Datum: 18. + 19. Juli 2014
Ort: Freilichtbühne Loreley
St. Goarshausen (D)
Website: Night Of The Prog
Konzert-Bilder:
Freitag
Samstag
Zum neunten Mal öffnete die Freilichtbühne Loreley ihre Pforten für die Prog-Gemeinschaft, die auch dieses Jahr aus allen Teilen Europas angereist war. Im Gegensatz zum letztjährigen NOTP, als Opeth und Devin Townsend dem Publikum gehörig einheizten, waren diesmal eher Vertreter des gemässigten Genres am Start.
Wer noch nie am Night Of The Prog Festival sein konnte, sollte sich den nächsten Termin unbedingt im Kalender vormerken. Vier Stunden Autofahrt und man findet sich an einer traumhaften Location wieder, mitten in einer der bekanntesten Weinregionen Deutschlands, in einer von Burgen und Schlössern umrahmten Gegend am Rhein, die nicht nur landschaftlich etwas zu bieten hat. Zwei Tage Prog-Rock (mehrheitlich) und zwei Tage über 35 Grad – was für ein Festival-Glück!
Gran Turismo Veloce
Freitags-Opener und offizieller Festival Starter waren die Italiener Gran Turismo Veloce. Gemeinschaftlich in roten Overalls gekleidet, bestachen sie vorerst mal durch Originalität, zumindest was ihre Kleidung anbelangte. Weniger originell, ja fast voraussehbar, war die Gratulation zum WM-Titel der deutschen Mannschaft. Lustigerweise war der Applaus sehr zurückhaltend, was darauf deutete, dass es den Zuhörern wohl mehrheitlich egal war. Musikalisch hatten die Italiener aber einiges zu bieten.
Der Sänger wäre zwar absolut der Richtige gewesen, um in einer Italo-Herzensbrecher-Band der perfekte Frontmann zu sein, schliesslich singen GTV vor allem in ihrer Muttersprache. Für eine Prog-Band reichte der stimmliche Umfang jedoch nicht aus. Zu wenig aussagekräftig, zu unauffällig die Person. Eigentlich schade, denn Gran Turismo Veloce hatten durchaus Potenzial, was man zweifelsohne wahrnehmen konnte. Das kurze Set lag wohl auch daran, dass die Italiener erst ein Album veröffentlichten. Nun, sie arbeiten an einem zweiten Album und suchen mit einem wirklich lustigen Video nach Finanzierungsmöglichkeiten.
Traumhaus
Gewissermassen ein Heimspiel hatte die deutsche Band „Traumhaus“. Mit ihrem mittlerweile vierten Album schaffen es die Deutschen immer mehr sich einen Namen zu machen und bestachen nebst musikalischer Güte vor allem durch ihre deutschen Texte. Gewöhnungsbedürftig ist es zwar schon, aber mindert es die Qualität in keiner Art und Weise. Sicher, im internationalen Wettbewerb wird es immer ein wenig schwierig, wenn man in der Muttersprache singt, aber Traumhaus haben ihren eigenen Stil und langfristig wird sich die Band hoffentlich durchsetzen können.
Als grosser Pluspunkt darf die charakteristische Art zu Singen von Alexander Weyland bezeichnet werden. Auch wenn ihm nicht die Bestnote vergeben werden kann, so könnte sein Singstil besser nicht passen. Über den Einsatz der Backgroundsängerin kann man sich allerdings streiten. Visuell war sie sicher ein Leckerbissen – Gesanglich eine Bereicherung, aber mehr auch nicht. Schwachpunkt war leider der Gitarrist, der wohl einen ganz schlechten Tag erwischt hatte. Irgendwie kam er einfach nicht in die Gänge oder war mit der Situation schlichtweg überfordert. Alles in allem gelang Traumhaus ein eindrucksvoller, wenn auch nicht fulminanter Auftritt.
Collage
Mit Collage war auch ein Vertreter aus Polen am Start. Collage wurde 1984 gegründet und hat bis zur Auflösung 2003, fünf Alben veröffentlicht. Seit der Neugründung 2013 tourten sie mit neuem Sänger vorzugsweise in Polen. Für die Zuhörer, die der polnischen Sprache nicht mächtig waren (also so ziemlich fast alle) war es ein wenig befremdlich guten Progressive-Rock in Polnisch anzuhören. Einerseits sicher eine positive Sache und auch eine Frage der Identifikation, wenn eine Band in der Muttersprache singt, anderseits kann es dabei auch ein wenig seltsam klingen (vor allem wenn es polnisch ist). Mehrheitlich wurde jedoch in Englischer Sprache gesungen und so darf man das Polnische als erfrischende Einlage betrachten. Musikalisch gesehen, darf man Collage durchaus gute Noten geben. Die Songs hatten viel Druck und waren abwechslungsreich. Bald kann man auf einen neuen Release der Polen hoffen und man darf gespannt sein, was die Ost-Progger abliefern.
Long Distance Calling
Viel gepriesen, viel gerühmt, viel beschrieben. Long Distance Calling wurden schon mehrfach hochgelobt und dürfen sich einer wachsenden Anzahl an Fans erfreuen. Dies sicherlich zu Recht, denn die sympathische Deutschen wissen sich live gut in Szene zu setzen. Und so wundert es nicht, dass sie trotz verhältnismässig unspektakulärem Sets einen Grossteil des Publikums auf ihre Seite ziehen konnten. Unspektakulär deshalb, weil sich die Songstrukturen sehr ähnelten und sich sehr viele Elemente wiederholten. Die Gefahr, ins Langweilige abzudriften war latent vorhanden.
Eine Instrumental-Band sollte, in Ermangelung eines Sängers mit dessen Stimme und Texten, vor allem durch spielerische Höhepunkte brillieren. Auch wenn Long Distance Calling eine weitgehend tadellose Leistung erbrachten (der grosse Applaus gab ihnen Recht), so fehlten genau diese Peaks. Stattdessen setzte man auf bewährte Sounds und klassische Song-Muster des Post-Rocks. Schlagt mich, verflucht mich und ich weiss, ich nehme den Zorn aller LDC Fans auf mich, aber: Long Distance Calling wären aus meiner Sicht an einem anderen Festival besser aufgehoben gewesen. Aber eben, darüber kann man sich streiten.
IQ
Mit der Veröffentlichung ihres neuesten Albums „Road of Bones“, haben IQ zweifelsohne Bewiesen, dass auch nach 35 Jahren bestehen, immer noch mit Ihnen zu rechnen ist. Mit dem zu Recht verdienten Status der Band sind auch Erwartungen geknüpft, vor allem wenn man ein solch hörenswertes Album abliefert. Die IQ-Show fing verhältnismässig unspektakulär an. Kein Bombast, kein besonderes Intro und leider auch hier, keine Ankündigung der Band seitens des Veranstalters.
Bei einem Line-Check dient der erste Song dazu, um die Pegel aneinander anzugleichen. Dumm nur, wenn der Mischer den Anfangssong nicht kennt und den Einsatz des Sängers verschläft, so dass man IQs Frontmann zwar singen und sehen konnte, aber eben nicht hörte. Als der Mischer den Fehler korrigiert hatte, musste man feststellen, dass was mit den Vocals ohnehin nicht stimmte. Sänger Peter Nicholls vermochte leider nicht zu überzeugen. Tatsächlich liess sich feststellen, dass er wohl mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Seine Stimme war schwach und er kämpfte sichtlich auch mit der eigenen Motivation, um als Frontmann das Publikum anzuheizen.
Drums und Gitarre waren nicht optimal abgemischt und die Keyboards, ein zentraler Teil des orchestralen Soundgebildes von IQ, waren zu sehr im Hintergrund. Dies hatte zur Folge, dass der IQ-typische Sound nicht in dem Masse präsentiert wurde wie erhofft. Alles in allem dennoch eine passable Leistung, auch wenn nach oben noch viel Luft war.
Transatlantic
Dass ausgerechnet bei einer solch hochkarätigen Konstellation wie Transatlantic technische Problem entstanden, ist sehr bedauerlich. Wie schon bei anderen Bands, schien in Puncto Monitoring der Wurm drin zu sein. Es dauerte fast 45 Minuten, um die technischen Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Mister Portnoy war entsprechend angepisst und man konnte es ihm nicht verübeln, denn ein Drummer dieses Niveaus will natürlich nur die besten Voraussetzungen. Allerdings sollte gerade ein erfahrener Musiker wie Mike Portnoy mit solchen Gegebenheiten umgehen können.
Der Mischer hatte jedenfalls mit dem Eröffnungssong „Into The Blue“ fast 30 Minuten Zeit, um den idealen Mix hinzukriegen. Nach etlichem Geplänkel von Portnoy und auch seitens Bassisten Trewavas, bekam man die Lage ganz gut unter Kontrolle und das Konzert lief in der zu erwartenden Qualität ab. Transatlantic wird in der Presse gerne als Supergroup bezeichnet. Dies zu Recht, denn die Protagonisten rund um Berufs-Missionar und Sänger/Keyboarder Neal Morse spielten auch auf der Loreley auf einem wirklich hohen Niveau.
Ted Leonard zeigte wieder einmal, dass er ein unglaublich vielseitiger und wertvoller Musiker ist. Auch wenn vor allem die weibliche Besucher-Fraktion am liebsten Daniel Gildenlöw als fünften Mann gesehen hätte, so darf mit gutem Gewissen gesagt sein, dass Leonard mehr als nur eine Bereicherung für Transatlantic war. Im Gegensatz zu anderen, Jahre zurückliegenden Konzerten, bekam der Additional-Musician eine weitaus grössere Bedeutung. Auch wurden die gesanglichen Aktivitäten auf alle Musiker ausgeweitet und selbst Über-Drummer Mike Portnoy konnte zeigen, dass er als Vocalist eigentlich gar nicht so übel ist.
Transatlantic – das definitive Highlight von NOTP! Das war ein wirklich hohes musikalisches Level, das zuerst einmal erreicht werden muss.
Synaesthesia
Die erste Band eines Festival-Tages, in diesem Falle Tag zwei, hat es wohl am schwersten, denn die Zuhörer trudeln so nach und nach auf die Venue ein und als Opener bleibt wohl immer der Beigeschmack als Vorband hängen.
So ging es auch den Briten Synaesthesia, die leider vor weitgehend schwach belegten Rängen spielen durften. Keyboarder und Sänger Adam Warne gilt als besonders talentierter Musiker und hat mit seinen jungen Jahren schon einiges an Aufmerksamkeit erlangen können. Die verhältnismässig junge Band, sie wurde offiziell 2012 gegründet, konnte erst mit einem Album aufwarten. Dementsprechend eingeschränkt war die Songauswahl. Dennoch oder besser gesagt trotzdem, lieferte die Band eine eindrückliche Show ab.
A Liquid Landscape
Hoppla, was war das dann? Eine unscheinbare Band, eher zurückhaltend, kein Glanz und Glamour. Deren Musiker kamen fast schüchtern auf die Bühne und drückten überraschend ziemlich ab. Auch sie konnten es nicht lassen, den anwesenden Deutschen (es waren Standort-bedingt viele zugegen) zum gewonnenen WM-Titel zu gratulieren. Nun, die Begeisterung für den sportlichen Erfolg hielt sich abermals in Grenzen und bewies somit, dass die Liebe zur Musik definitiv Oberhand hatte.
Rückblickend darf gesagt werden, dass A Liquid Landscape durchaus eine beachtliche Leistung erbrachte und die in verhältnismässig grosser Anzahl anwesenden Holländer, unterstützen ihre Landsleute lautstark, aber auch ohne niederländischer Unterstützung gelang A Liquid Landscape ein einen tollen und beachtenswerten Auftritt.
Inzwischen füllte sich langsam die Arena und in den Zwischengängen drängte sich Camping-Stuhl an Camping-Stuhl. Übrigens eine absolut luxuriöse Variante des Konzertbesuchs. Sich bequem sitzend von der Sonne braten lassen, Hektoliter weise Gerstensaft trinken und dabei das Geschehen auf der Bühne zu bestaunen ist halt wesentlich angenehmer als auf den steinernen Sitzplätzen zu verweilen. Trotz Sitzkissen muss man sagen, dass einem irgendwann einmal der Allerwerteste schmerzt. Alle Bequemlichkeit in Ehren, aber was den Herrn links von mir oder die nicht minder korpulente Dame rechts antrieb, ein Buch hervorzuholen und darin zu lesen, ist mir gänzlich unbekannt.
Dream The Electric Sleep
Irgendwie passten die US-Amerikaner nicht so in das Set von NOTP. Nicht dass sie schlecht waren. Nein, das sicherlich nicht, aber sie vermochten die Massen nicht so zu begeistern, wie sie es gerne getan hätten, oder sie es sich gewohnt sind.
Einmal mehr liess sich nicht eindeutig feststellen, wann der Line-Check zu Ende ist und das Konzert anfängt. Irgendwie waren die Grenzen fliessend, was definitiv nicht gut für die Band war, denn plötzlich ging es ab auf der Bühne und man wusste nicht so recht, ob das Konzert los geht oder nicht. Immerhin spielten die Amis gleich einen Song, der auch auf dem letzten Eclipsed Sampler zu finden ist. So hatten sie schon zu Anfang gute Karten. Leider hielt sich das Blatt nicht bis zu Konzertende und der eher lustlose Auftritt war zwar ganz passabel doch dementsprechend mässig war auch die Reaktion des Publikums. Vornehmlich zurückhaltend und dennoch voller Respekt für die Band auf der Bühne – Ein solch wohlwollendes und auch faires Publikum wünscht sich wohl jeder Musiker!
Clepsydra
Nach über zehn Jahren musikalischer Abstinenz, rauften sich die Mitglieder von Clepsydra wieder zusammen und Flugs hatten sie schon einen Gig am NOTP-Festival. Als Schweizer freut man sich natürlich besonders, dass es Landsleute schaffen an einem renommierten Festival auftreten zu können.
Man merkt es der Band an, dass sie sehr lange pausiert haben, denn es holperte zeitweilig ziemlich. Besonders Schlagzeuger Pietro Duca schien ziemlich verkrampft zu sein. Vielleicht lag es daran, dass er auf demselben Drum-Set wie von DTES spielen musste und sich dadurch nicht ganz wohl fühlte. Allerdings erklärt das nicht die Timing Schwierigkeiten, die zeitweilig schon ein wenig auffällig waren.
Unschwer war zu erkennen, wer Haupt-Beeinflusser der Schweizer waren. Die Gitarren Solis erinnerten sehr stark an Marillion vergangener Tage und auch die Keyboard-Sound klangen sehr nach „Sricpt For A Jester‘s Tear“. Sogar der Gesangs-Stil von Sänger Aluisio Maggini ähnelte sehr dem eines Fish, während seiner Zeit bei Marillion. Bei allem Respekt für meine Landsleute … Schwachpunkt war definitiv der Gesang. Das nicht ganz akzentfreie Englisch wäre ja noch gegangen, aber die gesangliche Leistung entsprach nicht der musikalischen. Schade, denn das Set von Clepsydra war durchaus interessant und auch wenn die eine oder andere Passage in die Hosen ging, so war es ein gelungener Auftritt der Schweizer.
Der Blick nach links und rechts bestätigte wieder die Befürchtung, dass die zwei Literatur-Begeisterten nach wie vor lasen. Nebenbei bemerkt: Die Autoren Frank Schätzing und Jonas Jonasson sind es sicher wert, sich zu Gemüte zu führen, aber während eines Prog-Festivals?
Big Elve (Bigelf)
Nein, Bigelf waren nicht zugegen. Kurzfristig abgesagt, Damon Fox schien unter starken Schwindel-Anfällen zu leiden, blieben sie der Veranstaltung fern. Stattdessen wurde auf die Schnelle Brian Cummins engagiert, der sich als Alleinunterhalter auf der Prog-Bühne präsentierte und sich als Big Elve vorstellte. So manch einer war enttäuscht, Bigelf nicht live sehen zu können, schliesslich haben sie mit ihrem Album „Into The Maelstrom“ viel Aufmerksamkeit erlangen können. Einen adäquaten Ersatz zu finden, zudem in dieser kurzen Zeit, war kein einfaches Unterfangen für den Veranstalter. Mit Brain Cummins hatten die Organisatoren eine durchaus passable Lösung gefunden. Erstaunlich wie sehr sich seine Stimme der von Peter Gabriel ähnelt und ebenso erstaunlich war die Tatsache, dass er mit einfachsten Mitteln, das Publikum zu begeistern vermochte.
Was machen eigentlich meine zwei „Freunde“ in meiner Nähe? Sie lesen immer noch! Ich kenne den Bestseller von Jonasson, aber spannender als die nächste Band ist das Buch niemals! Also kommt Freunde, Buch zu und Augen und Ohren auf für Anathema.
Anathema
Die Briten standen als nächstes auf dem Programm. Nach dem Gig im Komplex im Juli 2011 hielt sich meine Begeisterung eher in Grenzen. Zu seicht, zu harmlos zu wenig aussagekräftig kamen mir Anathema vor. Diese Attribute trafen keinesfalls für den Gig auf der Loreley zu. Hier passte einfach alles! Zeitweilen ein wenig zu laut, war der Sound dennoch gut abgemischt und die Spielfreude der Band übertrug sich augenblicklich auf das Publikum.
Die Info von Gitarrist Cavanagh, dass seine einjährige Tochter am Bühnenrand zuschaue war insofern lustig, da er in gleichem Atemzug den nächsten Song „A Natural Desaster“ ankündigte und ihn seiner Tochter widmete. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …
Anathema haben eindrucksvoll bewiesen dass sie durchaus das Potenzial zum Headliner eines solchen Festivals haben. Die Reaktionen des Publikums hatten dies eindeutig bestätigt und eine sichtlich zufriedene Band verliess nach viel zu kurzer Zeit die Bühne um dem Top Act Platz zu machen.
Ich wage es kaum, aber schnell ein erneuter Kontroll-Blick zu Leser 1 und 2 liessen mich erstaunen. Ja, sie lasen immer noch. Mittlerweile ist das belustigende Belächeln einem verständnislosem Kopfschütteln gewichen. Die werden doch wohl nicht beim Headliner von NOTP weiterlesen? Mit der untergehenden Sonne machte sich endlich nicht nur eine angenehme Kühle bemerkbar sondern mit einem Mal war auch zu wenig Licht da um zu lesen …
Marillion
Inzwischen waren die Plätze an der Freilichtbühne Loreley gut gefüllt und der eigentliche Hauptact des Festivals betrat die Bühne. Wohl bei keiner anderen Band wird mehr über den neuen Sänger diskutiert, als bei Marillion. Obwohl der „neue“ Sänger mittlerweile schon 25 Jahre Mitglied der Neo-Prog-Götter ist, wird immer noch über den Abgang von Fish gejammert. Meines Erachtens absolut unberechtigt, denn mit Steve Hogarth haben Marillion einen wirklich guten Frontmann gefunden. Leicht theatralisch war sein Auftritt schon, aber er kam seiner Rolle sehr gut nach und bezog das Publikum schon früh in die Show ein.
Wer zum Geier ist eigentlich auf die Idee gekommen, die Bassdrum von Marillion so abzumischen, dass sie der einer Metal Band gerecht wird? Der Sound von Marillion ist definitiv kein Metal und die Bassdrum dennoch so abzustimmen, erscheint mir als sehr fragwürdig. Dennoch war der Sound ausgesprochen gut und Marillion bewiesen eindeutig, dass sie selbst nach 35 Jahren im Business immer noch ein Top-Act sind.
Marillion hat ein unglaublich grosses Repertoire an guten und vor allem emotionalen Stücken. Fünfzehn Songs, davon vier aus der Fish-Ära machten den Gig zwar zu einem eher Pop-lastigen Auftritt, aber dennoch zu einem würdigen Headliner des Night Of The Prog Festivals. „Kayleigh“ war obligatorisch und so manch einer hätte sich „Incommunicado“ gewünscht, doch auch mit dem gezeigten Set, waren die Fans mehr als nur zufrieden. Schön, dass eine Band nach so langer Bühnenpräsenz immer noch zu begeistern vermag und man wünscht sich, dass da noch viele Jahre kommen werden.
Fazit: Wenn auch nicht übermässig besucht, so darf mit gutem Gewissen gesagt sein, dass das neunte NOTP Festival auf der Loreley ein voller Erfolg war. Mit grosser Freude konnte man erkennen, dass anspruchsvolle Musik eine dennoch grosse Zuhörerschaft hat. Komplimente darf man auch dem Veranstalter aussprechen. Keine Wartezeiten bei den Bierquellen und auch keine bei den Klos sind nicht zu unterschätzen.
Wie man inoffiziell erfahren konnte, so haben für das Jubiläums-Jahr 2015 bereits schon einige hochkarätige Bands zugesagt. Und schenkt man den Gerüchten Glauben, so wird es wohl das ultimative Prog-Festival, das neben klassischem Prog-Rock auch dem Prog-Metal gebührenden Freiraum lässt. In diesem Sinne – wie war das mit dem Early Bird nochmals?
Text: Daniel Baratte
Bilder: Kathrin Hirzel