21. Februar 2020
Halle 622 – Zürich
Bands: Papa Roach / Hollywood Undead / Ice Nine Kills
Was man bei einem ausverkauften Konzert nicht machen sollte: Sich über die vielen Menschen beschweren. Weil, das versteht sich ja irgendwie von selbst, damit sollte man rechnen. Werde ich also nicht machen. Aber, ich komme wohl nicht drum herum, ab und zu zu erwähnen, dass es beim gestrigen Konzert in der Halle 622 wirklich sehr voll war. Allein schon, weil die riesige Schlange vor dem Eingang verhinderte, dass ich auch nur noch einen Piep von der ersten Vorband des Abends, Ice Nine Kills mit ihren Horrorfilm-Hommagen, zu hören bekommen hätte. Mitverantwortlich für die Warterei vor den Toren war wohl ein kleines Organisationsproblem unter dem Securities – da scheinbar zu wenig weibliches Personal anwesend war um die weiblichen Gäste abzutasten, durften alle Frauen ihre männlichen Begleiter in die Wärme vorlassen und draussen eine Extrarunde drehen.
Nach einer halben Stunde vor der Halle schaffte ich es dann doch in die Halle. Inzwischen hatte die zweite Band des Abends ihr Set begonnen – gute zehn Minuten früher als geplant. Im grosszügigen Foyer waren noch ein paar Gäste damit beschäftigt, ihre Jacken aufzugeben oder sich mit Getränken einzudecken, der grosse Rest liess sich von Hollywood Undead einheizen. Und das ist wortwörtlich gemeint: Das Quintett hatte nämlich eine schicke Feuershow am Start. Von Anfang an hatten die fünf Bad Boys einen Draht zum Publikum gefunden, welches alle Texte fröhlich mitsang – von „Undead“ ihres ersten Albums bis hin zu „Already Dead“ der sechsten Scheibe, eine Woche zuvor am Valentinstag veröffentlicht. Ein junger Mann aus dem Publikum, Cedric, durfte sogar mit auf die Bühne. Obschon ihm angedroht wurde, bei schlechter Performance von den Securities aufgemischt zu werden, verliess dieser die Bühne nach seiner geglückten Solo-Einlage ziemlich happy. Bevor auch Hollywood Undead die Bühne vollends verliessen, feierten sie mit der Menge noch den Abriss mit „Everywhere I Go“, eingestimmt von harmonischem Fangesang.
Im Halleninnern roch es bereits nach Schweiss (gemischt mit Pizzaduft und Zigarettenrauch), als Papa Roach kurz nach neun in Szene traten. Als Starter ihres Sets hatte die Band sich für „Dead Cell“ entschieden, einen Publikumsliebling aus ihren Anfangszeiten mit „Infest“. Und, wie die Band kurz darauf verkündete: „Infest“ wurden dieses Jahr 20. Dies nutzte die Band aus Sacramento, um ihr Set mit möglichst vielen Songs dieses Albums zu spicken. Dazwischengestreut natürlich auch genügend Songs des neusten Albums „Who Do You Trust“, dessen Songs zum ersten Mal auf Schweizer Boden gespielt wurden. Und spätestens bei „Renegade Music“ des selbigen, ist auch klar, dass Hollywood Undead die perfekte Wahl war, Papa Roach bei dieser Tour zu begleiten. In ihrer über zwanzigjährigen Bandgeschichte streifte das Quartett so manches Genre und haben in ihren neusten Alben wieder vermehrt Elemente aus ihrer Nu-Metal und Hip-Hop-lastigen Zeit aufgegriffen.
Aber auch Klassiker aus anderen musikalischen Phasen durften gestern natürlich nicht fehlen, wenn auch mir persönlich so mancher Song fehlte in der gestrigen Setlist. Aber, mit zehn Studioalben im Gepäck ist es auch schwierig, jedem einzelnen davon genügend Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, wenn es um die Zusammenstellung des Sets geht. Jänu.
Bei dieser Tour fehlt aber noch was, abgesehen von der fehlenden Repräsentation der Alben „lovehatetragedy“, „Metamorphosis“ und „The Connection“: Gitarrist Jerry Horton musste die Europatour aufgrund einer Handverletzung sausen lassen. Vertreten wurde er von Anthony Esperance, welcher Papa Roach bereits bei manchen Studioaufnahmen unterstützt hat. Und, schätze ich mal aufgrund des Nachnamens, irgendeinen Verwandtschaftsgrad mit Bassist Tobin Esperance teilt. Der neue Mann im Bunde schien sich jedoch nicht nur an der Gitarre wohl zu fühlen, sondern auch am Keyboard sowie mit Drumsticks, wie er bei einem ziemlich defitgen Duo-Drumsolo gemeinsam mit Drummer Tony Palermo demonstrierte.
Während ihrer Show liess die Band es sich auch nicht nehmen, andere Musiker zu zitieren: Sei es Eminem bei einem Mash-Up von „Broken Home“ und „Lose Yourself“ oder einem kompletten Cover von The Prodigys „Firestarter“. Und bei seinen Ankündigungen zitierte sich Sänger Jacoby Shaddix auch gut und gerne selbst hin und wieder: Wenn man Papa Roach schon sechs (oder waren es doch schon sieben?) Mal live erlebt hat, kennt man die Sprüche irgendwie langsam. Aber eine grosse Überraschung gab es für mich trotzdem: Nach „Last Resort“, bisher jeweils krönender Abschluss der Show, blieb der erwartete Abschied aus. Erst nach „Born For Greatness“ findet der Abend dann seinen Abschluss. Aber nicht, bevor alle Bands sich nicht noch für ein gemeinsames Bühnenfoto in Pose geworfen haben.
Setlist:
1. Dead Cell
2. I Suffer Well
3. Blood Brothers
4. Help
5. Between Angels and Insects
6. Renegade Music
7. Broken Home
8. Elevate
9. Feel Like Home
10. The Ending (akustisch)
11. Scars
12. Getting Away With Murder
13. Firestarter
14. …To Be Loved
Zugabe:
15. Who Do You Trust?
16. Last Resort
17. Born For Greatness
Text: Sarah Rutschmann
Bilder: Irene Bizic