17. Februar 2019
KIFF – Aarau
Bands: Obscura / Fallujah / Allegaeon / First Fragment
Tatort KIFF, Aarau.
Kuckuck, da bin ich schon wieder. Die Pforten zur Hölle? Oder doch der Eingang in mein Zuhause? An diesem Abend irgendwie beides. Die Schlange zieht sich bis zu den Garagentoren. Und das an einem Sonntag Abend. Nicht schlecht. Aber bei dem Lineup auch nicht verwunderlich. Mit Obscura (DE), Fallujah (USA), Allegaeon (USA) und First Fragment (CAN) wird wahrlich viel geboten. Kurz Zeit für Begrüssungen und ein wenig Smalltalk bevor es auch schon los geht. Mannomann, das wird ein Tech Death Abend der Superlative.
First Fragment
Die Kanadier von First Fragment dürfen an diesem Abend eröffnen. Zum einen sicherlich eine grosse Ehre, zum anderen aber auch ein schwieriges Unterfangen. Die restlichen Vertreter haben bereits mehrfach ihre Spuren bei uns hinterlassen.
Das Letzteres nicht eintrifft ist auch für manch anderer eine Überraschung. Die 5 Herren legen sich mächtig ins Zeug, halte ihre Fahne hoch und schmettern dem Publikum einen geballte Ladung technischen Death Metal um die Ohren. Schlagzeuger Nicholas Wells rotiert seinen Kopf mit einer tightness, das seinesgleichen sucht. Wie macht der Kerl das ohne aus dem Takt zu fallen. Beeindruckend! Die Band existiert bereits seit 2007, haben aber erst 2016 ihr Debüt Album «Dasein» auf den Markt geworfen. Was lange währt, nun…ihr wisst schon. Was bei Sänger David AB sofort auffällt…er growlt auf französisch!? Dann kommen plötzlich flamenco-artige Parts hinzu. Und plötzlich klingt das Ganze nach Oldschool Tech Death der ersten Stunde. Huh?! Irgendwie verstörend. Und doch gefällt mir die Mischung sehr gut. Auf jeden Fall steckt in der Truppe ein sehr grosses Potenzial für weitere Eroberungen quer durch Europa und den Rest der Welt. Applaus!
Allegaeon
Ebenfalls 2007 gegründet (scheint ein guter Jahrgang zu sein) wuseln die Mannen von Allegaeon (ausgesprochen: uh-lee-juhn) bereits fleissig durch die Welt.
Seit dem letzten Auftritt mit Ne Obliviscaris ist schon ein Moment vergangen. Damals war ich irgendwie nicht sonderlich beeindruckt. Vielleicht da ich mich damals wie ein Frosch auf den Käfer (Ne Obliviscaris) gefreut habe. Nun denn, auf eine neues ihr Recken.
Und es brettert gleich richtig los. Das hab ich so nicht in Erinnerung. Wow, mich hats gepackt. Und das gleich beim ersten Song. Stilistisch bewegen sich Uh-lee-juhn (höhö) zwischen modernem Melodic Death und technischem Death Metal. Die Kombination gefällt mir sehr. Dem modernen Melodic Death konnte ich mittlerweile kaum mehr etwas abgewinnen. Das scheint sich mit diesem Konzert jedoch wieder zu ändern. Das hat Hand und Fuss, brettert, harmoniert, umschlingt, zerstört. Ich bin gefesselt. Und dann kommt jäh die verfluchte Zeit als Spielverderber. Was einem bei First Fragment wie eine Ewigkeit vorkam ist bei Allegaeon ein Wimpernschlag. What?! Fertig?! Nein?! Bitte nicht?! Mist…! Okay. Ich klatsche mit dem lautstarken Publikum um die Wette. Die Band ist sichtlich «gerührt» und bedankt sich herzlich.
Fallujah
Weiter geht es mit dem Prädikat Neugierde. Fallujah aus San Francisco (Erratet mal das Gründungsjahr…genau…2007) sind mir bereits länger bekannt. Konnte sie auch schon Live erleben. Das letzte Album «Dreamless» gilt für mich persönlich als eines der besten Progressive Death Metal Alben der letzten Jahre. Die Platte entzückt mich Heute noch. Seither ist viel geschehen. Mit Antonio Palermo hat man einen neuen Sänger an der Front der sich beweisen will und muss. Muss? Ja. Denn die Kritik an den neuen Singles für ihren nächsten Longplayer «Undying Light» ist gross. Und diese trifft auch den Sänger und seinen gesanglichen Horizont. Zu monoton, zu langweilig. Nun denn, dann wollen wir mal sehen wie sich die Mannen präsentieren.
Gestartet wird mit einem älteren Song aus der Ära von «The Flesh Prevails». Es folgen brandneue Songs wie «Ultraviolet» oder Kracher wie «Amber Gaze». Die Setlist ist sehr ausgewogen. Jedoch…der Funke will nicht springen. Wie beim letzten Mal sieht man eine Band, die technisch wirklich stark unterwegs ist. Jedoch schaffen sie es nicht, die Effekte und Samples in der richtigen Dosierung aufs Parkett zu bringen. Die Vocals des neuen Sängers? Nun ja. Sie mögen für die neuen Lieder vielleicht passen. Den älteren Tracks nimmt es viel von ihrer ursprünglichen Energie. Ab und zu hat es vereinzelt tiefere Growls dabei, meistens keifft und schreit es jedoch nur. Und das wirkt wirklich ein wenig…fad. Da kann man die Kritik schon verstehen. Schade, das war nichts. Nichts für mich jedenfalls. Hör ich mir lieber auf Platte an. Das Publikum ist noch da, wird jedoch auch immer weniger. Sonntag sei dank. Mann hört in Gesprächen ein ähnliches Fazit. Mal schauen wie sich das Ganze noch entwickelt.
Obscura
Die technische Death Metal Institution Obscura brauche ich den wenigsten vorzustellen. Die Herren um Mastermind Steffen Kummerer zeigen ihr Handwerk seit 2002 immer wieder in der Schweiz. Und bisher war das jedes Mal ein Erlebnis der besonderen Art. Umso mehr freue ich mich die Jungs aus Landshut im KIFF bestaunen zu können.
Mit ihrem neuen Album «Deluvium» haben sie bereits letztes Jahr eine gewaltige Duftnote hinterlassen. Auch Heute werden wir Zeuge einer wohldurchdachten Setlist, gespickt mit allem was das Tech Death Herz begehrt. Zu Beginn zieht Nebelschwaden durch den Saal, die Band beginnt mit «Emergent Evolution» und schon ist man im Sog der wirbelnden Gitarren gefangen. Rafael Trujillo zieht früh das Ohr auf sich. Was für eine wunderschöne Melodie. Meine Artnoir-Partnerin an der Kamera dreht sich erfreut um und zeigt mir ihre Gänsehaut. Was für ein Start. Es geht weiter mit Songs aus Zeiten von «Akroasis» und «Omnivium». Leider hat sich der Saal bereits merklich geleert, die immer noch Anwesenden zeigen aber mehr denn je vollen Einsatz. Die Band scheint sich wohl zu fühlen, witzelt und interagiert gekonnt mit dem Publikum. Als Huldigung an Tryptikon, Celtic Frost und Samael gibt es dann noch mit «An epiloge to infinity» den «doomigsten» Song, den man im Repertoire hat. Grossartig. Die Nebel schiessen im Minuten Takt in die Höhe. Das Kopfnicken ist ein Dauergast, die Gitarren surren und der Bass wirbelt durch die Luft. Von Anfang bis Schluss ein Genuss.
Nach einer Zugabe ist dann leider auch schon Schluss. Unter tosendem Applaus verbeugt sich die ganze Mannschaft und lässt sich gebührend feiern. Danke Obscura, das war stark. Und bis bald. Egal wo, egal wann. Ps: «Françoise» war auch nach langem Suchen nicht auffindbar.
Text: Gianluca Teofani
Bilder: Kathrin Hirzel