Datum: 2. November 2012
Ort: Salzhaus – Winterthur
Bands: Phillip Boa and the Voodooclub
Ich bin relativ schlecht im Schätzen von Menschenmengen, aber recht viel mehr als 150 Leute hatten sich nicht in Winterthur eingefunden, um eine der dienstältesten deutschen Indie-Ikonen zu erleben. Phillip Boa And The Voodoclub gaben sich im Rahmen ihrer Loyalty-Tour im halbvollen Salzhaus die Ehre. Als gegen neun Uhr das Licht ausging und die Musiker die Bühne betrat war der Jubel trotz der recht überschaubaren Menschenmenge aber groß. Boa und seine langjährige Muse Pia Lund sind halt schon irgendwie Kult.
Eröffnet wurde das Konzert mit dem ersten Song des aktuellen Albums „Black Symphony“. Ein etwas belangloses Stück das mich mit seinem Lalala – „Sing With Me The Black Symphony“ – Refrain nun wahrlich nicht vom Hocker riss. „I Dedicate My Soul To You“ ging dann schon besser rein. Leider blieb es für eine ganze Weile bei diesem Highlight und mir wurde mehr und mehr bewusst, dass ich mit den aktuellen Werken Boa’s nicht mehr viel anfangen kann.
Irgendwie wirken die Stücke zu weichgespült, zu austauschbar und zu uninspiriert. Das eckig- Kantige fehlt bzw. die Dissonanzen der frühen Alben wie „Hair“ oder „Copperfield“ sind mittlerweile völlig auf der Strecke geblieben und zu radiotauglichem Indie-Pop mutiert. Das Boa einst sogar Thrash-Projekte (Voodoocult) mit namhaften Musikern wie Dave Lombardo, Chuck Schuldiner und Mille Petrozza aus der Taufe hob, mag man angesichts dieser blutleeren Nummern kaum glauben. Es ist ja nicht so, dass der gute Phillip nichts Gescheites im Repertoire hätte, mir waren halt zehn (!) Stücke vom neuen Album während der Hauptspielzeit deutlich zu viel.
Nun ja, wenigstens wurde mit „Diana“ mein absolutes Boa-Lieblingsstück geboten, welches alle frühen Trademarks des deutschen Indie-Pioniers auf den Punkt bringt. Diesen göttlichen Refrain kriegt man so schnell nicht mehr aus dem Ohr und Lunds Gesangsleistung hierbei verblüffte nach all den Jahren immer noch. Apropos Lund: Die Dame gab sich erwartungsgemäß kühl und äußerst distanziert, was ihr immer noch sehr gut steht. Ihr Soloauftritt bei „And Then She Kissed Her” war natürlich einer der Höhepunkte des Abends. Ganz interessant auch der Text-Ständer, auf dem Boa nach jedem Stück blätterte. Sieht man so relativ selten auf Rockmusikbühnen, passte aber zu ihm, genau wie das Weinglas bzw. die Pulle Rotwein, die im Laufe des Abends schlürfte.
Fazit:
Dank „Diana“ und ein paar weiteren älteren Stücke eine angenehme Freitag-Abend-Unterhaltung aber auch nicht mehr. Das ist aber mein recht subjektiver Eindruck des Events, denn etliche Zuschauer hatten jede Menge Spass und waren begeistert. Phillip Boa And The Voodooclub sind 2012 einfach nicht mehr meine Baustelle. Punkt. Schade.
Der Sound im Salzhaus war wieder 1A und überhaupt ist dieser urgemütliche Veranstaltungsort jederzeit einen Besuch wert. Top-Laden.
Setlist:
Black Symphony
I Dedicate My Soul To You
Want
This Is Michael
Under A Bombay moon Soon
Fine Art In Silver
Ernest 2
Sunny When It Rains
Bells Of Sweetness
You Are Beautiful And Strange
Dream On Planet Cherry
Diana
Lobster In The Fog
And Then She Kissed Her
When The Wall Of Voodoo Breaks
————–
Loyalty
Annie Flies A Love Bomber
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Laut ausgelegter Setlist noch zusätzlich:
Albert Is A Headbanger
Container Love
Love On Sale
Til The Day We Are Both Forgotten
Kill Your Ideals
Text + Bilder: Thomas Lang