Datum: 26. August 2012
Ort: X-TRA – Zürich
Bands: Patti Smith and her Band
Es gibt genau eine Person auf der Welt, welche als eine der bedeutendsten Musiker der Rock-Geschichte in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen wurde (2007) und zugleich einen National Book Award im Regal stehen hat (für „Just Kids“ 2010), welcher als einer der wichtigsten Literaturpreise weltweit gilt. Patti Smith, eine der größten Künstlerinnen der Gegenwart.
Vor zwei Jahren erst auf der Seebühne der Roten Fabrik zu sehen, führte sie und ihre Begleiter der Weg heuer im Rahmen der „Banga“-Tour, ins Züricher X-TRA. Über Wochen im Voraus war dieses Ereignis bis auf den letzten Platz ausverkauft. Das Publikum sollte nicht enttäuscht werden.
Punkt 21:00 Uhr betrat zuerst Gitarrist Lenny Kaye, der seit 38 Jahren an der musikalischen Seite von Patti wirkt, unter großem Applaus die Bühne. Gleich darauf kamen Drummer Jay Dee Daugherty, der fast genauso lange dabei ist, gefolgt von Bassist Tony Shanahan hinter dem Vorhang hervor. Als zweiter Gitarrist wurde eigentlich ihr Sohn Jackson Smith erwartet. Ich bin mir nicht sicher, ob er es letztendlich wirklich war. Der Herr wirkte deutlich älter als Jackson. Dann kam Patti. Im Schlabber-Look mit zu großem Sakko und Wollmütze, darunter die herrlich struppigen Haare, zog die mittlerweile 65 jährige Grande Dame der Rockmusik, dass Publikum vom ersten Moment an in ihren Bann.
Neue Stücke wie das lockere „April Fool“ oder „Fuji San“ sowie Klassiker wie „Dancing Barefoot“ und „Redondo Beach“ wurden gleich zum Auftakt großartig vorgetragen und natürlich anständig abgefeiert. Sehr schön auch gleich ein Strophen-Missverständnis mit der Band, ich glaube bei „Redondo Beach“ war‘s, welches in einer Wiederholung des letzten Verses führte. Patti kommentierte diesen kleinen Verhauer während des Songs schmunzelnd und fuhr noch eine Wagenladung mehr Sympathiepunkte vom Publikum ein. Dazu immer wieder Patti‘s fast schon schamanenmäßiger Tanz über die Monitorboxen hinweg, auf der nach vorne verlängerten Bühne.
Sie nutzt die Bühnen der Welt auch immer wieder um politische Statements zu setzten (Solidaritätsbekundung für die inhaftierten Damen von Pussy Riot), sowie zwischen den Stücken kleinere Ausflüge in die Lyrik zu unternehmen. So wurde manches Lied von Versen oder Widmungen an ihre Freunde eingeleitet. Hier in Zürich wurde Johnny Depp gewürdigt, von dem sie unlängst sagte, er sei ihr wie ein Bruder. Zusammen haben sie schon manche Stücke komponiert und eingespielt. Allen voran wurde aber ihrem verstorbenen Ehemann, Fred „Sonic“ Smith, mit ihrem größten Hit „Because The Night“ ein abendliches Denkmal gesetzt.
Ihre überwältigende Präsenz war auch dann noch vorhanden, als sie pausierend im Fotograben saß und die Bühne ihrer tadellos aufspielenden Band überließ. Nach „Pissing In A River“ und dem großartigen Them-Cover „Gloria“ verließen Patti Smith and her Band nach gut 90 Minuten die Bühne. Als Zugabe gab’s dann noch den Titeltrack des aktuellen Albums „Banga“, in dem Patti das ganze Publikum mitbellen und jaulen ließ (die Leute hatten sichtlich Spass daran), sowie zum Abschluss ihren Urhit „Rock’n‘Roll Nigger“.
Fazit:
Tolles Konzert, das durch eine äusserst charmante Patti Smith und einer top agierenden Band zu den großen Ereignissen des Jahres gezählt werden kann. Der durchwegs sehr gute Sound im X-TRA war da noch das Tüpfelchen auf dem i.
Patti zeigt eindrücklich, wie man in Würde und Gelassenheit altert und besticht mit ihrer angenehm ehrlichen Art, an der nichts aufgesetzt oder gekünstelt wirkt. Ein wunderbarer Kontrast zu anderen Damen die auf überdimensionierten Bühnen im Cheerleader-Kostümchen rumhampeln und mit ewiger „I’m such a bad girl“ Attitüde zum Augenverdrehen animieren.
Text + Bilder: Thomas Lang