10. Februar 2019
KIFF – Aarau
Bands: Psycroptic / Aversions Crown / Within Destruction / Hadal Maw / Hollow World
Tatort KIFF, Aarau.
Die Muskeln spannen, der Nacken knackt, der Schädel brummt immer noch leicht. 12 Stunden nach dem ich den Saal des KIFF verlassen habe stehe ich bereits wieder vor dessen Eingang. «Wieso tu ich mir das an? Was soll das? Geh nach Hause du Depp!» keift es aus dem hintersten Winkel meines Schädels. Ich murmle leicht genervt zurück: «Muss das jetzt wirklich sein?! Halt einfach deine Klappe und schau dir das Lineup auf dem Flyer an…!». Und wahrlich, so schnell die Stimme auch erklungen ist, so schnell verhallt sie wieder.
Mit Psycroptic und Aversions Crown stehen an diesem Abend 2 richtige Grössen des derben Death Metal auf der Bühne. Im Rucksack haben sie zu dem noch Within Destruction, Hadal Maw und Hollow World eingepackt. Nun denn, auf geht’s. Die Aussiefraktion mit einer Prise Slowenien wartet. Raus aus dem Regen und rein in die gute Stube. Ich bin wieder zu Hause.
Hollow World
Der 5er aus Melbourne darf als Erstes die Keule schwingen. Musikalisch bewegt man sich im Oldschool Melodic Death Bereich mit Ausflügen in technischere Gefilde. Und das machen sie wirklich gut. Umso schöner zu sehen, das sich bereits um diese Zeit schon viele Konzertgänger eingefunden haben. Die Band zeigt eine sauberen Auftritt, gibt sich sichtlich mühe und lässt so schon mal den Puls ein wenig steigen. Mit ihrem aktuellen Album «Beneath the Frozen Sky» zeigen sie, weshalb sie an dieser Tournee teilnehmen dürfen. Schade können sie die «Energie» auf Platte Live nicht zur Gänze umsetzen. Trotzdem, das macht schon viel Laune auf mehr. Bitte gerne wieder.
Hadal Maw
Mein Geheimtipp des Abends. Und ich werde nicht enttäuscht. Hadal Maw, ebenfalls aus Melbourne, reissen von Anfang an alles in Stücke. Das ist schwer, das ich brachial, das groovt, das…wau…! Erstmals kommt richtig Bewegung auf. Death Metal der etwas anderen Art, mit eigener Duftnote. Der Kopf bleibt dauernd in Bewegung, da ist es beinahe eine Qual zusätzlich noch die Kamera zu bedienen. Vor allem die neuen Stücke ihrer «Charlatan» EP reissen gekonnt Stücke aus dem Fleisch der Zuschauer. Sam Dillon an den Vocals zeigt eine Performance, die Seinesgleichen sucht. Ob diese nun in die Musik passen oder nicht ist sicherlich Geschmackssache. Bizarr, obszön, verstörend. Der Typ wird mir garantiert noch lange in Erinnerung bleiben. Ebenso der gesamte Auftritt. Das war wirklich ein Faustschlag. Bravo! Bis bald hoffentlich.
Within Destruction
Auf den Bannern im Saal steht in grossformat «True Slam». Und genau das wird uns in den nächsten Minuten auch geboten. Die Deathcore – Slam Death Metal Combo aus Jesenice, Slowenien, haut gleich sowas von derbe in die Fresse das man sich erst einmal sammeln muss. Die erste Reihe ist vollgestopft. Haare fliegen in alle Richtungen. Egal ob Männlein oder Weiblein. Anscheinend haben sich viele nur wegen Within Destruction heute Abend eingefunden. Das gibt Moshpits und Walls of Deaths im Minutentakt. Sänger Rok Rupnik keifft sich die Seele aus dem Leib. Gutturales Geröhre der Extraklasse. Aye, das ist echt heftig. Heftig ist auch der Geruch, welcher sich im ganzen Saal breit macht. Als passionierter Prog Snob fühle ich mich Jahre zurückversetzt in Zeiten, als Körperhygiene und Deo noch ein Fremdwort waren an Konzerten. Nun gut, dann machen wir mal einen grossen Bogen um die Mitte.
Within Destruction sind ständig in Bewegung, die Meute ebenfalls. Als Beobachter ein tolles Schauspiel, musikalisch holt mich die Band aber nicht wirklich ab. Aber das mindert die Urgewalt des Auftritts nicht wirklich. Das Publikum feiert, was gibt’s schöneres. Und dann waren’s nur noch 2.
Aversions Crown
Die Deathcore-Combo aus Brisbane galt bisher nicht immer als überzeugende Live Band. Umso gespannter bin ich auf ihren Auftritt am heutigen Abend. Das Konzert beginnt. Technisch hochstehendes Gefrickel trifft auf ratternde Drums und wummernden Bass. Die Vocals wehen tief und düster über die Massen. Treibender Doublebass treibt die Köpfe zur Rotation an. Es wird gemosht, noch mehr geschwitzt und frenetisch applaudiert. Durchaus ein würdiger Co-Headliner. Je länger die Zeit jedoch vergeht, umso weniger packt mich die Musik. Es stellt sich fast ein klein wenig Langeweile ein. Vor allem Sänger Mark Poida hat einen grossen Anteil daran. Kaum Bewegung, der Stimmradius ist sehr minimal gehalten. Volumen ist da, Varianz ist Fehlanzeige. Nach gut einer halben Stunde habe ich genug gesehen und mache mich von dannen. Schade, das Potenzial ist definitiv da. Live haben mich die Jungs dennoch nicht vollständig überzeugen können. Maybe next time…
Pyscroptic
Zu guter Letzt dürfen die tasmanischen Teufel die Bühne entern. Der 4er aus Hobart muss leider mit einer viel geringeren Anzahl an Zuschauern klar kommen (Was wohl an der späten Anspielzeit liegt). Das lassen sich die Jungs jedoch nicht anmerken und starten gleich mit einem der neuen Songs ihres letzten Albums «As the kingdom drowns». Und wie sie das machen. Mit die lediglich 4 Musiker walzen über die Bühne als gäbe es kein Morgen mehr. Das groovt. Genau so muss für mich technischer Death Metal sein. Seit 1999 im Geschäft haben sich Psycroptic kontinuierlich weiterentwickelt. Man findet nun dezente Samples in den Songstrukturen, welche dem Ganzen viel mehr Tiefe und Varianz verleihen. Das Publikum, trotz tiefer Zahl, feiert die Tasmanier von Anfang bis Ende. Das hat Hand und Fuss, technisch einwandfrei, alles wirkt wie eine Einheit. Sänger Jason Peppiatt trägt seinen Teil souverän dazu bei. Stark! Man fühlt die Jahrzehnte lange Erfahrung der Truppe. Auch nach 45 Minuten sind Band inkl. Besucher noch mit vollem Körpereinsatz dabei. Ein wahrlich würdiger Headliner und bald wieder gerne gesehener Gast.
Fazit: Viele Up und ein kleines Down an diesem Abend. Die Muskeln haben gehalten, der Nacken ebenso. Man kann sich wirklich nur Fragen, wie es die Australier schaffen, solch eine dichte Masse an hervorragenden Bands zu vereinen. Mittlerweile hat fast jedes Metal Genre einen gewichtigen australischen Vertreter. Weiter so, die Zukunft gehört euch. Entzückt packe ich die Kamera ein und stiefel Richtung Ausgang. Der Regen weht mir in voller Stärke ins Gesicht, was solls, das trübt meine Laune nicht im Geringsten. Denn bald steht schon der nächste Dampfhammer im KIFF bereit. Obscura, Fallujah und Allegaeon wetzen schon ihre Saiten. Aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal.
Text und Bilder: Gianluca Teofani