Datum: 22. Januar 2014
Ort: KiFF – Aarau
Bands: Protest The Hero / TesseracT / The Safety Fire / Intervals
Nein, Rechnen ist nicht eure Stärke? Kein Problem, es wird euch daraus sicher keinen Strick gedreht. Für mich war Mathe immer die blanke Hölle und ich hab es trotzdem zu was gebracht – so sagt man.
Die vier Bands die im Zuge der „Metalmayhem“-Reihe im KiFF heute aufgetreten sind, können wohl eher nicht von sich behaupten, dass sie bei Mathe gepennt haben. Mit grossem Faible für krumme Taktarten die berechnend und mathematisch klangen, gab es an diesem Event eine besondere Auswahl aus dem anspruchsvollen Genre Progressive/Math/Djent Metal.
Die Kanadier Intervals eröffneten pünktlich um 19:30h den Abend und durften sich von Anfang an einem bereits gut gefüllten KiFF erfreuen. Auch wenn es, wie schon so oft beobachtet, ein immenser Kraftakt ist, das Schweizer Publikum auf Trap zu bringen, lässt sich Frontmann Mike Semesky die Laune nicht verderben und animiert auf Teufel komm raus, was sich auch schnell bezahlt machte.
Mit energischen Riffs produziert durch zwei Gitarristen und Anu Sastry am Schlagzeug (der für Jeff Loomis live die Schlagstöcke drischt) hätte man eigentlich genug Munition für einen saftigen Gig. Schade nur, dass die Band so schlecht abgemischt wurde. Ich schiebe es einfach mal auf den Tontechniker, denn musikalisch gab es nicht viel zu kritisieren. Akustisch leider absoluter Brei. Wem es vor Ort nicht so ganz gefallen hat, sollte aber unbedingt den Jungs eine zweite Chance geben und wenigstens die EP “In Time” im Internet streamen. Es lohnt sich! Vor allem bin ich gespannt auf das erste Studioalbum “A Voice Within” welches im Frühjahr diesen Jahres erscheinen soll.
Nach dem kurzen Auftritt von knapp 30 Minuten der ersten Band ging es auch schon gleich weiter. Die Umbauphasen waren wirklich zeitlich gut gemanaged. Die Londoner The Safety Fire standen als nächstes bereit, um dem recht jungen Publikum die Ohren zu waschen. Der Wechsel zwischen cleaner und verzerrter Gitarre sowie guturalem und klarem Gesang prägten den Auftritt, was aber auch bei dieser Band durch ungenügende Arbeit am Mischpult, wie ein Soundbrei daher kam. Alles in allem ist mir hier nur eines geblieben: Tolles Merchandise!
Der Grund warum ich eigentlich an diesem Abend überhaupt in den coolsten Club von Aarau gekommen bin, waren TesseracT. Die Engländer sind mittlerweile in der Szene schon gut bekannt und werden für ihre komplexe Spielart von Musikern wie auch Laien sehr geschätzt. Für mich waren sie das absolute Highlight des Abends, auch wenn nicht gerade wenig Samples eingesetzt wurden. Aber wen kümmerst`s. Für mich war die Umsetzung absolut stimmig.
Die Art und Weise wie TesseracT mit Sanftmut und Zornausbrüchen musikalisch spielen, ist phänomenal. All die Details und feinen Nuancen schreien regelrecht nach Aufmerksamkeit und vollster Konzentration. Trotz Komplexität wirkten die Songs harmonisch und eingängig. Besonders auffällig waren die fast schon orientalischen Bewegungen von Bassist Mos, der völlig in der Musik und im Basspiel aufzugehen schien.
Die Fans konterten mit Pogo Tanz und frenetischem Jubel. Leider brachten die “Zugabe” Rufe am Ende des Sets nicht viel. Ich hätte auch noch locker ein paar zusätzliche Songs verkraften können. Die Akzeptanz der Band spiegelte sich ebenfalls am Merchandising Stand wieder, denn T-Shirts waren bereits vor der Show so gut wie ausverkauft. Wer es nicht kennt, sollte unbedingt mal das aktuelle Album “Altered State” antesten.
Mit Protest The Hero endete dann um kurz nach 23 Uhr etwas verspätet ein energiegeladener und recht gut besuchter Abend, der die Glocken in der Birne bis zum Morgen hin läuten lies. Anders als TesseracT wirkte der Hauptact auf mich zunächst recht wirr, kompliziert und sperrig. Das musste ich erst mal setzen lassen. Kein Wunder waren wenige Frauen im Publikum, das war klar Männersache. Nun, nicht ausschliesslich, aber sagen wir mal fast.
Shouter Rody Walker überzeugte mit grossem Talent fürs Geschichte erzählen und schilderte (Achtung, nicht rot werden!) bis ins letzte Detail wie schwierig es in der Nacht gewesen ist “sich einen von der Palme zu wedeln”, obwohl er doch so viele Pornos geschaut hatte und den kleinen Kerl wohl auf übelste Weise würgte, um zum heissgeliebten Höhepunkt zu gelangen. Vielleicht hat Rody aufgrund des hohen Alkoholkonsums den armen Kerl viel zu hart angepackt?
Auch die anderen Geschichten waren unterhaltsam und lockerten den doch eher anstrengenden Auftritt von Protest The Hero etwas auf. Und hier möchte ich gerne anmerken: Anstrengend muss nicht mit “schlecht sein” gleichgesetzt werden. Am Sound gab es nichts zu meckern (wie es ja grundsätzlich üblich ist beim Hauptact) und die Menge an euphorischen Musikern im Publikum war sicher ein zusätzlicher Indiz dafür, dass die Kanadier technisch hoch versiert sind. Ich persönlich hatte mir an dieser Band die Zähne ausgebissen und schwankte hin und her zwischen Ehrfurcht vor dem hochkarätigen Gefriemel und Erschöpfungszustand.
Setlist Protest The Hero:
1. Underbite
2. Snare-Trigger
3. Seqgourney
4. Clarity
5. Dissentience
6. Heretics
7. Bury The Snachtchet
8. Mist
9. Bloodskeet
10. C`est La Fart
11. Sex Tapes
12. Tilting Against Windmills
[Quelle: Setlist direkt von der Band]
Text: Liane Paasila
Bilder: Kathrin Hirzel