Datum: 23. Mai 2012
Ort: Kofmehl – Solothurn
Bands: Paradise Lost / November-7
Paradise Lost live wollte ich mir eigentlich nicht mehr antun. Aus seiner fast schon sprichwörtlichen Unlust auf Tournee zu gehen, macht Nick Holmes keinen Hehl und so manches Konzert wird von dem kauzigen Briten dermassen ranzig und genervt durchgezogen, dass es auch fürs Publikum nur noch mit geschlossenen Augen zu ertragen ist. Seit nunmehr 22 Jahren ist aber normalerweise in meinem Plattenstapel der gerade in Gebrauch ist (also der Haufen der nicht einsortiert, andauernd im Weg steht) mindestens eine Paradise Lost Scheibe zu finden. Deswegen und nicht zuletzt aufgrund des bärenstarken neuen Albums Tragic Idol wollte ich aber doch nach Solothurn. Als Zuckerl waren ja als Vorband die Finnen Swallow The Sun angekündigt. Sehr gute und interessante Combo.
Also rein ins Kofmehl, Bier geholt und ab nach vorn, finnischen Death-Doom kucken. Als dann aber plötzlich eine Frau mit Latex-Corsage nebst drei weiteren Musikern die Bühne betraten und anfingen zu spielen, war ich und auch der Großteil des Publikums etwas irritiert. Definitiv kein ausgefeilter, langsamer, skandinavischer Death-Metal. November-7, so der Name der Band die da auf der Bühne stand, waren kurzfristig für die Finnen eingesprungen, die sich laut Aussage des Kofmehl, erst am Montagabend dazu entschlossen haben, die Tour mit Paradise Lost am Dienstag nach dem Wien-Gig zu beenden.
Der vertraglich zugesicherte Auftritt am Mittwoch in Solothurn und die Fans waren den Herren anscheinend völlig Wumpe. Das Kofmehl hatte also einen Tag Zeit, eine Supportband zu organisieren. An dieser Stelle mal ein großes Danke ans Kofmehl für diese nicht selbstverständliche Aktion sowie Merci an November-7 für den schnellen Einsatz und einen „Vogel zeig“ in Richtung Swallow The Sun.
November-7 spielen eine Art Gothic Metal, die recht stark an Bands wie Nightwish erinnern und laufen damit bei mir vollkommen ins Leere. Absolut nicht mein Fall. Frontfrau Annamaria Cozza war natürlich Blickfang. Die Dame wirkte sympathisch und die Show wurde mit großem Engagement vorgetragen. Das Publikum goutierte dies, logischerweise war aber die Stimmung aufgrund der Absage nicht so toll.
Nach einer halbstündigen Umbaupause wurde das Kofmehl zum zweiten Mal an diesem Abend abgedunkelt und „Desolate“, das Outro vom zweiten Paradise Lost Album „Gothic“ erklang. Paradise Lost betraten die Bühne und legten mit dem Icon-Klassiker „Widow“ los. Das neue „Honesty In Death“ folgte gleich im Anschluss und man hatte den Eindruck, die Band ist gut aufgelegt.
Dann passierte was, mit dem so nicht zu rechnen war. Jemand warf einen zuvor aus einem Greifautomaten ergattertes rosa Plüschbärchen auf die Bühne, welches Nick aufhob, begutachtete und ihn dann sogar zum Lachen brachte. Ebenso das Publikum. Das Tierchen wurde schön vor seinen Monitorboxen platziert und weiter gings mit Klassikern wie dem „Forever Failure“ oder „Soul Courageous“ die sich mit neuen Nummern wie „In This We Dwell“ oder dem Titeltrack des aktuellen Albums „Tragic Idol“ abwechselten. Der Klassikerdoppelhammer mit „Pitty The Sadness“ und „As I Die“ stellt natürlich bei jedem Paradise Lost Konzert den Höhepunkt des Sets dar. So auch hier.
Gregor Mackintosh, als letzter verbliebener Langhaariger der Band, wurde den ganzen Abend über von vorn mit einem Ventilator belüftet, was seine Matte permanent in der Luft hielt und recht lässig aussah. Aaron Aedy auf der rechten Seite bangte als gäbs kein Morgen, dafür ließ es Stephen Edmondson am Bass gewohnt ruhig angehen. Tja und Nick Holmes? Der zog im Kofmehl sichtlich gut gelaunt einen Hit nach dem anderen vom Leder und überzeugte stimmlich voll und ganz.
Der Zugabenblock bestand dann noch mit „One Second“ eingeleitet und mit „Fear Of Impending Hell“ vom neuen Album fortgesetzt. Verblüffend dann anschließend die Beliebtheit des Titeltracks des letzten Albums. Kamen die „Faith Divides Us – Death Unites Us“ – Chöre 2010 noch unnötigerweise vom Band, wurden sie diesmal tiptop vom Publikum mitgegröhlt. „Say Just Words“ beendete dann nach knapp anderthalb Stunden die Show.
Fazit:
Die kurzfristige Absage von Swallow The Sun war ärgerlich und enttäuschend. Das November-7 dies nicht kompensieren konnten lag auf der Hand. Zu unterschiedlich sind die Bands und zu viele Fans haben sich auf die Finnen gefreut. Paradise Lost ließen dafür anschließend nichts anbrennen und feuerten ein Hitfeuerwerk sondergleichen ab. Mackintosh gniedelte mal wieder in seiner eigenen Welt und Holmes ließ sogar richtig Spielfreude aufkommen. Vielleicht sollte man ihm öfters Plüschtiere zu werfen. Der Sound war okay, zuweilen aber etwas breiig.
Setlist:
1. Desolate (Intro)
2. Widow
3. Honesty In Death
4. Erased
5. Forever Failure
6. Soul Courageous
7. In This We Dwell
8. Praise Lamented Shade
9. Pity The Sadness
10. As I Die
11. Symbol Of Life
12. Tragic Idol
13. The Enemy
14. One Second
15. Fear Of Impending Hell
16. Faith Divides Us – Death Unites Us
17. Say Just Words
Text + Bilder: Thomas Lang