Dirty Sound Magnet + Powder For Pigeons + Interhuman
Garage 8 – Olten
Samstag, 10. Dezember 2022
Text: David Spring
Aus der Pandemie-bedingten Not entstanden vor ziemlich genau einem Jahr die OltenAir Indoor Rock Sessions, da das gleichnamige Openair nicht durchgeführt werden konnte. An drei Nächten spielten in der gemütlichen Garage 8 jeweils drei hochkarätige Bands auf, um den zahlreichen Zuschauer:innen die winterliche Kälte gehörig auszutreiben. Da die Sessions auf grossen Zuspruch stiessen, ging es am vergangenen Samstag nun in die vierte Runde.
Den Auftakt machten Interhuman aus Solothurn. Die Band spielte zum ersten Mal ausserhalb der Gefilde ihrer Heimatstadt, entsprechend nervös und schüchtern wirkten die Vier. Die Musik von Interhuman ist irgendwo zwischen atmosphärischem Shoegaze, digitalen Spielereien und treibendem Rock zu Hause. Vor allem im «dazwischen» fühlen sie sich wohl, zwischen experimentell und rockig, zwischen laut und leise, zwischen melancholisch und euphorisch. Die zierliche Stimme von Sängerin Lena Stüdeli verlieh den Songs ein beinahe ätherisches Feeling, während der Rest der Band eindrucksvolle Soundwände aufbaute.
Interhuman lieferten einen klasse Auftritt ab. Für meinen Geschmack dürften sie sich manchmal noch etwas mehr getrauen. Der passend betitelte letzte Song «Closer» zeigte, wie gut ihr Mix funktioniert. Die Band kam am Schluss so richtig aus sich heraus und rockte hemmungslos ab, da hätte ich gerne noch mehr davon gesehen. Das Publikum in der erstaunlich gut gefüllten Garage wusste dies ebenfalls zu goutieren und es gab lauten Applaus und Jubel.
Wer bisher noch etwas zu wenig zum Durchdrehen kam, durfte sich auf die nächste Band freuen: Powder For Pigeons! Nach dem gefühlvollen, kopflastigen Sound von zuvor riss das deutsch/australische Duo nun gleich alles nieder. Mit unglaublich fettem Gitarrensound und unbändiger Energie droschen sich die beiden durch ihr Set. Die Stimmung im Garage 8 kochte, während dem auf der Bühne von nackenbrechendem Mid-Tempo-Rocker über ein 30-sekündiges Punk-Brett inkl. Schlagzeugsolo bis hin zu ausufernden Gitarrenimprovisationen sämtliche Register gezogen wurden.
Sehr lustig mitanzusehen war im wilden Publikum ein Typ mit meterlangen Rastas, der in all diesem Chaos und Lärm voller Leidenschaft mit seinem Jo-Jo beeindruckende Kunststücke zum Besten gab. Was für ein Fest, Powder For Pigeons lieferten eine Show der Extraklasse. Doch wer dachte, dass dieser wilde Auftritt an Wildheit kaum zu überbieten sei, machte die Rechnung ohne Dirty Sound Magnet.
Das Westschweizer Psychedelic-Rock-Trio war der krönende Abschluss. Nach eigener Aussage waren Dirty Sound Magnet seit März ohne Unterbruch auf Tour und dieser Gig nun sollte einer der letzten des Jahres werden. Darum wollten sie es locker angehen und einfach mal schauen, was passierte. Es folgte ein Auftritt, der in die Geschichtsbücher eingehen wird, denn auf der Setlist standen ausschliesslich die psychedelischen und überbordenden Songs. Man kam sich stellenweise vor, wie bei Led Zeppelin oder Deep Purple zu ihren besten Zeiten, ein improvisiertes Gitarrensolo folgte auf das nächste, sämtliche Songs wurden ins Masslose ausgedehnt.
Mastermind Stavros Dzodzosz war in seinem Element. Nach jedem Song liess er verlauten, dass man im nächsten Stück noch tiefer gehen wolle, gemeinsam auf dieser Reise ins eigene Innere. Ein Song wie «Toxic Monkey», der auf dem Album gradlinig daherkommt, wurde so schnell mal in eine zehnminütige Impro-Nummer ausgedehnt, das ohnehin schon ausschweifende «Mr. Roger» wiederum kannte überhaupt keine Grenzen mehr.
Unglaublich, was für eine musikalische Masterklasse die Drei hier in Olten hinlegten. Da der ganze Abend ohnehin viel zu spät losging, war es irgendwann weit nach Mitternacht, als Dirty Sound Magnet zum krönenden Abschluss eine noch nie dagewesene Extended-Version von «Body In Mind» ankündeten. Mit dieser gut 20-minütigen Zugabe waren dann auch wirklich alle bis an die Grenzen durchgerockt. Das auf Grund der fortgeschrittenen Stunde schon etwas geschrumpfte, dafür angeheiterte Publikum feierte die Fribourger bis zum bitteren Ende ab, selbst wenn der einen oder anderen Person langsam durchaus die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben stand.
Und so ging die vierte Ausgabe der OltenAir Rock Sessions fulminant zu Ende. Die Organisation war wie immer prächtig und die Garage 8 bewies sich mit exzellentem, lautem Sound und freundlicher Bar einmal mehr als ausgezeichnete Konzertlokalität. Das Format der Indoor-Sessions eignet sich perfekt, um grosse und kleine Namen der lauten Musik ins beschauliche Olten zu bringen. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf das nächste Mal, wenn die Dreitannen-Stadt erneut durchgerockt wird.