6. Dezember 2018
Musigburg – Aarburg
Bands: Naglfar / Schammasch / Anomalie
Tatort Musigburg, Aarburg.
Der Wind zieht über die Aare den Wegen entlang bis auch der Vorplatz der Musigburg davon verzehrt wird. Immerhin hat der Dauerregen mal eine Pause eingelegt. Die Kälte spürt man heute nicht nur draussen, sondern auch in der Musigburg selber. Diese wird aber durch Feuer und Hitze mehrheitlich verdrängt. Bei Einlass stehen bereits ein paar schwarzgekleidete Gestalten vor dem Eingang und erhoffen sich baldige Erlösung durch das Öffnen der Pforten. Der Eingangsbereich mit Bar ist auf allen Seiten mit Kunst bedeckt. Es gibt massig Merchandise, aber auch viele Bilder, Gemälde und Skulpturen zu sehen und zu kaufen. Vor dem Konzert eine gute Abwechslung für interessierte Liebhaber hochwertiger Künste.
Anomalie
Die erste Band ist zugleich der Geheimtipp des Abends. Die Österreicher um Frontmann und Mastermind „Marrok“ gastieren fast genau ein Jahr nach ihrem letzten Schweizer Abenteuer erneut in der Region. Damals war die Anzahl Besucher sehr überschaubar, die Performance ein wenig verspannt. Nicht so heute: Die Band ist in der kurzen Zeit enorm gewachsen. An Intensität, Qualität und Feuer.
Das Spektakel beginnt mit viel Rauch, meditativen Klängen und Sprechgesang. Spannung wird aufgebaut, der Nebel dichter und das Wummern dröhnender. Mit „Rebirth“ zeigen Anomalie auch gleich den ersten Track der neuen EP „Integra“. Das ist atmosphärischer Black Metal der höchsten Kategorie. Auf der neuen EP behandelt „Marrok“ vor allem das eigene Leben eines jeden Individuums und seine Auseinandersetzungen mit den eigenen Ängsten und Unzulänglichkeiten. Unterstrichen wird das ganze mit viel melodiösem Black Metal, Gekeife und den bereits genannten Samples. Manchmal zeigt sich auch eine Prise Black’n’Roll. Das anfänglich hüftsteife Publikum erwärmt sich mehr und mehr. Optisch mit viel Liebe zum Detail, schmettern die Jungs einen Kracher nach dem Anderen der Menge entgegen.
Das Publikum applaudiert frenetisch und zeigt sich mehrheitlich beeindruckt. Leider sind die Lichtverhältnisse sehr schlecht, sodass der Gitarrist auf der rechten Seite in der Düsternis kaum in Erscheinung treten kann. Wenig Licht und viel Nebel ist ja gut und recht, aber so? Des Fotografen graus, des Besuchers Schmaus?! Ich weiss ja nicht. Nach viel zu wenig Spielzeit stimmt die Band den letzten Song an und macht sich danach die die Treppe hinauf wieder von dannen. Danke Anomalie, das war stark! Gerne wieder.
Schammasch
Das Basler Quintett ist mittlerweile den meisten Szenekennern ein Begriff. Das merkt man auch an der gestiegenen Anzahl an Menschen, welche sich vor der Stage versammelt haben. Schammasch, das ist etwas das sich kaum kategorisieren lässt. Ich nenne es einfach Energie pur. Die Band saugt die Anwesenden richtiggehend ein. Es ist von Anfang bis zum Schluss eine Reise durch eine verzerrt und doch anmutige Welt des Metals. Als letztes Konzert in der Schweiz unter der „Triangle“-Reihe nochmals etwas spezieller.
Die Vocals sind punktgenau, genauso wie die Instrumentalfraktion. Einzig der Bass hat am Anfang einen Durchhänger. Welcher Natur er auch gewesen sein möge, er verschwindet nach wenigen Minuten. Visuell wie immer ein Hingucker. Die Aufmachung von Sänger und Gitarrist C.S.R. zieht mich jedes Mal erneut in seinen Bann. Die Reise geht durch Wüsten, Steppen, Wälder, Schluchten, Gebirge und Meere. Ein Genuss für jeden Liebhaber der komplexeren Art der Musik.
Als Sahnehäubchen darf ich mich sogar auf der Treppe platzieren und das Geschehen von Oben bewundern. Danke dafür an Olivia, das war eine hervorragende Idee! Doch Schreck lass nach, es ist auch schon wieder vorbei. Sichtlich beeindruckt bewegt sich die Meute langsam nach draussen um sich ein neues Gerstensäftchen oder Ähnliches zu holen.
Naglfar
Die Schweden von Naglfar sind seit 1993 fest in der Black Metal Szene verankert. Deshalb werden sie auch vom Publikum euphorisch empfangen. Ganz ehrlich, eigentlich „not my cup of tea“. Aber die Jungs um Frontmann Kristoffer Olivius sind sowas von sympathisch, das macht einfach nur Freude zuzusehen. Der Sound ist trocken, Black Metal in Reinkultur mit kleineren Fehlgriffen. Das Headbang-Potenzial ist gewaltig, die Blastbeats omnipräsent. Seit langem nicht mehr so viele Haare in die Fresse gekriegt.
Den Anwesenden scheint‘s zu gefallen, die Hörner werden in den Himmel gestreckt und nach jedem Song gibt’s einen Schwall an Jubelrufen. Naglfar machen alles richtig an diesem Abend, ausser meinen Nerv zu treffen. Sei’s drum, das war eines Headliner würdig, Punkt. Einzig das Licht geht mir bei der Show wirklich auf den Sack. Durchgehend rot, kein Weiss dazwischen, nichts – über eine Stunde lang! Ob gewollt oder nicht, das macht in meinen Augen wirklich keine Falle. Schade. Dies ist aber nur eine Randnotiz für einen ziemlich gelungenen Abend.
Der Aussenbereich ist merklich geschrumpft, es wurden einige Kunstwerke gekauft. Tipp: Schaut euch bei Sunvemetal auf der FB Seite um, es lohnt sich! Gegen halb zwölf leert sich der Saal und auch an der Bar herrscht Aufbruchstimmung. Ich verabschiede mich von allen bekannten Gesichtern und stemme mich erneut den eisigen Winden entgegen.
Text: Gianluca Teofani