11. November 2018
X-TRA – Zürich
Bands: Nothing But Thieves / Deaf Havana
Wenn ein Konzert mit den unsterblichen Worten „wichtig ist, dass ich den Gitarristen im Blickfeld habe, der ist der herzigste“ beginnt, dann kann man sich entweder komplett fehl am Platz fühlen oder sich voll darauf einlassen. Wir machen letzteres. Klar, Nothing But Thieves zielen in erster Linie auf Mittzwanziger – also auf die Personen hinter uns, die diese Worte ausgesprochen haben; aber auch ältere Semester wie wir kommen dank klassischem Bluesrock auf ihre Kosten.
Nicht nur das: die opernhafte Stimme von Sänger Conor Mason ist ein weiteres Verkaufsargument. Der helle Wahnsinn, welche Töne Mason von sich geben kann. Dass Nothing But Thieves Muse auf Tour begleitet haben, überrascht nicht – die Ähnlichkeiten zur Stimme von Matt Bellamy und zum musikalischen Bombast von Muse sind nicht zu überhören. Dagegen wirkt der Support Deaf Havana etwas zu generisch. (Erste Vorband The Blackmordia haben wir leider verpasst.) Netter Pop-Rock, der nicht haften bleibt – wobei die Fans in der ersten Reihe sicher anderer Meinung sind.
Nothing But Thieves starten mit Schlagzeuggewitter und Stroboskop in „I Was Just A Kid“. Band und Publikum brauchen eine Weile, um sich zu finden, aber spätestens bei „Take This Lonely Heart“ sind wir im Einklang und es wird mitgesungen, herumgehüpft und – wie könnte es anders sein in der Schweiz – am Boden gerudert. „You guys are so much fun“, kommt das Fazit von der Bühne. Ja, das sind wir!
Nothing But Thieves stechen nicht nur stimmlich hervor, sie beherrschen auch die laut-leise Dynamik, die wir von The Pixies und Nirvana kennen – einfach innerhalb eines anderen Musikstils. Rock trifft auf Bluesrock trifft auf Pop, das scheint die Formel zu sein, und die funktioniert. Wenn auch der eine oder andere Song wie Füllmaterial klingt, so haben Nothing But Thieves in ihrer kurzen Karriere doch überdurchschnittlich viele eingängige Riffs komponiert.
Aus ihren beiden Alben „Nothing But Thieves“ (2015) und „Broken Machine“ (2017) fallen die Melodien und der Groove von „Wake Up Call“, „I’m Not Made By Design“ und „Live Like Animals“ besonders positiv auf. Ebenso „Broken Machine“ und das fantastisch bluesrockige „Number 13“ (Royal Blood lassen grüssen). Bei den balladesken Liedern „Soda“ und „Sorry“ brechen die jungen Frauen neben uns in Tränen aus; hach ja, genau so muss Musik sein.
Im Oktober haben Nothing But Thieves ihre EP „What Did You Think When You Made Me This Way?“ veröffentlicht, woraus die Band gleich drei der vier Songs spielt. „Forever and Ever More“ zum Beispiel, das eine galoppierende Energie ausstrahlt – wenn das die neue Richtung der Jungs anzeigt, dann sind sie auf gutem Weg.
Beim Abschlusssong „Amsterdam“ singt der ganze Saal den Refrain wie aus einer Seele mit. Die Musik hat wieder mal gesiegt, in dem sie sämtliche Differenzen aus dem Weg geräumt hat. Und übrigens ist der Gitarrist tatsächlich der herzigste von allen.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. I Was Just A Kid
2. Ban All The Music
3. Wake Up Call
4. Take This Lonely Heart
5. Soda
6. Broken Machine
7. I’m Not Made By Design
8. Live Like Animals
9. Number 13
10. You Know Me Too Well
11. Particles
12. If I Get High
13. Trip Switch
14. Forever And Ever More
15. Sorry
Zugabe:
16. Itch
17. Amsterdam
Text: Anna Wirz
Bilder: Miriam Ritler