Datum: 12. Juli 2012
Ort: Auditorium Stravinski – Montreux
Bands: Nightwish / 69 Chambers
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Es ist immer wieder eine Freude ans Montreux Jazz Festival zu pilgern, um Konzerte in speziellem Ambiente zu erleben und an der Promenade des Lac Léman zu flanieren. Wegen des dort vorherrschenden Urlaubsflairs, der prachtvollen Kulisse und den unterschiedlichsten Leuten kommt es einem immer vor, als befände man sich gar nicht in der Schweiz, sondern viel eher irgendwo an der Küste Frankreichs.
Am 12. Juli gaben sich Nightwish die Ehre und legten im Auditorium Stravinski eine super Show hin. Eröffnen durften diesen verheissungsvollen Abend 69 Chambers. Das Trio aus Zürich konnte zwar nicht allen Besuchern wirklich einheizen, doch aufgetaut dürften nach ihrem Auftritt wohl alle gewesen sein. Ihre Musik, ein Gemisch aus Rock und Metal, gefiel mir persönlich ziemlich gut, nur klang sie stellenweise ein bisschen schleppend, was bei einem Publikum, das sehnsüchtig auf Nightwish wartete, vielleicht nicht ganz so optimal war. Nichtsdestotrotz konnten sie, je länger sie spielten, nicht wenige Zuschauer für sich gewinnen. Vor allem Sängerin und Bassistin Nina Vetterli dürfte mit ihrem Outfit auch den einen oder anderen Herrn ins Schwitzen gebracht haben. In High Heels wie auch einem schicken Mini-Kleidchen und Strümpfen im Bondage-Style wusste sie, wie man sich sexy präsentiert. Sie stellte überhaupt den Mittelpunkt der Band dar, da Gitarrist Tommy Vetterli, ihr Mann, sich eher zurückhielt und Dummer Diego Rapacchietti mit seiner Rumpelkiste sowieso im Hintergrund war.
Nach einer halbstündigen Umbaupause und nachdem der Saal immer voller wurde, war es dann soweit. Es erklangen die ersten Töne von «Taikatalvi» und zu sehen war ein riesiger Vorhang, zusammengesetzt aus weissen Stofffetzen. Darauf erkannte man Marcos Schatten, der dahinter auf einem Schaukelstuhl sass. Nach diesem sanften Intro ging es dann voller Power mit dem Song «Storytime» weiter. Begleitet von einem wilden Lichtspiel wehte ein Windschwall von hinten den grossen Lumpenvorhang in Richtung der Besucher. Als er dann inmitten des Liedes fiel und fünf gut gelaunte Musiker zum Vorschein kamen, ging ein Aufschrei durch die Menge. Des Weiteren folgten hauptsächlich Stücke ihrer beiden neusten Alben, jedoch auch die drei Songs «Wish I Had An Angel», «Planet Hell» und «Nemo» vom «Once»-Album, «Come Cover Me» und das Cover «Over The Hills And Far Away» von Gary Moor, der zwei Jahre zuvor auf derselben Bühne stand. Bei letztgenanntem Lied und drei weiteren hatten Nightwish dann jeweils Unterstützung vom sympathischen Troy Donockley.
Als Bühnendeko diente zum einen das Imaginaerum-Artwork, zum anderen waren auch die Röhrendinger, in welche Tuomas‘ Keyboard eingebettet war, ein Hingucker. Diese erinnerten an Orgelpfeifen oder, wenn von blauen Scheinwerfern beleuchtet, an ein Korallenriff. Ob sie sich da vom Film «Pirates of the Caribbean» inspirieren liessen? Während mehrfach Rauchfontänen in die Höhe schossen, Tuomas auf seiner «Koralleninsel» in die Tasten schlug, seine Haarpracht durch die Luft schmiss und eine ganze Weinflasche leerte, Marco Anette gesanglich unterstütze, das Publikum animierte und manchmal Grimassen zog, Emppu wie immer lebhaft von der einen zur anderen Seite flitzte und Jukka sich hinter dem Schlagzeug verausgabte, bezauberte Anette mit ihrem Gesang, tänzelte geschmeidig über die Bühne und plauderte zwischendurch immer wieder mit den Besuchern – auch auf Französisch. Dank des sehr kleinen Grabens schüttelte sie während des Auftritts auch des Öfteren die Hände der teilweise ungehemmt weinenden Fans in der ersten Reihe, was diese natürlich besonders entzückte.
Bevor sich Nightwish zum Outro «Imaginaerum» verneigten, bedankten und verabschiedeten, gab es als Abschluss das passende Stück «Last Ride Of The Day», bei welchem es gelbe und weisse Konfetti herunterregnete. Insgesamt ein wirklich schönes Konzert, das zwar professionell, aber nicht ganz so routiniert wirkte, wie solche in der Vergangenheit. Vielleicht lag das auch einfach an der familiären, «Montreux Jazz Festival»-typischen Stimmung dort. Jedenfalls wird man Nightwish wahrscheinlich sehr lange nicht mehr in so einem intimen Rahmen erleben können. Kurz gesagt: wer dabei war, war dabei. 😉 Das einzige, was es zu bemängeln gab, war die kurze Spielzeit, die nur eine Viertelstunde länger dauerte, als die von 69 Chambers. Die 75 Minuten gingen ruckzuck vorüber und als am Ende noch alle auf eine Zugabe warteten, es aber keine mehr gab, waren viele dann ein wenig irritiert oder sogar enttäuscht. Aber naja, in der Kürze liegt die Würze. Oder so.
Setlist 69 Chambers:
Intro: And Then There Was Silence
01. The Peep Hole
02. Anhedonia
03. Naughty Naughty Naughty
04. Burn Some Gasoline
05. The Day Of The Locust
06. Bloodaxe
07. Bring On The Flood
08. Temple Down
09. Cause And Effect
10. Elegy
Setlist Nightwish:
Intro: Taikatalvi
01. Storytime
02. Wish I Had An Angel
03. Amaranth
04. Scaretale
05. Slow, Love, Slow
06. I Want My Tears Back [mit Troy Donockley]
07. Come Cover Me [mit Troy Donockley]
08. Last Of The Wilds [mit Troy Donockley]
09. Planet Hell
10. Nemo
11. Over The Hills And Far Away (+ Mug Of Brown Ale) [mit Troy Donockley]
12. Song Of Myself
13. Last Ride Of The Day
Outro: Imaginaerum
Text und Bilder: Jasmin Stierli