8. Dezember 2018
KIFF -Aarau
Bands: Revocation / Archspire / Soreption / Rivers Of Nihil
Tatort KIFF, Aarau.
19:00, Einlass. Erstaunlich viele Leute stehen bereits in der Schlange und warten auf das wohlig warme Innenleben des KIFF. Kann man verstehen, es ist windet eiskalt von Westen her. Vielleicht ist es aber auch die Vorfreude auf das heutige Tech-Death-Paket das manch einen wohl aus den Socken hauen wird. Foyer oder Saal? Aneinander Quetschen oder gemütlich im Raum stehen? Letzteres ist der Fall und das verdient. Die Massen drängen mehr und mehr Richtung Saal. Die Merchandise-Hüter stehen gewappnet bereit, es kann los gehen.
Rivers Of Nihil
Einen besseren Einstieg in ein Konzert habe ich bis heute selten erlebt. Rivers Of Nihil starten mit «The Silent Life», einem der vielen Kracher auf dem neuen Longplayer „Where Owls Know My Name“. Rumms, mitten in die Fresse. Geil. Das Publikum wird richtiggehend elektrisiert, Sofort ist die Stimmung da, es braucht kein Vorglühen. Das schafft ein Opener selten in diesem Ausmass. Schon im Vorfeld wurde rege diskutiert, weshalb man Rivers Of Nihil erneut mit dem ersten Slot der EU-Tour ausgestattet hat. Das neue Album ist bei vielen eines der Alben oder gar DAS Album des Jahres 2018. Zu dem spielen sie Live wirklich jedes Mal gross auf. Nun, die Agentur wird sich schon was überlegt haben, leider!
Nun gut, weiter geht’s mit „Sand Baptism“ von „Monarchy“, ein technisch etwas komplexeres Stück als das zuvor. Die Menge ist warm, es wird die Matte geschüttelt und fleissig die Hände gen Himmel gereckt. Das Fotografieren fällt mir schwer, der Drang den Kopf zu bewegen ist omnipräsent. Mit „Death Is Real“ und „A Home“ geht die Reise mit dem neuen Album weiter, um leider viel zu früh mit „Soil & Seed“ zu enden. Was?! Vorbei?! Nein! Fast wehmütig schlendere ich zum Merchstand und schnappe mir ein Band Shirt, gratuliere der Band und verschwinde mit einem weinenden und lachenden Auge nach draussen.
Soreption
Ein Berg. Aus Fleisch. Ein Gigant. Ein Ungetüm. Der Sänger der Schweden von Soreption ist in der Tat eine wahrlich beeindruckende Erscheinung. Beinahe wie ein Wikinger der zu viel Spanferkel gemampft hat. Und stimmlich? Eine Urgewalt? Rest der Band? Knüppelhart. Erstmals wird der heftigste Tech Death Prügel ausgepackt. Das Schlagzeug reisst alles nieder, die Gitarren surren und knurren. Und unser Gigant growlt sich die Seele aus dem Leib. Haare fliegen in alle Richtungen, es kommt viel Bewegung in die Bude. Soreption vermischen modernen Tech-Death clever mit Oldschool-Death-Metal. Schweden zeigt sich wieder mal als Heimatland des Death Metal. In ansprechender Manier.
Ausser die Snare. Ich weiss nicht was der Tontechniker gefressen hat, es tut einfach nur weh. Die Gitarren verschwinden regelrecht bei jedem Knall. Und davon gibt es bei Soreption wahrlich viele. Schade. Die Band zeigt wirklich eine solide Leistung, etwas monoton vielleicht, aber durchaus packend. Auf Platte klingt das Ganze noch eine Spur druckvoller. Hör ich mir gerne wieder an. Nach diesem Nackenschlag verabschiede ich mich erneut und erwarte nun sehr gespannt auf den Auftritt der nächsten Band.
Archspire
Technisch wird gleich eine rechte Schippe draufgelegt. Das Tempo ist atemberaubend, die Tempiwechsel ebenso. Wau, das können nur Kanadier sein. Seit Quo Vadis wahrlich eine der stärksten Exporte aus dem Land des Ahorns. Der Saal ist nun gestopft voll. Man hat das Gefühl, dass viele Anwesende nur für Archspire gekommen sind. Die Band wird abgefeiert was das Zeug hält. Und das zu Recht. Keine Unsauberkeiten, musikalisch und technisch ist das höchstes Niveau. Es gibt viele Bands im Tech-Death-Sektor, aber Archspire das Wasser zu reichen gelingt kaum einer anderen Gruppierung. Keine passende Musik für den Nacken, jedoch genau die Richtige für das aufmerksame Ohr. Es gibt viele Details zu entdecken. Dahinschweben, Bewegen, Still stehen, Augen schliessen, Weg treiben, Eskalieren. Dieses Wechselbad führt bei mir beinahe zu einer Überforderung. Das ist echt krank. Aber im positiven Sinne. Und was für Sympathieträger. Es wird mit dem Publikum gescherzt, animiert und interagiert.
Die Band hätte sich auch locker eine eigene Headliner Tour verdient. Mir schwirrt nach dem Auftritt regelrecht der Kopf, Zeit für ein kühles Blondes. Danke dem jungen Herrn an der KIFF-Bar für die spontane, kleine Erfrischung. So, three done one to go. Let’s do this.
Revocation
Mit Tech-Death meets Thrash Metal endet der Abend. Revocation, seit 2000 bereits unterwegs, zeigen einen eher gemässigten Auftritt. Nach dem vorangegangenen Gewusel eine wohltuende Abkühlung. Der Dampfhammer wird öfters geschwungen, der Kopf darf und kann wieder mit wippen, ohne das gleich die totale Panik ausbricht. Das Ensemble wird von den Riffs und der Stimme von David Davidson getragen, dem einzig verbliebenen Gründungsmitglied. Der Big Player zeigt an diesem Abend meistens seine grosse Klasse. Zwischendurch hat man aber irgendwie das Gefühl, das die Band ein wenig lustlos agiert. Tut der Stimmung im Publikum nicht weh, vereinzelte Personen haben jedoch früh genug und verabschieden sich still und heimlich aus der Halle. Nach dem Archspire so gross und komplex aufgespielt hat kann man das auch nachvollziehen. Revocation spielen ihr Set wirklich gut runter, mein Funke ist aber nach etwas mehr als einer Dreiviertelstunde erloschen. Ich bewege mich vor das Mischpult und konsumiere den Rest des Geschehens aus der Ferne. Am Schluss wird brav geklatscht, mehr jedoch nicht. Headliner würdig? Ja. Überzeugen? Jein.
Alles in Allem jedoch ein grossartiger Abend für Fans des teschnischen Death Metals. Jeder Besucher wurde bei einer der vier Bands mit Sicherheit voll im Nerv getroffen. Dafür ein Chapeau an die Booking Agency. Erschöpft steige ich ins vierrädrige Vehikel und lehne mich bei einer Runde Rivers Of Nihil zurück. Und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen mit den Bands.
Text: Gianluca Teofani