent war, als die Band die Bühne betrat und gleich mit dem ersten Song „Lost“ des neuen Albums den Abend begann. Der Jubel hielt sich leider in Grenzen. Egal – Immerhin regelte man die Lautstärke auf ein gut verträgliches Niveau und die Soundqualität war wirklich gut, was vor allem den neuen Songs zu Gute kam.
Riverside greifen auf unterschiedliche Stilrichtungen zurück und geben ihnen dennoch ihre persönliche Note. So können Passagen nach Simple Minds erinnern und eben doch nach Riverside klingen. So finden 80er Pop-Elemente, klassischer 80 Prog-Rock und Metal problemlos Platz im Riverside-Setup. Alles in allem eine gesunde und gefällige Mischung, die wohl immer mehr Anhänger gewinnen wird.
Dass Frontmann Mariusz Duda nicht der Elite-Entertainer ist, ist nichts Neues und dennoch gab er sich sichtlich Mühe, das Publikum zu motivieren. Letztendlich waren es aber nicht des Sängers Unterhaltungs-Fähigkeiten, sondern eher das musikalische Vermögen von Riverside, die einmal mehr ein gutes Konzert ablieferten. Mit fortlaufender Konzertdauer erwachte dann auch das Publikum und die anfängliche Zurückhaltung wechselte zur wachsenden Begeisterung.
Die Idee, das Publikum mit rhythmischen Klatschen zur Aktion zu bewegen, ist ja nicht so neu, hat aber immer gute Wirkung. Naja, zumindest wenn man bei einem einfach zu verstehenden 4/4 Takt mitklatschen soll, wobei viele schon damit überfordert sind. Duda versuchte dies aber bei einem zwischen 9/8 und 10/8 abwechselndem Rhythmus, was zur Folge hatte, dass keiner im Publikum den Durchblick hatte und lustigerweise sogar die Band ein wenig zögerlich in die Gänge kam. Das Set von Riverside war gut gewählt und mit den Zugaben kamen sie auf eine Konzertdauer von gut zwei Stunden, wovon sich jede Minute gelohnt hatte.
Fazit: Das polnische Exportgut No. 1 behauptete sich einmal mehr im internationalen Musikgeschäft und wird auch zukünftig problemlos mit anderen Grössen der Szene mithalten.
Setlist:
1. Lost
2. Feel Like Falling
3. Hyperactive
4. Conceiving You
5. 02 Panic Room
6. Under The Pillow
7. The Depth Of Self-Delusion
8. Saturate Me
9. We Got Used To Us
10. Discard Your Fear
11. Escalator Shrine
Zugabe
12. The Same River
13. Found
Text: Daniel Baratte
Bilder: Kathrin Hirzel