Datum: 13. – 14. Juli 2013
Ort: Loreley Amphitheater – St. Goarshausen (D)
Headliner: Steven Wilson / Opeth
Bilder vom
SAMSTAG 13. Juli 2013
SONNTAG 14. Juli 2013
Das Night of the Prog-Festival ging letztes Wochenende in die 8. Ausgabe. Fast ausnahmslos spielten dort Bands, die noch nie im Rahmen dieses kleinen, aber feinen Open-Airs aufgetreten sind (mit einer Ausnahme, The Pineapple Thief, die im Jahre 2008 schon einmal die Amphitheater-Bühne beehrt hatten).
Eingebettet in eine wunderschöne Naturlandschaft hat diese besondere Location seltenheitswert und wurde sogar als UNESCO Weltkulturerbe gekürt. Fast ebenso spannend war die Spannweite der Festivalbesucher – von klassischen Metalheads bis zu Althippies in Kniesocken und Lennon-Brillen war dort fast alles vertreten. Nach Angaben des Veranstalters fanden sich am Samstag 2‘700, am Sonntag 2‘300 Besucher auf der Freilichtbühne Loreley ein.
SAMSTAG
Die grosse Ehre dieses Festival zu eröffnen hatte die englische Neo-Prog-Band Sanguine Hum an diesem sonnigen Tag.
Gleich im Anschluss und nach einer längeren Umbaupause war Sound Of Contact auf der Bühne – Ihr neues Album, „Dimensionaut“, wurde im Vorfeld ziemlich gehyped – live vermochten die Mannen rund um Simon Collins die Menge nicht ganz in ihren Bann zu ziehen. Gespielt wurden ein paar Stücke aus ihrem Debut-Album ‚Dimensionaut‘ wie zum Beispiel „Pale Blue Dot“, „Not Coming Down“ und „Möbius Slip“. Beim Opener „Cosmic Distance Ladder“ war Collins dann auch eigenhändig an den Drums.
The Pineapple Thief legten mit „Give It Back“ vom Album „All The Wars“ einen fulminanten Start hin. Der charismatische Bruce Soord zog die Menge in seinen Bann – allgemein wussten die „Diebe“ sehr zu überzeugen.
Setlist – The Pineapple Thief:
1. Give lt Back
2. Last Man Standing
3. Shoot First
4. Show A Little Love
5. All The Wars
6. My Debt To You
7. Snowdrops
8. Wake Up The Dead
9. 3000 Days
10. Build A World
11. Reaching Out
12. Nothing At Best
[Quelle: setlist.fm]
Crippled Black Phoenix legten ein solides Set hin, ihre Endzeitballaden mit schmachtenden Gitarren gepaart mit der tollen Stimme von John E. Vistic waren schlichtweg eine Wucht.
Setlist – Crippled Black Phoenix:
1. Jonestown Martin
2. Troublemaker
3. Fantastic Justice
4. The Heart Of Every Country
5. Laying Traps
6. Born In A Hurricane
7. Release The Clowns
8. The Brain / Poznan
9. Of A Lifetime (Journey Cover)
10. We Forgotten Who We Are
11. 444
12. Rise Up And Fight
13. Partisan/Bella Ciao
14. Burnt Reynolds
[Quelle: setlist.fm]
Eine ganz besondere Darbietung lieferten die Franzosen von Magma. Anfangs musste man sich an den sehr speziellen und aufwendigen Soundteppich gewöhnen. 1969 gegründet gab sich die Band voll und ganz dem Zeuhl hin (Gemäss Schlagzeuger Christian Vander in der Kunstsprache Kobaianïsch soviel bedeutet wie „Musik der allumfassenden Macht“). Die schrille und extravagante Mischung von mehrstimmigen Intonationen aus den Stimmen von Christian Vander, Stella Vander, Issabelle Feuillebois und Hervé Aknin verschmelzen mit der vertrackten Rhythmik der Percussion zu Songkompositionen die Mal näher am Jazz und Funk sind, mal näher am Soundtrack eines Horrorfilms. Auf alle Fälle waren Magma eines nicht: langweilig und durchschnittlich.
Dann war es endlich soweit, die Bühne wurde für Steven Wilson und Band vorbereitet – ein Teppich, mit Gaffa-Tape befestigt darf natürlich auch nicht fehlen, da Wilson gerne mit nackten Füssen auf der Bühne agiert. Im Hintergrund erscheint bereits das Mond-Standbild, der Platz vor der Bühne wird schon ziemlich knapp. Eröffnet wird das Set mit „Luminol“, der fulminante Auftakt eines perfekt abgemischten Konzerts auf einem hohen spielerischen Niveau der Live-Musiker rund um den ‚Dirigenten‘ Wilson. Mit „Drive Home“ wurde es dann eher gemütlich und ruhig aber nicht minder interessant – das Gitarrensolo von Guthrie Govan jagt einem Schauer der Entzückung über den Rücken.
Zum Besten gegeben wurden auch ein paar ältere Songs: „Deform To Form A Star“ aus dem Album „Grace For Drowning“ aus dem Jahre 2011 und „Insurgentes“ ab seinem ersten Solo-Album von anno 2008. „Harmony Korine“ ist gemäss Wilson dem gleichnamigen Regisseur vom Film „Spring Breakers“ gewidmet. Wilson fragt in die Menge: „Do You Like Long Songs? You’re Such A Prog-Crowd!“ Er bittet dann das Publikum beim nächsten Song während den stillen Passagen ruhig zu bleiben. Los geht’s mit „Raider II“, zu beginn sehr unheimlich und mystisch, tiefe Klaviertöne erschüttern die altehrwürdige Location – er spannt uns alle auf die Folter bis der Song so richtig losgeht. Ein perfekter Auftritt, alles auf den Punkt genau gespielt – wir hatten nichts anderes erwartet. 🙂
Setlist – Steven Wilson:
1. Luminol
2. Drive Home
3. Postcard
4. The Holy Drinker
5. Deform To Form A Star
6. The Watchmaker
7. Index
8. Insurgentes
9. Harmony Korine
10. Raider II
11. The Raven That Refused To Sing
12. Encore: Radioactive Toy (Porcupine Tree Song)
[Quelle: setlist.fm]
SONNTAG
Anima Mundi aus Cuba eröffnen den Sonntag mit ihrem Symphonic Prog-Rock um das bereits anwesende Publikum sanft zu wecken. Weiter geht’s dann gleich mit Maybeshewill aus England – gespielt wird tiefgründiger, solider Post-Rock der überzeugt.
Die schwedische Progressive Rock-Formation Änglagård betritt als nächstes die Bühne – mit ihrer speziellen Instrumentalisierung die stark vom Prog Rock der 70er Jahre geprägt ist entsteht ein ganz interessantes Klangfeuerwerk. Es werden zum Teil Hammondorgel, Mellotron, Rickenbacker-Bass benutzt die das Retro-Feeling noch verstärken.
Die lange erwarteten Amplifier beehren nun die illustre Bühne mit ihrer Anwesenheit und dem typischen Gemisch aus verzerrten Gitarren- und Basssounds. Zum Besten geben die Briten die Songs „Wave“ und „Interstellar“ vom Album Octopus und „The Wheel“ aus Echo Street.
Danach wurde es ziemlich kultig, die etwas in die Jahre gekommenen Briten Caravan legten ein beeindruckendes Set hin. Im Jahre 1968 wurde die Band in der Urformation gegründet und wurde in den Anfangszeiten dem ‚Canterbury Sound‘ zugeordnet. Wie zum Beispiel die Band Soft Machine, die ihrem Ursprung ebenfalls in Canterbury hatte. Vom Stil her ein Gemisch aus Art-, Avantgarde- und Progressive Rock.
Im Anschluss folgte ein anfänglicher Kulturschock, es war Zeit für das Devin Townsend Project – bereits während den Umbauarbeiten wurde eine geheimnissvolle Pappfigur auf die Bühne getragen. Gemäss Townsend ist der Gitarrist Dave Young aus familiären Gründen verhindert, er werde die Gitarrenparts an seiner Stelle spielen.
Ganz zu beginn teilt er sich noch mit: „Es werden viele von euch nicht mögen, was wir machen. Geht doch anstelle die tolle Aussicht bewundern.“ Und er warnt danach noch die ‚Kids‘, sie mögen bitte nicht wie er werden. Er startet gleich mit „Truth“ und bewegt sich wie ein Raubtier auf der Bühne. Er ist extrem charismatisch und humorvoll und holt drei junge Mannen aus dem Publikum zu sich. Sie stehen alle mit nacktem Oberkörper mit den Buchstaben „D“, „T“, „P“ verziert fein säuberlich aufgereiht auf der Bühne.
Mal gibt er dem grimmig schauenden Security ein Küsschen auf die Backe – Langeweile hat hier keinen Platz – Auch ältere Stücke finden Platz, wie zum Beispiel „Deadhead“, ein Devin Townsend Band-Cover sozusagen. Zwischendurch noch einen selbstironischen Spruch wie: “ We’re Canadian, we’re passive-aggressive!“ Das Devin Townsend Project rüttelt die etwas verschlafene Prog Rock Gemeinde auf und bereitet sie auf den Headliner des Abends, Opeth, vor.
Setlist – Devin Townend:
1.Truth (Devin Townsend Song)
2. By Your Command (Devin Townsend Song)
3. Deadhead (The Devin Townsend Band Cover)
4. War (Devin Townsend Song)
5. Planet Of The Apes
6. Supercrush!
7. Kingdom (Devin Townsend Song)
8. Juular
9. More!
10. Grace
11. Bad Devil
[Quelle: setlist.fm]
Nach der obligaten Umbaupause wurde es geheimnisvoll – der schwarz-rote Hintergrund, sonst alles in Schwarz gehalten war die Spannung gross. Mikael Åkerfeldt von Opeth betritt die Bühne in einem Magma-Shirt und begrüsst das anwesende Publikum. Zuerst wird etwas Neueres gespielt, „The Devil Orchard“ passt hier super ins Bild. Er entschuldigt sich dann dass sie nicht die älteren, härteren Stücke spielen sondern im Rahmen dieses progressiven Festival die feineren Töne anspielen – um dann mit „Ghost Of Perdition“ die Menge zu überraschen – die Überraschung ist gross, hatte man doch nicht damit gerechnet. Es geht im selben Tenor weiter, zeitweise folgen doch noch die leiseren Töne wie zum Beispiel „Hope Leaves“ und „Häxprocess“ um sich dann wieder mit den lauteren Tönen wie „Deliverance“ zu widmen um dann in „Atonement“ schon fast in die progressive World-Music einzutauchen.
Setlist – Opeth:
1. The Devil’s Orchard
2. Ghost Of Perdition
3. White Cluster
4. Hope Leaves
5. Atonement
6. Deliverance
7. Heir Apparent
8. Häxprocess
9. Demon Of The Fall (Acoustic)
10. The Lines In My Hand
11. Encore: Blackwater Park
[Quelle: setlist.fm]
Insgesamt ein sehr ausgewogenes, zum Teil auch gewagtes Line-up das zu überzeugen wusste. Die Location ist auch total idyllisch gelegen, ich würde es als „Geheimtipp“ empfehlen für übersättigte Grossstadtmenschen die die Ruhe in der wunderschönen Gegend suchen und den Anspruch der progressiven Musik schätzen.
Text: Nathalie Senn
Bilder: Kathrin Hirzel