13. Oktober 2019
X-TRA – Zürich
Bands: Pixies / Blood Red Shoes
Sonntagabend, kurz vor Sonnenuntergang, es war noch immer gemütlich warm, ich roch nach Wald und Feuer – bereit, das herrliche Herbstwochenende gebührend abzurunden. Krönender Abschluss: Die Pixies im X-TRA.
Vorband Blood Red Shoes eröffneten mit viel Strobo und viel Wumms. Das Duo, bestehend aus Laura-Mary Carter und Steven Ansell, wurde auf der Bühne noch von einer Bassistin und einem Blondschopf an Synthi und Drumpad unterstützt. Technisch top ausgerüstet und teilweise leicht überladen, ballerten die Briten ein Halbstundenset ins Publikum, welches sich während dem Auftritt zwar etwas verhalten gab, den Auftritt am Ende mit angemessenem Applaus bedankte. Steven Ansell kletterte dabei auf sein Drum, während er das Set mit Laura-Mary Carter alleine schloss und die beiden Touring-Mitglieder die Bühne mit einem Strahlen verliessen. Nach kurzer Pause kehren alle vier zurück – Synthi-Blondschopf schiesst noch eben ein Erinnerungsfoto mit seiner Einwegkamera – aber nicht für die Zugabe, sondern um brav das Equipment von der Bühne zu bringen. Scheinbar nix mit eigener Crew oder Star-Allüren. Während der Rest der Band bester Stimmung zu sein schien , machte die Sängerin und Gitarristin einen eher verhaltenen Eindruck. Am 1. November spielt das Duo, beziehungsweise Quartett, eine weitere Show in Zürich, im deutlich überschaubareren Mascotte. Dort gibt’s mit Sicherheit ein längeres Set zu geniessen.
Für die Pixies waren Menschen aus allen Himmelsrichtungen angereist, die Schweizer Grenze übersteigend. Das Konzert war schon seit Wochen ausverkauft, die Tickets personalisiert und nur in Kombo mit ID gültig. Auf Wunsch der Band hin. Auf diese Weise sollte Scams entgegengewirkt werden – die Reaktionen fielen gemischt aus. Kaum war das Set der Blood Red Shoes zu Ende, wurde die bereits volle Halle gefühlt noch voller und entsprechend stieg die Temperatur. Und, wie das halt leider auch immer so ist: Je mehr Menschen am Konzert, desto mehr Menschen, die sich über die vielen Menschen nerven. Wer sich aber nicht die Laune vermiesen liess, hatte volle zwei Stunden musikalische Unterhaltung vor sich.
Allem voran ein bassiges Playback, Lichter aus, auf der dunklen Bühne zeichneten sich die Silhouetten der Bandmitglieder vor dem blauen Hintergrund ab. Dann, ganz in grünes Licht getüncht, folgte „Cecilia Ann“, Frank Black mit Akustikgitarre und Karohemd über dem Wohlstandsbäuchlein sang von vom Winde verwehten Worten und das schwitzende Publikum sang mit. Für Ansagen oder Worte des Dankes nahmen sich die schelmischen Elfen, die ihren Bandnamen damals 1986 beim Durchblättern eines Lexikons festlegten, keine. Scheinbar jeder Funken Energie wurde in die Musik gesteckt, denn auch Dance Moves oder Zaubertricks (dem Hauptmetier David Loverings in der Zeit nach der Auflösung 1993) brauchte man nicht zu erwarten. Die drei Herren mit grau meliertem Haar um die Halbglatze glänzten im Rampenlicht trotzdem vor Schweiss. Die gut zehn Jahre jüngere Paz Lenchantin mit hübscher Rose am Bass, deren Stimme sich so perfekt an die des Sängers schmiegte, wird unter dem langen schwarzen Haar und den ebenso schwarzen Klamotten ebenfalls ins Schwitzen geraten sein – schön, dass es uns allen diesbezüglich genau gleich ging.
Apropos Bass, kommen wir zu einem Fun Fact: Bei den Pixies bekamen nur Frauen einen Bass in die Hände. Gegründet wurde die Band mit Kim Deal, nach deren Abgang kam Kim (Nr. 2) Shattuk, welche vor wenigen Tagen aufgrund ihrer ALS-Erkrankung mit 56 verstorben ist, und seit 2014 ist Paz Lenchantin als Bassistin mit den Pixies unterwegs. Dass auch bei den Blood Red Shoes eine Frau am Bass zu sehen war, ist nicht die einzige Gemeinsamkeit der beiden Bands: Das Duo hatte sich vor einigen Jahren getrennt und erst Anfang dieses Jahres wieder ein gemeinsames Album veröffentlicht. Und der Hiatus der Pixies, gefolgt von Trennung, Wiedervereinigung und Bassistinnenwechseln, sowie die zahlreichen Spannungen und Konflikte innerhalb der Band, prägten die Bandgeschichte wohl sosehr, wie ihre Musik die Rockmusikszene bis heute prägt.
Ganz vorne mit dabei: „Where Is My Mind?“ Der wohl bekannteste Song der bisherigen Banddiskografie wurde – für die Ungeduldigen unter uns – bereits nach einer halben Stunde gespielt – man blieb trotzdem noch für das restliche Set. Da gab es dann tatsächlich noch eine Ansage Frank Blacks sowie Tricks und Spielereien (wenn auch von Joey Santiago statt dem eigentlichen Magier in der Runde) mit Hut und Gitarre und Effektgeräten zu bestaunen. Mehrheitlich stammten die gespielten Songs vom aktuellen Album „Beneath The Eyre“, erschienen im September dieses Jahres. Obwohl kaum Interaktion unter den Musikern und der Musikerin wahrzunehmen war, sass alles makellos – Instrumente und Gesang trafen jeden Ton und niemand verschwitzte den Einsatz. Teilweise sicherlich der langjährigen Routine zuzuschreiben. Aber die Pixies machen ihre Sache auch einfach verdammt gut. Und dabei auch noch mächtig Stimmung.
Text: Sarah Rutschmann
Bilder: Anna Wirz